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Ruhr-Universität Bochum - Fakultät für Sportwissenschaft - Fachbereich Sportpädagogik /Sportdidaktik

 

 

Bewegungsfreudige Schule

 

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Gliederung:

1. Bewegte Schule- Bewegungsfeundige Schulen an ganz normalen Schulen

2. Die Umsetzung des Konzepts der „Bewegten Schule“ in den Sekundarstufen I/II

3. Bewegte Schule - Kooperation Schule / Verein

4. Schule und Körper im Wandel der Zeit

5. Anhang

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1. Bewegte Schule- Bewegungsfreudige Schulen an ganz normalen Schulen

Gliederung:

1. Begründung und Einleitung
2. Wieso ist Bewegung so wichtig?
3. Die Eintracht-Hauptschule in Schwerte
3.1.Daten der Schule
3.2.Vorstellung des Schulprogramms
3.3.Was leistet die EHS zum Thema Bewegte Schule?
3.4.Wie geht es weiter an der EHS?
4. Fazit
5. Literatur

1. Begründung und Einleitung

Wir haben im Seminar eine Menge über Bewegte Schule bzw. bewegungsfreudige Schulen gelernt. Was diese Begriffe bedeuten und wie sie in der Praxis umgesetzt werden. Es gibt nicht viele Schulen, in denen Bewegte Schule im Schulprogramm verankert ist. Vor allem im weiterführenden Bereich. Gerade dieser Teil ist jedoch für uns Studenten von großer Bedeutung. Schließlich ist das der Bereich, indem wir später tätig sein werden.
Auf der anderen Seite gibt es aber Schulen die sich Bewegungsfreudige Schule o. ä. nennen obwohl sie nichts anderes tun, als andere Schulen auch (Bundesjugend-spiele, Sport AG`s etc.). Mich interessierten deshalb die Schulen an denen dieser Begriff nicht auftaucht, es jedoch viele sportliche Aktivitäten gibt. Ich fand die Eintracht-Hauptschule in Schwerte. Hier läuft Bewegte Schule ab, ohne das es den Lehrern bewusst ist.

2. Wieso ist Bewegung so wichtig?

Immer mehr Kinder bewegen sich immer weniger!!
Dieser nachgewiesene Tatbestand führt an vielen Schulen dennoch nicht zu einer Ausweitung des Sportunterrichts, um den Schülern wenigstens ein Mindestmaß an Bewegung zu sichern. Gegenteiliges Handeln ist eher anzutreffen: Viele Schulen kürzen den Sportunterricht anstatt ihn zu erhöhen. Selbst wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse, die besagen, dass mehr lernen mit weniger Bewegung weniger bringt (WASMUND-BODENSTEDT 1982 und BÖS/OBST 1997), werden heute vielfach ignoriert. Auch viele Eltern beschweren sich nicht, wenn der Sportunterricht ausfällt, dafür um so mehr, wenn Deutsch oder Mathe gekürzt werden. ( Das soll nicht heißen, dass diese Fächer weniger wichtig sind)
Bewegungsreize sind aber für eine gesunde körperliche, seelische, soziale und geistige Entwicklung unverzichtbar. Kinder die nur eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten haben, verhalten sich auch häufig sozial „arm“ ( wenige oder keine Kontakte zu Gleichaltrigen). Kinder, die nicht körperlich und geistig herausgefordert werden, zeigen keine Anpassungserscheinungen, sind physisch und psychisch nicht belastbar, zeigen kaum nennenswerte Leistungen. Kinder die nicht sinnhaft und leibhaftig unsere Welt ertasten, greifen und fühlen, werden die Welt nicht be-greifen, da sie die notwendigen Prozesse nicht bewusst im Kopf verknüpfen und im Kopf verankern können.
Diese Bsp. zeigen die enorme Wichtigkeit, Unaustauschbarkeit und Unverzichtbarkeit der Bewegungs- und Körpererfahrungsprozesse mit ihren Folgen für die Gesamtentwicklung des jungen Menschen auf. Die Folgen eingeschränkter Bewegungs- und Körperprozesse sind , nicht nur in Schulen, deutlich sichtbar: - Zunahme von Haltungsschwächen und Muskelfunktionsstörungen - Übergewicht - Herz-Kreislaufprobleme und -schwächen - Verhaltensauffälligkeit - motorische Schwächen - und damit verbundnen Folgen wie Unruhe, Konzentrations-, Lern-, und Leistungsschwächen u. ä. Sieht man sich die durchschnittliche Bewegung eines Mittelstufenschülers an, wird deutlich, das Bewegung „Mangelware“ ist. Abb. modifiziert nach Tidow; Tätigkeit motorische Beanspruchung

1. Frühstück sitzen
2. Schulweg meist sitzen
3. Schulbesuch
3.1. Unterricht
3.2. Pause
3.3. zwei mal die Woche Sportunterricht sitzen, stehen (nicht selten; rauchen)12min Bewegungszeit
4. Heimweg meist sitzen
5.Essen, sitzen
6. spielen (Computer), Fernsehen,... meistens sitzend
7. Abendessen sitzen
8.Fernsehen sitzen
9. schlafen liegen

3.Die Eintracht Hauptschule in Schwerte

3.1. Daten der Schule/ Soziale Lage der Schule

Die Eintrachtschule ist eine multikulturelle Schule, an der zur Zeit 48 LehrerInnen ca. 580 Schüler unterrichten. Der Anteil der Kinder ohne deutschen Pass beträgt 25%. Hinzu kommen Kinder mit ausländischen Eltern bzw. Spätaussiedlern. Die LehrerInnen werden durch einen Sozialarbeiter unterstützt. Nach den Lehrern treten häufig folgende vier Probleme auf:

1. Schulmüdigkeit ( Schulverweigerung und Schulversagen, z.B. bläuen, plötzlicher Leistungsabfall durch Desinteresse, keine Hausaufgaben)

2. Mobbing (besonders unter Mädchen), Prügeleien SchülerInnen wollen cool sein

3. Erpressung/ Diebstahl/ „Abziehen“

4. Vandalismus ( Toiletten, Türen, Deckenverkleidung, Wände, Fassade)

Häufig leben die Schülerinnen in nicht intakten Familien/Elternhäusern, so dass die LehrerInnen und die Sozialarbeiter nicht nur mit den Erziehungsberechtigten, sondern auch mit außerschulischen Institutionen ( z.B. Sozialamt...) zusammen arbeiten muss. Meistens erweist sich die Zusammenarbeit mit den Eltern/ Großeltern etc. als schwierig. Viele zeigen kein Interesse.
An Elternsprechtagen oder auf Elternabenden sind immer nur die selben Leute zu finden. Oft stellt auch die deutsche Sprache eine Barriere für die Kommunikation dar.

3.2. Vorstellung des Schulprogramms

Die Schule hat sich vier Schwerpunkte gesetzt:

1. Schwerpunkt „Soziales Lernen“
Die Lebenswirklichkeit der SchülerInnen ist unter anderem bestimmt von aktuellen Themen wie Mobbing, Gewalt, Erpressung und Drogen. Daher haben sich die LehrerInnnen zum Ziel gemacht dieser Entwicklung entgegen zu wirken (ohne dabei den Anspruch zu erheben alle Probleme beheben zu können). Zu diesem Zweck sollen verbindliche Verhaltensregeln für das Zusammenleben in der Schule und die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen, verbunden mit der Entwicklung sozialer Kompetenzen für das spätere Leben, vermittelt werden.

2. Ganztagskonzept als sozial-pädagogische Ausweitung
Das Ganztagskonzept soll den oben beschriebenen Zielvorgaben entgegen kommen. Lehrerinnen und SchülerInnen erleben sich in Situationen außerhalb des normalen Schulunterrichts. Hier geht es nicht mehr nur ausschließlich um Leistung und Bewertung. Die Freizeit (Mittag/ Nachmittag) wird durch die Schule sinnvoll gestaltet/ begleitet. Die SchülerInnen hängen nicht einfach ab, sondern erfahren pädagogische Betreuung. Die SchülerInnen haben im Nachmittagsbereich die Möglichkeit selbst Dinge zu planen, zu gestalten und zu verantworten.

3. Schwerpunkt: Berufsvorbereitung
Ein weitere Schwerpunkt der Schule ist die Vorbereitung auf das spätere Berufsleben. Hier beginnt die Berufsorientierung bereits in der 7. Klasse mit Betriebserkundungen und setzt sich in den Jahrgangsstufen 8,9, und 10 mit Betriebspraktika fort. Begleitet wird diese - an Schulen selten nicht so ausgeprägte- Berufsvorbereitung durch die Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern.

4. Schwerpunkt: Öffnung nach außen, Kooperation mit außerschulischen Partnern
Außerschulische Partner bringen Sachkompetenz in die Schule und runden das Angebot ab. Sie öffnen den SchülerInnen den Blick von der Schule weg und bieten ihnen die Möglichkeit die außerschulische Realität auszuprobieren. Den Schülern wird ein erfahrungsorientierter Lernansatz geboten.

In diesen vier Schwerpunkten wird nicht einmal von Bewegter Schule oder Bewegung an der Schule gesprochen. Aber die ersten beiden Punkte bieten viele Möglichkeiten Sport/ Bewegung an die Schule zu bringen, was gerade von den SportlehrerInnen auch genutzt wird. Ob durch Sport im Unterricht oder Bewegungsspiele... in der Pause etc. die Schüler lernen ein soziales Miteinander. Auch im Bereich der Ganztagsschule findet die Bewegung ihre Bedeutung. Es gibt z.B. den ursprünglichen Lehrervolleyball, den seit zwei Jahren auch von älteren Schülern besucht werden kann. Freitag Nachmittags gibt es den freiwilligen Schulsport, der von SchülerInnen selbst organisiert wird. Diese SchülerInnen sind z.B. sind außerschulischen Partnern ausgebildet worden.

3.3. Was leistet die EHS zum Thema Bewegte Schule?

1. im Sportunterricht:
Der Sportunterricht ist der Mittelpunkt der schulischen Bewegungs- Spiel- und Sporterziehung. Die Schüler werden gezwungen Sport zu treiben. Dies hat seine Vor- und Nachteile. Den LehrerInnen ist klar, dass dies die einzige Möglichkeit ist, die Schüler zu erreichen. Nur hier ist ihnen die Chance gegeben, den Schülern Lust auf Sport zu vermitteln. Dies wird in dieser Schule durch einen „modernen“ Sportunterricht und durch die Möglichkeit zur Mitbestimmung erreicht. Die neuen Richtlinien geben der Schule die Möglichkeit neue Schwerpunkte zu setzen. Die Leistung steht nicht mehr im Vordergrund. Da sich die Schule in einem sozial kritischen Umfeld befindet, stehen hier andere Dinge an oberster Stelle: durch Sport das Miteinander stärken Stärkung des Selbstbewusstseins Sport als Gewaltprävention zum Sporttreiben anregen Neben den „modernisierten“ Sportarten wie Turnen, Schwimmen, Basketball etc. gibt es den Bereich der neueren Sportarten. So hat die Schule ( mit Unterstützung des Fördervereins) 30 Langhanteln angeschafft, an denen unter fachlicher Anleitung Kraftausdauer trainiert wird, Auch Therra-Bänder für das schonende Krafttraining sind vorhanden. Weiter geht jede 10. Klasse in ihrem Sportunterricht für zwei Monate ins Fitness-Studio. Hier werden die Schüler von Trainern in die Welt des Fitness eingeführt. Neben dem üblichen Gerätetraining geht es noch in den Fitnessraum. Hier werden die Trendsportarten ( Stepp/ Aerobic etc. aber auch Kampfsportarten wie Taibo/ Tecwando etc.) vorgestellt. Aber auch in der Schule kann Fitness „gemacht“ werden. Dafür hat der Förderverein 30 Steppbretter besorgt. Die Lehrer gehen aber auch einfach nur mal in den nahe gelegenen Wald joggen. Die bei den Schülern oft unbeliebte Sportart des Gerätturnens ist z.B. völlig neu gestaltet: So bauen die Schüler sich selber Bewegungsparcours auf, an denen sie dann weitgehend frei entscheiden dürfen wie sie sich bewegen. Die Aufgabe des Lehrers besteht nicht so sehr darin den Schülern bestimmte Figuren an den Geräten zu vermitteln. Er lenkt die Schüler bloß in eine bestimmte Richtung. Seine Aufgabe liegt eher darin für die Sicherheit zu sorgen, sowie Tipps und Tricks zu geben.

2. Wahlpflichtfächer:
Die Schüler haben in jedem Jahrgang die Möglichkeit für ihr Wahlpflichtfach eine Sportart zu belegen. Im fünften und sechsten Jahrgang können sie sogar zwischen vier verschieden Sportarten auswählen. ( Badminton, Fußball, Schwimmen, Tennis) Leider wird dieses Angebot nicht über alle Jahre so großzügig gehalten und leider haben die SchülerInnen selbst keinen Einfluss auf die Sportart. D. h. sie können sich keine anderen aussuchen, als die die für den Jahrgang angegeben werden.

3.Bewegungsfreudige Pausengestaltung:
Der Schulhof der Hauptschule ist nicht ein einfacher Betonplatz, sondern bietet mit seinen Nischen, Stufen, Treppen, Steinen, einem kleinen Wildstück viel Raum für kreatives Spielen. Außerdem haben die Kinder viele verschiedene Hüpfspiele auf den Boden gemalt. Des weiteren sind die Außensportanlagen geöffnet. Hier können die Schüler beispielsweise Fußball oder Basketball spielen Weiter gibt es noch Tischtennisplatten, Kickerspielplatten, Pedalos, Springseilchen... Ab Sommer 2003 hat die Schule auch eigene SchulsporthelferInnen die Pausensport in der Turnhalle organisieren( dazu später mehr).

4. Außerunterrichtlicher Sport:
Gerade der außerunterrichtlicher Sport bereichert das Schulleben in vielfältiger Weise. Er bildet die Brücke zwischen den Sportunterricht und dem außerschulischen Sport. Die verschiedensten Angebotsformen erschließen den Schülern Bewegungsmöglichkeiten über den Sportunterricht hinaus.

· Eintägige Schulausflüge :
- Skifahren
- Rodeln
- Schlittschuhlaufen
- Klettern an Kletterwänden
- Radtouren
- Kanufahrten

· Mehrtägige Schulfahrten mit sportlichem Schwerpunkt:
- Alpinski und Snowboarden
- Segeltörns
- Radfahrten
- Sportcamps

· Selbstverteidigungskurs für Mädchen

· Schulinterne sportliche Jahrgangsstufenwettbewerbe in jährlichen Wechsel:
-z.B. Badminton, Volleyball etc..

· BJS

· Schulfeste mit sportlichem Schwerpunkt:
-Fußballturnier, Juxolympiade...

· Freiwilliger Schulsport:
-jeden Freitag Nachmittag können die Schüler aller Klassen zum freiwilligen Schulsport kommen. Hier wird dann gemeinsam besprochen welche Sportart am heutigen Tag stattfinden soll.

· Sport in Projektwochen:
- Sport als Gewaltprävention
- Sport für sozialen Miteinander
- Sport in anderen Kulturen
- Sport im Mittelalter

5. Bewegung im Unterricht:

Bewegung im Unterricht, erweist sich als problematisch. Viele Lehrer sagen, dass wenn sie etwas Bewegung zu lassen ( wie z.B. den Müll raus bringen) es sehr schnell unruhig wird. Auch das haben die wenigen Lehrer die „Bewegung“ zu lassen in der Anfangsphase festgestellt. Es gibt auch Klassen in denen so eine Art der Bewegung einfach nicht funktioniert. Dort müssen andere Möglichkeiten geschaffen werden.
Es folgen nun Bsp. der Lehrer die Bewegung zulassen:
Bsp. „Bewegte“ Schülerbeiträge fördern. SchülerInnen sollen Gedichte oder Texte vorne vor der Klasse vortragen. Das erweist sich am Anfang als sehr schwer.
Zunächst wollen viele SchülerInnen nicht vor der Klasse reden des weiteren werden sie nicht selten ausgelacht. Eine Lehrerin hat das Problem gelöst indem sie den „ schlimmsten“ Schüler als erstes vortragen ließ. So bekam er einen Dämpfer und die anderen waren motivierter. Ihm machte es wohl was aus ausgelacht zu werden, doch tat ihm das eher gut. Die Lehrerin erklärte, dass das unheimlich gemein sei. Da jeder Fehler machen könne und auch müsse...
Das Reden vor der Klasse fördert nicht nur die Bewegung während der Stunden, sondern auch das Selbstbewusstsein, das Reden vor der Gruppe, die Klassengemeinschaft...
-Bsp. Lehrertätigkeit übertragen,

-z.B. Sachen verteilen (Arbeitsblätter)
-z.B. Materialbedienung ( TV, Video etc.)
-z.B. Tafel putzen oder beschreiben
-z.B. gegenseitiges „ran nehmen“
-Bsp. Gruppenarbeit

Einmal von einer Klasse gelernt, ist es nahezu in jeder Klasse eine gute Arbeitsmethode. Jedoch ist die Phase bis eine Klasse bzw. eine Gruppe wirklich ans effektive Arbeiten kommt unterschiedlich lang. Der Lehrer muss

1. mehr Zeit für ein Thema einplanen und darf

2. nicht denken, dass Gruppenarbeit für ihn weniger Arbeit bedeutet.

Lehrer die effektiven Gruppenunterricht mit ihrer Klasse durchführen sagen, dass es sogar einer größeren Vorbereitungszeit bedarf als „normaler“ Frontalunterricht. Im Gegenzug beklagen sich Schüler häufig wenn sie hören, dass sie in Gruppen arbeiten sollen. Das ist vor allem der Fall, wenn Lehrer diese Art des Unterrichts für sich als Pause sehen.
Funktioniert Gruppenarbeit bietet er neben der Bewegung eine Menge weiterer Vorteile:

- Schüler können gleichzeitig am Unterrichtsprozess teilnehmen, vor allem auch stillere.
- Die Schüler müssen nicht ruhig und leise sein. Sie können sich frei bewegen.
-Stärkung des Gruppengefühls
- Stärkung des Selbstwertgefühls
- Lehrer kann Schüler genauer und in anderen Rollen beobachten
- Die Schüler sind darauf angewiesen sich untereinander zu verständigen

Bsp. Rollenspiele: Rollenspiele bieten eine gute Vorbereitung auf das Alleine vor der Klasse stehen. Auch hier wird- vor allem bei der Präsentation- viel gelacht. Doch hat das lange nicht den gleichen Effekt, wie wenn ein einzelner Schüler vor der Klasse steht. Es wird über die ganze Gruppe gelacht. So das diese meist mit lacht. Das hat viele Nebeneffekte: Zunächst wird natürlich die Steifheit des sonst oft üblichen Frontalunterrichts gelockert. Die Schüler können sich weitgehend frei bewegen und vor allem auch ausdrücken. Neben dem lernenden Effekt des „learning by doing“ lernen sie sich über ihren Körper- ihre Gesten, ihre Sprache etc.- auszudrücken. Weiter üben die Schüler- ähnlich wie bei der Gruppenarbeit- vor einer Gruppe zu reden, sich einzuordnen, das Miteinander... Und vor allem macht es den Schülern eine Menge Spaß!!

Bsp. Mathe auf dem Schulhof. Eine Lehrerin ging mit ihrer 7. Klasse auf den Schulhof und rechnete an praktischen Beispielen den Flächeninhalt, Umfang... von Gegenständen aus: „Wie viel Sand muss in die neue Sprunggrube?“ / „Wie viel Steinplatten werden dort benötigt?“...

Bsp. Vokabelsuche im Schulgebäude: Der Lehrer schickte fünfer Gruppen durchs Schulgebäude. Sie sollten typische Wörter finden, die es ein einer Schule so gibt. Anschließend sollten sie diese mit dem Lexikon übersetzen und sie dann der restlichen Klasse auf Englisch erklären. Da diese zum Teil die gleichen Vokabeln hatten funktionierte das super.

Bsp. Sitzhaltungen zulassen: „ Schüler bewegen sich (nun mal)!!“ Diese Ansicht hat zwar jeder. Doch viele nervt das verständlicherweise. Es gibt jedoch für Schüler nichts schlimmeres als sich 45 min nicht bewegen zu dürfen. Eine Lehrerin erlaubt ihren Kindern daher zu kippeln. Sie hat aber auch klar und deutlich erklärt, das sie ( die Schüler) nicht davon ausgehen dürfen, dass sie das bei anderen Lehrern auch dürften.

Bsp. Progressive Muskelentspannung: Diese Lehrerin macht mit ihrer 5. Klasse in den Übungsstunden immer Entspannungsübungen. Die Schüler spannen zunächst ihren ganzen Körper an. Bei Stopp lösen sie die Anspannung dann völlig. Demnächst wollte sie es auch mal mit Massage versuchen. Sie denkt jedoch, das die Kinder im Moment noch nicht so weit seien und dies eher lächerlich finden würden. Sie sagt, dass dies das größte Problem sei. Nicht, dass die Schüler es wirklich albern finden. Sie denken viel mehr, dass sie sich vor ihren Mitschülern blamieren wenn sie diese Art der Entspannung zulassen.

6. Kooperation zwischen Schule und Verein

SchulsporthelferInnen- Ausbildung im Schulsport bzw. ÜbungsleiterhelferInnen-Ausbildung für den Vereinssport . Hier leistete die Schule Pioniersarbeit. In Zusammenarbeit mit dem Kreissportbund wurden an der Schule 22 Jugendliche zu SchulsporthelferInnen ausgebildet. Mit dieser Qualifikation können sie sowohl im Schulsport als auch im Vereinssport HelferInnen von Übungsleitern sein.
Für die SchülerInnen - neben den Zielen die etwa Lehrer etc. damit verbinden- eine Möglichkeit sich ihr Taschengeld aufzubessern. Die SchülerInnen wurden z. B. qualifiziert, im Schulsport bei der Planung und Durchführung außerunterrichtlicher Angebote mitzuwirken. Sie haben damit die Möglichkeit die Leitung von freiwilligen Schulsportgemeinschaften zu übernehmen. Außerdem helfen sie bei der Realisierung von Pausensport-Angeboten sowie bei der Vorbereitung und Durchführung schulsportlicher Wettkämpfe mit.
Als übergeordnete Ziele geben die LehrerInnen an, dass zum Einen die Selbstständigkeit und Mitverantwortung von SchülerInnen gestärkt werden soll und zum Anderen der Schulsport gefördert werden soll.

Wie sah die Ausbildung aus?
Die Ausbildung umfasst 35 Unterrichtseinheiten und wurde in einer dreitägigen Kompaktmaßnahme in einer Landessportschule und sieben doppelstündigen Veranstaltungen an der Schule durchgeführt.

Im theoretischen Teil wurde den SchülerInnen vor allem etwas zur Sicherheit im (Schul)sport beigebracht. Es ging demnach um die Vermeidung von Sportverletzungen, Aufwärmen, Belastungs- und Leistungsfähigkeit im Kindes- und Jugendalter, sowie Verhalten bei Sportverletzungen (Erste Hilfe).
In der Sportpraxis lernten die Schüler Inhalte aus dem Breiten- und Wettkampfsport kennen und diese für die eigene Tätigkeit aufzubereiten. Dazu gehörten abgewandte große Sportspiele, Bewegung mit Musik, Spiele Im Wasser, Spielfest, Bewegungstheater, Tanz, Erlebnissport, Akrobatik und mehr. Die Ausbildung hat sich dabei stark an den Interessen der Jugendlichen orientiert. Die Jugendlichen lernten in ihrer Ausbildung Stunden zu planen, sie mit einer Gruppe durchzuführen und anschließend zu reflektieren. Kurz vor Ende der Ausbildung mussten sie die Schüler dann gegenseitig mit sich Sport machen. (Etwa so, wie wir in der Uni Lehrversuche durchführen) Um diese zu erreichen wurden zu Stunden die die Ausbilder absolvierten gemeinsam konkrete Fragestellungen und Problemlösungen entwickelt, sowie die Stunden auf ihre Nutzbarkeit überprüft. So sensibilisierten sich die SchülerInnen auf wichtige Elemente von Sportstunden und lernten daraus für ihre später durchzuführenden eigenen Stunden.

3.4. Wie geht es weiter an der EHS?

Mit Hilfe der SporthelferInnen wird im Schuljahr 2003/2004 der außerunterrichtlicher Sport weiter ausgebaut. Die SporthelferInnen wollen im Mittagspausenbereich sportliche Angebote wie Tischtennis, Fußball, Stepp-Aerobic, Streetball... organisieren. Im Ag Bereich soll das Angebot durch den Einsatz der SporthelferInnen erweitert werden. Klassenfahrten und Wandertage mit sportlichem Schwerpunkt können von Sporthelferinnen begleitet werden. So werden weniger Lehrer benötigt.

Initiiert durch meine Recherche und meine Arbeit überlegt die Sportfachkonferenz zusammen mit der Schulleitung, der Lehrer- und Schulkonferenz den Aspekt der Bewegten Schule ins Schulprogramm aufzunehmen.

4. Fazit:

Als es darum ging mir ein Thema für die Hausarbeit zu suchen, wollte ich zunächst mal eine „Bewegte Schule“ in näherer Umgebung finden. Ich setzte mich ans Internet und freute mich schon riesig darauf bald in einer so tollen Schule zu sitzen und mir alles anzuschauen. Da wir im Kurs schon an einer Grundschule waren und da ich später in der Sek I u. II unterrichten werde, hatte ich mir zum Ziel gesetzt nun eine weiterführende Schule zu finden. Als ich bei www.google.de „Bewegte Schule“ eingab, wurde ich fast erschlagen von Schulen die sich diese Bezeichnung angenommen hatten. Bei meiner Suche fand ich immer mehr Schulen, die sich irgendwie in die Richtung bezeichneten.
Ich fand bloß selten eine gute Begründung/ einen guten Grund dafür. Hier wurden Dinge aufgezählt, die in jeder oder zumindest in den meisten anderen Schulen auch ablaufen. Z.B. Sport AG´s, BJS...

Das sind alles Aktivitäten die wichtig sind, aber die machen meiner Meinung nach noch nicht die Begriffe Bewegte Schule oder Bewegungsfreundliche Schule aus. Es ist natürlich immer eine Auslegungssache. Leider fand ich keine „richtige“ Bewegte Schule so wie ich es mir nach unserem Seminar vorgestellt hatte. Daher überlegte ich mir eine Schule zu suchen, an der möglicherweise Teile der Bewegten Schule...ablaufen, ohne das es den LehrerInnen wirklich bewusst ist. Glücklicherweise ist meine Mutter selbst Sportlehrerin und dazu noch eine sehr Engagierte. Ich beschloss mich bei ihr an der Schule umzuschauen. Und wie man merkt hatte ich noch mehr Glück. Ich denke die EHS ist auf dem besten Wege zur Bewegten Schule. Sie hat ein überdurchschnittliches Sportangebot, gerade was den außerunterrichtlichen Sport angeht. Auch in einigen Klassen findet mehr Bewegung statt. Ich denke jedoch, dass die EHS nicht zu einer so Bewegten Schule wird, wie wir es im Seminar kennen gelernt haben.

Diese Extrem umzusetzen ist sehr schwer. Das geht nur, wenn wirklich das ganze Kollegium, Schulleitung etc. hinter dieser Idee steht und wenn auf ihr der Schwerpunkt liegt. Die EHS hat auch andere- meiner Meinung nach- sehr sinnvolle Schwerpunkte. So viel Bewegung wie dort momentan abläuft, vor allem jetzt mit den SporthelferInnen ist ein gutes Maß und verdient im Vergleich mit anderen Schulen im Internet auf jeden Fall den Zusatz „Bewegte Schule“ / „Bewegungsfreudige Schule“.

5. Literatur: - info@gesundheitsoase-kamen.de
- www.ggs-marinberghausen.de
- www.hs-eichen.de
- www.michael-ende-schule.de
- www.rjge.de
- www.wir-im-sport.de
- GUV 57.1.51 bewegungsfreudige Schule Band I: Grundlagen 1997 Herausgeber. Bundesverband der Unfallkassen

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Die Umsetzung des Konzepts der „Bewegten Schule“ in den Sekundarstufen I/II

Gliederung:

1. EINLEITUNG
2. SCHULE ALS BEWEGUNGSRAUM
3. UMGESTALTUNG DES KLASSENRAUMES
3.1 Möbel
3.2 Materialien und ihre Nutzung im Unterricht
3.3 Materialien und ihre Nutzung außerhalb des Unterrichts
4. ENTSPANNUNG
5. AUSSAGEN DER RICHTLINIEN
6. UMFRAGE
7. DISKUSSION
8. LITERATUR

9. ANLAGEN

1. Einleitung:

In der heutigen Zeit ist Bewegung wichtiger denn je. Unsere Gesellschaft unterdrückt natürliche Bewegungen des Körpers und macht ihn zum Objekt. Der Mensch sitzt stundenlang am Schreibtisch und vor dem Computer ohne jegliche Art von körperlicher Bewegung auszuführen. Dabei ist die Bewegung äußerst wichtig für das körperliche und geistige Wohlbefinden des Menschen.

Schon in der Schule findet eine Erziehung zu Körperbeherrschung statt, die Kinder sollen ruhig an ihren Tischen sitzen, aufzeigen wenn sie was sagen wollen und zu bestimmten Zeiten den Klassenraum verlassen. Zudem wird die Tatsache übersehen das sich die Schüler nur für eine begrenzte Zeit konzentrieren können:

5 – 7 jährigen ca. 15 Minuten
7 – 10 jährigen, ca. 20 Minuten
10 – 12 jährigen,. ca. 25 Minuten
12 – 15 jährigen ca. 30 Minuten
16 -18 jährige ca. 40 Minuten

Um diesen Werten gerecht zu werden, müssen Schulstunden umstrukturiert werden, mit Hilfe von Bewegung und Entspannung. Das Konzept der Bewegten Schule wird in immer mehr Schulen ein wichtiger Punkt des Schulprogramms. Die Schule als Institution die jedes Kind durchläuft soll schon frühzeitig auf den richtigen Umgang mit dem Körper hinweisen und die Bewegung in unserer bewegungsarmen Gesellschaft als wichtigen Bestandteil des Lebens verankern. Die Schule bekommt somit die zusätzliche Funktion als Bewegungsraum zu fungieren. Dieser Bewegungsraum kann in den verschiedenen Schulräumen geschaffen werden, während schulischer, oder außerschulischer Aktivitäten.

2. Schule als Bewegungsraum:

Das Konzept der Bewegten Schule, das bis jetzt hauptsächlich Anklang in dem Primarstufenbereich gefunden hat, wird von uns in die Sekundarstufen I bzw. Sekundarstufen II überführt. Damit wenden wir uns direkt unserer späteren Zielgruppe als Sportleherinnen zu. Den Schwerpunkt setzten wir auf die unterrichtlichen Aktivitäten, also wie man Bewegungen in den Unterricht bringt. Ausgeschlossen wird hierbei allerdings der Sportunterricht, da dieser die Bewegung generell aus Hauptbestandteil hat. Uns interessiert wie man die Bewegung in anderen Fächern fördern kann!
Mit Hilfe geeigneter Literatur und unseren Ideen, sollen Tipps/Anregungen für (nicht Sport-) Lehrer entstehen.

Um ein Konzept der Bewegungsfreudigen Schule für die Sekundarstufe I zu entwerfen und praktisch umzusetzen, ist es sinnvoll, sich am Baustein-Modell von LAGING/SCHILLACK zu orientieren. Die Autoren gliedern den Bewegungsraum Schule in drei grundlegende Bereiche, die in Abb. 1 dargestellt werden. (leider ist es an dieser Stelle und folgend nicht möglich, Abbildungen aufzuzeigen, da die Speicherkapazität der Homepage leider begrenzt ist. Bei Interesse können jedoch die Unterlagen über die angegebene eMail-Adresse abgerufen werden: info@kaihirsch.de)

Für unsere Konzeption beschränken wir uns auf die Ausführungen zum Bereich Aktivitäten” und den Baustein III “Bewegte Klassenräume” der Autoren. Abb. 1: Die Bausteine der bewegten Schule in drei unterschiedlichen Aktivitätsbereichen (Quelle: LAGING/SCHILLACK 2000, 143) In Bezug auf den Baustein III des Modells von LAGING/SCHILLACK „Bewegte Klassenräume“ reicht es nicht aus, die Einrichtung des Klassenraums zu verändern. Vielmehr geht es darum, die Einstellungen und Gewohnheiten bei Lehrern, Eltern und Schülern nachhaltig zu verändern. Die Kolleginnen und Kollegen müssen akzeptieren lernen, dass Bewegungsaktivitäten im Unterricht nicht als nachteilig betrachtet werden sollten, sondern wichtig und notwendig sind und daher angeregt und inszeniert werden müssen. Erst wenn das Verständnis bei Schülern und Lehrern dafür da ist, dass Bewegung auch in theoretischen Lernphasen notwendig ist, kann mit der Planung und Umgestaltung des Klassenraumes begonnen werden.
Mit Hilfe veränderter Rahmenbedingungen soll das Sitz- und Arbeitsverhalten der Schülerinnen und Schüler bewegter werden. Es geht darum, die Sitzposition zu variieren, Arbeitsmaterialen bewegungsaktiv zu beschaffen und Alternativen zum Sitzen (z.B. Gehen, Stehen, Liegen) im Unterricht anzubieten und anzuregen.
Im Baustein V “Bewegung im Unterricht” stellen LAGING/SCHILLACK noch weitergehende Möglichkeiten des sich Bewegens im Unterricht vor. Lehrerinnen und Lehrer sollen bewußt einen Wechsel zwischen Entlastung und Belastungsphasen zulassen und fördern.

Die Autoren schlagen vor, dass nicht nur das Sitzverhalten der Schülerinnen und Schüler aktiver und dynamischer werden soll, sondern der Stuhl zwischendurch sogar als Turngerät oder als Gerät für Konzentrations- und Entspannungsübungen eingesetzt werden sollte. Neben den bisher dargestellten bewegungsorientierten Veränderungen des Unterrichts sollen die Schüler im Unterricht Entspannung, Ruhe und Stille erleben. Zum Beispiel könnte die Lehrperson ruhige, langsame Bewegungsübungen, Phantasiereisen oder Autogenes-Training oder wahrnehmungslenkende Übungen in den Unterricht einbauen. Wichtig ist, dass bei allen bisher vorgeschlagenen Veränderungen die Kinder und Jugendlichen bewußt eigenverantwortlich mit einbezogen werden. Dies gilt nicht nur für die Planung der Klassenraumumgestaltung, sondern auch für die Organisation und Präsentation des bewegungsfreudigen Modells ihrer Schule. Folgende Aufgaben könnten hierbei speziell an die Schüler abgegeben werden: Herstellung und Beschaffung von Mobiliar, Kleingeräten und Materialen; Verantwortung für bestimmte Spielobjekte (z.B. Jongliermaterialien, Bälle).

3. Umgestaltung des Klassenraumes

Die Gestaltung des Klassenraumes ist von primärer Bedeutung. Er sollte den Schülern gefallen, d.h. dass der Raum zusammen mit ihnen gestaltet wird. Interessen und Neigungen der Schüler sollten Platz finden! Der Umbau des Klassenraumes sollte dahin gehen, dass “genügend große und wohnlich eingerichtete Schulzimmer” entstehen (vgl. LAGING/SCHILLACK 2000, 147).

3.1 Möbel:

„Sitzen wird heute als ein ständiges Ausbalancieren des Körperschwerpunktes auf einer Unterfläche verstanden“ (Laging 2000, S.147).
Dies widerspricht der ursprünglichen Auffassung, dass sitzen statisch ist. Doch wie kann man mit dem altbekannten Schulmobiliar eine Dynamik bzw. ein „ständiges Ausbalancieren“ erreichen?

· Vielseitige Arbeitsplätze mit unterschiedlichem Mobiliar, wie Stühlen mit und ohne Lehnen, Hocker, Stehpulte, Sitzbälle, Liegeplätze, Kniehocker, Sitzkissen und -keile
· Individuell auf die Körpergröße anpassbare Möbel
· Aufstellung des Mobiliars – offene Form, keiner ist ausgeschlossen

Abb:2. Beispiele des Lernens in verschiedenen Sitzpositionen „Das aktiv-dynamische Sitzen soll folgende positive Effekte mit sich bringen:

- Es regt die Wahrnehmung der kinästhetischen Sinnesempfindungen an.
- Es fördert die Bewusstwerdung und damit die Selbststeuerung des eigenen Sitzverhaltens.
- Es bietet ein natürliches Training der Rumpfmuskulatur.
- Es gewährleistet eine gesunde Wirbelsäule durch die Versorgung der Bandscheiben.
- Es unterstützt die Durchblutung und die Funktion der inneren Organe.
- Es vermindert die Druckbelastung auf die Gewebe.
- Es ermöglicht die Venenentlastung.
- Es provoziert entspannte Schultern.
- Es verhilft zum Abbau von inneren Spannungen und von Stress.
- Es aktiviert die geistigen Kräfte zum Lernen.
- Es verbessert das Konzentrationsvermögen.“ (Gamp/Illi 1995, aus: Schmidt-Millard)

3.2 Materialien und ihre Nutzung im Unterricht:

Einsatz von Materialien:

- Bälle/ Softbälle ® bei Wortmeldungen zuwerfen, um zu symbolisieren, dass der Schüler antworten darf / bei Diskussionen von Redner zu Redner werfen - Basketballkörbe – bzw. selbstgebaute Ersatzobjekte (Holzkiste, stabiler Karton)
- Dartspiel ® bei Gruppenarbeiten: Reihenfolge je nach Wurfzahl
- Seile /Hüpfen ® (alleine, partner- oder gruppenweise), Tauziehen
- Knete ( z.B. im Biologieunterricht die DNA, Pflanzen, Strukturen usw. kneten lassen)
- Pedalos ® Wettrennen zur Tafel, zur Tafel laufen)
- Reifen ® durch verschiedene Reifen zur Tafel hüpfen. In kleinen Bewegungspausen zwischendurch sich gegenseitig die Reifen zu rollen.
- Würfel ® bei mehreren Meldungen: wer die höchste Zahl hat darf die Aufgabe lösen
- Augenbinden ® Hörspiele, Geschichten oder Musik hören, die Schüler können sich gegenseitig die Augen verbinden, so wird das Zuhören intensiviert.
- Hüpfbälle ® zur Tafel hüpfen oder zum sitzen während des Unterrichtes
- Luftballon® für kleine Bewegungspausen zwischendurch: Luftballon aufblasen und einmal während des Hochhaltens durch die Klasse laufen.
- Dosen (Dosenwerfen) ® wenn deine Aufgabe richtig gelöst worden ist, darf man einmal auf die Dosen werfen
- Kartoffelsäcke (Sackhüpfen) ® zur Tafel hüpfen
- Kegel ® Schüler kegelt und je nachdem wie viele Kegel stehen bleiben, mit so viele Schülern darf in der nächsten Aufgabe zusammen arbeiten.
Tänze: - einfache Tanzschritte zwischendurch ausführen (hinter dem Stuhl)
- vor Beginn der Stunde einen Tanz einführen ( enthält Springen, Beine anziehen, sich strecken usw.)

3.3 Materialien und ihre Nutzung außerhalb des Unterrichts:

- Dezentrale Ablageflächen und Regale für Bücher und andere Arbeitsmaterialien
- Sofaecke – zum lesen, reden, entspannen, diskutieren
- Poster – schmücken den Raum, holt die Welt der Schüler in die Schule
- Plakate an der Wand – die Schüler selber gestalten können ( werden jede Woche gewechselt)
- Geschicklichkeitsspiele – der heiße Draht, Twister

4. Entspannung:

Sportliche Betätigung verringert die Stressbelastung und verbessert die Entspannungsfähigkeit. Sport kann als aktive Erholung dienen wenn eine Verlagerung von überwiegend psychischen auf physische Beanspruchung stattfindet. Die Auswirkung von Stress auf die Psyche ist nicht zu unterschätzen. Heute leiden viele Schüler unter Dauerstress, da der Wechsel zwischen An- und Entspannung nicht mehr ausreichend gesichert ist. Der Organismus und die Organsysteme sind darauf ausgelegt, sich mit der Umwelt im Rhythmus von Leistung und Erholung, sowie An- und Entspannung auseinander zu setzen. Nicht nur die Bewegung führt dazu, das die Konzentration wieder zunimmt. Entspannungsübungen verhelfen Konzentrationsstörungen und Unruhen in der Klasse entgegenzuwirken. Die Schüler lernen sich von Gedanken zu lösen und sich zu entspannen.

Dies ist jedoch ein Prozess der langsam eingeführt werden sollte, da Schüler oft Probleme haben sich darauf einzulassen. Die Schüler sind es in der heutigen schnelllebigen Gesellschaft nicht mehr gewöhnt in sich zu kehren und sich auf fremde Dinge einzulassen. Die Lehrperson sollte sich vorher gut überlegen, welche Entspannungsform für die Klasse geeignet ist und wie man diese sinnvoll einführt. Ein Tipp wäre vorher genau mit den Schüler zu klären was es für Übungen gibt, wie sie durchgeführt werden und was sie bringen, bevor man gemeinsam mit den Schüler eine Entspannungseinheit plant. Nach mehrmaliger Durchführung können auch einzelne Schüler mit der Planung einer Entspannungsübung vertraut werden.

- Autogenes Training: erfolgt mental über geistige Selbstbeeinflussung, Verspannungen durch Wärme- und Schwereempfindungen lösen
- Progressive Muskelrelaxation (PMR) Psychische Lösung und Beruhigung durch motorisch aktiv herbeigeführte An- und Entspannung in den wichtigsten Muskelgruppen
- Stilleübungen
- Phantasiereisen
- Yoga
- Tai-chi
- Stretching
- Kassettenrekorder/CD-Player (Entspannung bei Musik oder Geschichten)
- Hörspiele ® z.B. TKKG, Die drei Fragezeichen oder Der Herr der Ringe! Hörspiele sind wieder sehr beliebt und schulen das Zuhören.

Zusätzlich geht man mit der Entwicklung, da wie erwähnt, wieder sehr viele Jugendliche Hörspiele hören.

- Massagen ® nach einer anstrengenden Stunden darf man sich paarweise massieren.
Dies kann mit Hilfe genauer Anweisung der Lehrpersonen bzw. einzelner Schüler geschehen oder nach einem vorher mit den Schüler abgesprochenem Prinzip. Dies ist auch ein geeignetes Ritual nach besonders lehrerzentrierten Stunden!
Bei Entspannungsübungen ist auf ein tiefes Ein- und Ausatmen hinzuweisen, da dieses entspannungsunterstützend ist und die inneren Organe (Herz-Kreislauf-System, ZNS) positiv beeinflussen.
Ohne Entspannung kann es vermehrt zu Schlafstörungen, Verspannungen, Kopfschmerzen und weiteren Symptomen kommen, die verständlicher Weise nicht förderlich sind für den allgemeinen Unterrichtsverlauf. Als Beispiel kann Schlafmangel eine Reduktion der Leistungsfähigkeit und des Wohlbefindens bewirken. Ebenso lassen Reaktionsfähigkeit, Koordinations- und Konditionsvermögen nach. Gesundheitliche Folgen sind keine Seltenheit. Ein einfaches Beispiel soll darstellen, wie eine Entspannungsübung im Sitzen auf einem Stuhl im Klassenraum aussehen kann. „Beobachtung mit dem “inneren Auge“
Die Schülerinnen und Schüler sitzen auf ihren Stühlen, haben die Arme auf dem Tisch und legen den Kopf auf die Arme, schließen die Augen. - Richte deine Aufmerksamkeit bei geschlossenen Augen auf die Fenster in diesem Raum. Wie viele Fenster sind es? Ich nenne Zahlen (z.B. 1,2,3,4,5,6,.....), und du hebst leise deinen Arm, wenn du meinst, dass die Zahl mit der Anzahl der Fenster übereinstimmt. Jetzt öffne die Augen und registriere. (Es sind z.B. 4 Fentster.) -

Gleiche Ausgangssituation: Wie viele Lampen sind in diesem Raum? - Gleiche Ausgangssituation: Richte deine Aufmerksamkeit mit geschlossenen Augen auf den Menschen, der neben dir sitzt. - Nimm ihn wahr. Welche Haarfarbe hat er? Hat er eine Brille? Welche Farben haben Hemd, Pullover, T-Shirt,...? Welche Farbe haben Hose, Schuhe....? - Jetzt öffne die Augen, schau ihn an und registriere. Vergleiche die Realität mit deiner Vorstellung.“ (Sportunterricht ohne Grenzen, S.103) Das Vorstellungsvermögen und die Beobachtungsfähigkeit werden bei dieser Übung geweckt. Die Schüler lernen sich in etwas hineinzuversetzen.

Die dargestellten Anregungen sind beliebig kombinierbar. Unser Vorschlag ist es, immer wieder mal zwischendurch einige Dinge in den Unterrichtsverlauf einzubauen, um die Motivation und Aufnahmefähigkeit der Schüler zu erhöhen. In Zusammenarbeit mit den Schüler entstehen sicherlich noch weitere Ideen, um die Bewegung in die Schule zu einem festen Bestandteil zu machen und das nicht nur im Sportunterricht!

5. Aussagen der Richtlinien:

Die Bewegte Schule wird in den Richtlinien Sport unter dem Stichpunkt der „Angebotsformen des außerunterrichtlichen Schulsports“ erwähnt. Der außerunterrichtliche Schulsport bildet die zweite Säule des Schulsports neben dem unterrichtlichen Sport. Die Formen des außerunterrichtlichen Schulsports sind der Pausensport, Schulsportgemeinschaften, Schulsportfeste, Schulsport-wettkämpfe, Schulsporttage und Schulfahrten mit sportlichem Schwerpunkt. Die Umsetzung im Unterricht anderer Schulfächer hat zu Ziel, dass die „..Bewegung als entspannendes Element und selbstverständlicher Bestandteil des Lernens..“ angesehen wird.
Eine Umorganisation des Schulraums und der Schulorganisation, sind Planungssache der jeweiligen Schule. Ziel ist es neue bewegungsanregende Räume zu schaffen, die von den Schülern gerne und freiwillig genutzt werden. Die Umsetzung des Konzept der bewegten Schule wird ermöglicht und sogar gefordert, um Bewegung, Spiel und Sport in das Erziehungs- und Bildungskonzept der Schule einzubinden. Die Angaben zur Umsetzung der Bewegten Schule finden sich nur in den Richtlinien Sport und fehlen in den Richtlinien der anderen Fächer völlig. Dies birgt die Gefahr, das nur Sportlehrer die Bewegte Schule in ihrem zweiten Fach umsetzen und der Rest der Lehrerschaft auf anderem Weg mit dem Thema bekannt gemacht werden muss.

6. Umfrage:

Wir sind von dem Konzept der Bewegten Schule überzeugt und werden uns sicherlich bemühen dies auch in unserer späteren Lehrertätigkeit umzusetzen. Wir wollten nun wissen, wie es bei anderen Studenten des Lehramtes ankommt. Wir schickten verschiedenen Studenten der Biolgie eine E-Mail, mit einer kurzen Erklärung des Konzeptes und fragten sie nach ihrer Meinung. Die Beteiligung war allerdings nicht sehr groß! Zusätlich bot es sich an, an einer Geamtschule in Dortmund nach Meinungen verschiedener Lehrer zu fragen (siehe: Fragebogen im Anhang).

7. Diskussion:

Die Umsetzung des Konzepts der Bewegten Schule in den Sekundarstufen I/II steckt noch in den Kinderschuhen und bedarf der Weiterentwicklung.
Die Umsetzung im Primarbereich hat weitgehend „schule gemacht“ und wird ausreichend in Schulungen vermittelt und angewandt. In den weiterführenden Schulen ist die Thematik ein Begriff, aber wird nicht umgesetzt. Die schulinternen Richtlinien integrieren die „Bewegte Schule„ allenfalls in den Bereichen Pausengestaltung, Sportwettkämpfe, Klassenfahrten usw., aber nicht im Unterricht (außer im Sportunterricht).

Der Bewegungsdrang der Grundschüler stirbt in den weiterführenden Schulen nicht plötzlich ab und im zunehmenden Maße existiert ein Bedarf des Stressabbaus. Die Konzentrationsfähigkeit nimmt mit zunehmenden Alter zu, kann aber durch auflockernde Übungen dennoch verlängert werden. Der Sportunterricht kann nicht der einzige Zeitraum des bewegten Unterrichts sein, es sei denn er würde als tägliche Sportstunde in den Stunden plan aufgenommen. Unsere Umfragen haben ergeben, dass die Bereitschaft zur Umsetzung weitgehend vorhanden ist, aber sie scheitert in der Regel an mangelnden Fortbildungsangeboten für die Lehrer der weiterführenden Schulen.
Gelegentlich auftretende Ängste, in Bezug auf gesteigerte Unruhen durch die Bewegung im Unterricht, könnten durch solche Schulungen behoben werden.

8. Literatur:

- Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Sportunterricht ohne Grenzen. Soest 1989
- Laging, R./ Schillack, G.: Die Schule kommt in Bewegung, 2000
- Richtlinien und Lehrpläne: Sport, Sekundarstufe II, Ritterbach-Verlag 1999
- Richtlinien und Lehrpläne: Biologie, Sekundarstufe II, Ritterbach-Verlag 1999

9. Anlage:

Fragebogen zum Thema:
Umsetzung des Konzepts der „Bewegten Schule“ in den Sekundarstufen I/II

1. Haben Sie schon von dem Konzept “Bewegte Schule” gehört?
2. Könnten Sie sich vorstellen, in ihrem Unterricht Inhalte dieses Konzepts umzusetzen?
3. Welche Probleme sehen Sie dabei?

Fragebogen zum Thema: Umsetzung des Konzepts der „Bewegten Schule“ in den Sekundarstufen I/II

1. Haben Sie schon von dem Konzept “Bewegte Schule” gehört?
2. Könnten Sie sich vorstellen, in ihrem Unterricht Inhalte dieses Konzepts umzusetzen?
3. Welche Probleme sehen Sie dabei?

 

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3. Bewegte Schule - Kooperation Schule Verein

 

Gliederung:

1. Die Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schule“ und „Partnerschule des Leistungssports“ - ein gesamtdeutscher Überblick (Stand: Oktober 1999)

1.1 Ziele der pädagogischen Betreuungsmaßnahmen für jugendliche Leistungssportler / -innen

1.2 Konzeptionelle Voraussetzungen

1.3 Umsetzungsziele, Aufgabenverteilung und Merkmale für die Weiterentwicklung in den Ländern

1.4 Entwicklungsstand in Nordrhein-Westfalen (Stand Oktober 1999)

2. Das Aktionsprogramm zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in Nordrhein - Westfalen

2.1 Ausgangslage und Zielsetzung

2.2 Handlungsfelder und Maßnahmenbereiche

2.3 Durchführung

3. Leitfaden Kooperation Schule und Sportverein

3.1 Was können Schulen und Sportvereine zum Gelingen von Kooperation tun?

3.2 Die wichtigsten Kontaktwege für Kooperation

4. Literatur

1. Die Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schule“ und „Partnerschule des Leistungssports“ - ein gesamtdeutscher Überblick (Stand: Oktober 1999)

Die „Sportbetonte Schule“ (mit Sportklassen) und „Partnerschule des Leistungssports“ (ohne Sportklassen) sind in den letzten Jahren bundesweit auf 144 Kooperationsprojekte angewachsen.
Schwerpunkte liegen dabei im Bezug auf die„Sportbetonte Schule“ auf

den Ländern
Sachsen (6),
Bayern (5),
Hessen (6) und
Nordrhein-Westfalen (5),

das Projekt der „Partnerschule des Leistungssports“ zentriert sich hauptsächlich auf

die Länder Baden-Württemberg (42),
Hessen (21)
und Nordrhein-Westfalen (21).

Bundesweit sind in diese Kooperationsmaßnahmen von Schule, Sportinternat und Leistungsstützpunkt 235 Schulen, 99 Sportinternate, davon 46 Voll- und 53 Teilinternate sowie 522 Leistungsstützpunkte, darunter 193 Bundes- und 329 Landesstützpunkte sowie alle Olympiastützpunkte mit einbezogen.

Im Rahmen des Verbundsystems Schule und Leistungssport sind in den Ländern Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen insgesamt 34 Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schule“ mit Sportinternaten eingerichtet worden. Bundesweit wirken insgesamt 44 Schulen mit Sportklassen an diesen Projekten mit und arbeiten regelmäßig und eng mit den Sportfachverbänden, Sportvereinen und Leistungsstützpunkten zusammen.

Im Rahmen dieser Kooperationsmodelle spielt die Finanzierung eine entscheidende Rolle. Die Hauptfinanzierung erfolgt durch die jeweiligen Länder, die damit unterrichtliche Maßnahmen, individuelle Hilfsprogramme für Schülerinnen und Schüler, Anschaffungen von Sachmitteln für die Schule und auch Initiativen an den in das Verbundsystem einbezogenen Leistungsstützpunkten fördern und ermöglichen.
In 11 Ländern erfolgen wissenschaftsorientierte Begleitmaßnahmen in den Sektoren der trainingswissenschaftlichen und sportmedizinisch-physiologischen Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung. Diese Begleitmaßnahmen finden i.d.R. durch die Mitwirkung der Olympiastützpunkte und in einzelnen Ländern auch durch die Unterstützung von Universitäten und Hochschulen statt. Leistungssportorientierte Trainingsmaßnahmen im Rahmen des Schulsports können nur durch Sportlehrkräfte mit erforderlichen und zusätzlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen erfolgreich durchgeführt werden.

Daher können in diesem Zusammenhang in den folgenden 8 Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz bei Neueinstellungen Stellen für Lehrkräfte mit Trainerqualifikationen ausgeschrieben werden. Im Regelfall können Sporttalente die im Einzugsgebiet ihres Wohnortes und Heimatvereins keine Möglichkeiten finden, in einem Kooperationsprojekt des Verbundsystems Schule und Leistungssport betreut zu werden, auch in sportbetonte Schulen oder Partnerschulen des Leistungssports anderer Bundesländer wechseln.
Besonderheit in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist, dass im Gegensatz zum üblichen Ablauf eines Schulwechsels die Talente aus anderen Bundesländern hier nur mit Schullastenausgleich aufgenommen werden. Für eine erfolgreiche Realisierung und eine dauerhafte Weiterentwicklung dieser Kooperationsprojekte ist eine gute, systematische und zielgerichtete Kooperation der beteiligten Partner aus Schule, Sportorganisation und Sponsoring unverzichtbar. In 13 Ländern wird diese „professionelle“ Zusammenarbeit bereits unter Mitwirkung von Vertreterinnen und Vertretern des jeweiligen Landes umgesetzt.

1.1 Ziele der pädagogischen Betreuungsmaßnahmen für jugendliche Leistungssportler / -innen:

Im Bezug auf die Ziele der pädagogischen Betreuungsmaßnahmen für jugendliche Leistungssportler/-innen heißt es „Im Rahmen der Weiterentwicklung des Leistungssports in Deutschland bildet die Nachwuchsförderung einen besonderen Schwerpunkt. Ein bedeutendes Element für die jugendlichen Sporttalente auf dem Weg zum Leistungssport ist die Unterstützung durch die Schule. Der angestrebte schulische Abschluss darf durch sportliche Belastungen nicht gefährdet werden. Insoweit nehmen die Kooperationsmaßnahmen von Schule und Leistungssport im nationalen System des Nachwuchsleistungssports eine Schlüsselstellung ein.
Die konzentrierte Weiterentwicklung dieser Partnerschaft im Hinblick auf eine erhöhte Wirksamkeit der Nachwuchsförderung wird in den Ländern verfolgt. Die zentrale Zielstellung der Nachwuchsförderung in der Kooperation von Schule und Leistungssport ist die Sicherstellung der bestmöglichen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen in sportlicher und schulischer wie auch sozialer und persönlicher Hinsicht.
Mit dem Ziel, die bestmögliche ganzheitliche Entwicklung der Sporttalente zu gewährleisten, hat sich bundesweit eine Vielzahl unterschiedlicher Verbundsysteme von Schule und Leistungssport herausgebildet. Als die erfolgreichsten - und folglich gezielt weiterzuentwickelnden - Modelle haben sich in systematischer Zusammenarbeit mit den Sportvereinen, -verbänden und Olympiastützpunkten die Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schulen“ (stets mit Teil- und Vollinternat) und die Kooperationsprojekte „Partnerschule des Leistungssports“ mit (Teil- und/oder Vollinternate) herauskristallisiert.

Diese beiden Verbundsysteme werden auch zukünftig im Mittelpunkt aller Initiativen in den Ländern bei der Umsetzung der gemeinsamen Ziele von Deutschem Sportbund, Sportministerkonferenz und Kultusministerkonferenz stehen, die in den Empfehlungen der KMK zur Weiterentwicklung der Talentsuche und Talentförderung in den Ländern (1997) und im Nachwuchs-Leistungssport-Konzept des DSB (1998) formuliert sind.

1.2 Konzeptionelle Voraussetzungen:

Um ein möglichst einwandfreies Funktionieren der Kooperationsmodelle „Sportbetonte Schulen“ und „Partnerschule des Leistungssports“ zu erreichen und zu gewährleisten, müssen verschiedene Konzeptionelle Voraussetzungen für die jugendlichen Talente geschaffen werden. So stehen neben der rein sportlichen und rein schulischen Ausbildung noch weitere Aspekte der Organisation im Mittelpunkt.
Die beiden eben genannten Voraussetzungen beispielsweise können nicht alleine nebeneinander stehen, sonder müssen aufeinander abgestimmt sein was Stundenplangestaltung, Trainings- und Wettkampfmaßnahmen betrifft. Den jugendlichen Talenten müssen ferner Angebote der Beratung sowie Betreuung gemacht werden. Hierunter fallen Maßnahmen wie Hausaufgabenbetreuung, Förderunterricht, Wohnen, Verpflegung und Freizeitgestaltung oder dementsprechende individuelle Unterstützung. Ebenfalls sollten die Sportler und Sportlerinnen, wie schon genannt, wissenschaftlich betreut werden, damit dem Alter und den biologischen Voraussetzungen entsprechen dosiert trainiert wird. Die Kooperationsprojekte bauen auf der Verbindlichkeit der Partner auf. Jeder Partner, ob die Schule, der Verein oder der Verband, sollten ihren Möglichkeiten nach handeln und eng miteinander zusammenarbeiten. Die Inhalte und Strukturen der Nachwuchsförderung werden konsequent aus den Anforderungen der Schule und der sportart-, geschlechts- und altersspezifischen Trainingssysteme differenziert hergeleitet. Alle Sportarten und Disziplinen haben die Gemeinsamkeit, dass das Nachwuchstraining durch die Kumulation der erforderlichen Trainingsumfänge gemäß Rahmentrainingsplänen der Spitzenfachverbände im Bereich des Aufbau- und Anschlusstrainings gekennzeichnet ist. Notwendige Maßnahmen für eine bestmögliche Förderung sollten innerhalb der Kooperation von Schule und Sportverein getroffen werden und sich an Schwerpunkt-Sportarten der Region orientieren, da ein Standort nicht alle Sportarten gewährleisten kann. Zudem ist ein Wechsel von Talenten anderer Sportarten zu den dieser Sportart entsprechenden Standorten möglich. „Mittelfristige Zielstellung ist die Etablierung eines bundesweiten Netzes von Kooperationsprojekten ‚Sportbetonte Schulen’ und ‚Partnerschule des Leistungssports’. Das Erreichen dieser Ziele wird wesentlich auch von der Initiativkraft der Sportorganisationen - im Hinblick auf ideelle und materielle Förderung - bestimmt sein.“

1.3 Umsetzungsziele, Aufgabenverteilung und Merkmale für die Weiterentwicklung in den Ländern:

Nachfolgend werden 9 Merkmalsbereiche genannt, die im Rahmen gemeinsamer Strategien und Maßnahmen von DSB und KMK, der regionalen Partner in Schule und Sportorganisationen sowie der Partner am jeweiligen Standort zur effektiven Weiterentwicklung des nationalen Netzes von Kooperationsprojekten „Sportbetonte Schulen“ und „Partnerschulen des Leistungssports“ als vorrangige Ziele angesehen werden.
Sie werden jeweils bereits an einzelnen Standorten erfolgreich realisiert. Ihre flächendeckende, bundesweite Umsetzung befindet sich im Aufbau.

o Aufnahmekriterien: Sportliche Eignung einschließlich der sportmedizinischen Unbedenklichkeit und die schulische Eignung für den betreffenden Bildungsgang.
o Räumliche Bündelung von Sport, Schule und Betreuungs-/Wohnbereich: Zur Gewährleistung einer regionalen und überregionalen Wirkung der Kooperationsprojekte sind Hausaufgabenbetreuung, Förder-/Stützunterricht, Freizeitgestaltung und Wohnen mit entsprechender Betreuung erforderlich. Zu den Aufgaben der Landes- und Spitzenverbände in der Kooperation mit der Schule gehört es vor allem in den Schwerpunkt-Regionen der jeweiligen Sportart, auf die Konzentration der Talente an den betreffenden Standorten und Schulen hinzuwirken.
o Koordination der schulischen und sportlichen Anforderungen: Die zeitliche Abstimmung der schulischen und sportlichen Höhepunkte wie Klassenarbeiten/ Klausuren/Prüfungen einerseits und Trainings-/Lehrgangs-/Wettkampfmaßnahmen andererseits unter Beachtung der individuellen Bedürfnisse (Familie, Freundeskreis, Freizeit) ist unverzichtbar.
o Mehrmaliges tägliches Training: Regelmäßige sportartenspezifische Trainingseinheiten am Vormittag in den betreffenden Sportarten durch entsprechende Stundenplangestaltung bzw. Training u.a. im Rahmen des Schulsports (in der Regel ergänzend zum Sportunterricht) unterstützen eine kind- und jugendgemäße Trainingsgestaltung.
o Flexible Regelungen während der Schullaufbahn: Flexible Regelungen der Verweildauer in den Bildungsgängen der Sekundarstufen I/II unter vollständiger Ausschöpfung der schulrechtlichen und –organisatorischen Möglichkeiten zur Entzerrung von zeitlichen Anforderungen sind anzustreben.
o Sportprofile: Sportklassen, Sportkurse, Sportzüge: Sportklassen, -kurse und -züge als Organisationsformen unterstützen die in Ziff. 3, 4 und 5 beschriebenen Merkmale.
o Einsatz hoch qualifizierter Trainerinnen und Trainer: Es ist anzustreben, dass bei Neueinstellungen von Lehrkräften an den Sportbetonten Schulen und Partnerschulen des Leistungssports bei gleicher Qualifikation und bedarfsgemäßer Fächerkombination diejenigen mit höchster Trainerqualifikation und mit besonderen Erfahrungen im Jugendwettkampfsport, insbesondere in den Schwerpunktsportarten, vorrangig berücksichtigt werden. Es ist anzustreben, dass Nachwuchs-Bundestrainer/-innen in Maßnahmen der Kooperationsprojekte einbezogen werden.
o Wissenschaftliche Begleitung: Neben der sozialen und pädagogischen Betreuung ist für Kaderathletinnen und -athleten die gezielte Akzentuierung, insbesondere trainingswissenschaftlicher und sportmedizinisch-physiologischer Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung zu gewährleisten. Hierfür stehen die Einrichtungen der Olympiastützpunkte zur Verfügung.
o Regionales Koordinationsgremium: Die erfolgreichsten Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schulen“ und „Partnerschule des Leistungssports“ zeichnen sich mehrheitlich durch Koordinierungs- und Umsetzungsgremien mit Vertretern der Schulleitungen (ggf. auch Internatsleitungen und Schulbehörden) sowie der Landesfachverbände, der Landesausschüsse für Leistungssport der Landessportbünde sowie der Olympiastützpunkte u.a. aus.

1.4 Entwicklungsstand in Nordrhein-Westfalen (Stand Oktober 1999):

Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schule“ mit Sportinternat Standorte: Bochum, Detmold, Essen, Wuppertal, Schwerte

Schulen: Märkische Schule (Gymnasium), Bochum / Hellweg-Gymnasium, Bochum / Pestalozzi-Realschule, Bochum / Christian-Dietrich-Grabbe-Gymnasium, Detmold / Helmholtz-Gymnasium, Essen / Friedrich-Bährens-Gymnasium, Schwerte / Friedrich-Bayer-Realschule, Wuppertal / Carl-Fuhlrott-Gymnasium, Wuppertal Sportinternate: Bochum - Vollinternat (10 SchülerInnen) / Teilinternat (34 SchülerInnen) Detmold - Teilinternat (27 SchülerInnen) Essen – Teilinternat (24 SchülerInnen) Schwerte – Teilinternat (14 SchülerInnen) Wuppertal – Teilinternat (21 SchülerInnen)

Leistungsstützpunkte: 8 Bundes-, 12 Landes-, 2 Olympiastützpunkte (Westfalen und Rhein/Ruhr) Kooperationsprojekte "Partnerschule des Leistungssports" mit Sportinternat Standorte: Aachen, Bergisch Gladbach, Blomberg, Bonn, Bünde, Detmold, Dormagen, Dortmund, Drais-Tiefenbach, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Leverkusen, Münster, Oberhausen, Senden, Straelen, Warendorf, Winterberg

Schulen: 33 Schulen Leistungsstützpunkte: 13 Bundes-, 38 Landes-, 3 Olympiastützpunkte (Westfalen, Rhein/Ruhr, Köln-Bonn-Leverkusen) Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schule“ und „Partnerschule des Leistungssports“ Sportklassen: Bochum - Hellweg-Gymnasium (SI)* / Bochum - Pestalozzi-Realschule (SI) / Detmold - Christian-Dietrich-Grabbe Gymnasium (SI/SII) / Essen - Helmholtz-Gymnasium (SI/SII) / Schwerte - Friedrich-Bährens-Gymnasium (SI) / Wuppertal - Friedrich-Bayer-Realschule (SI)

Möglichkeiten für ein Leistungstraining am Vormittag: 6 Schulen mit Sportklassen Landesförderung: Förderung durch Bereitstellung von Landesmitteln und Lehrerstellen. Mit Landesmitteln werden gefördert: unterrichtliche Maßnahmen; individuelle Unterstützung der Schülerinnen und Schüler; Anschaffung von Sachmitteln für Sportinternat; Betreuung im Sportinternat; Leistungsstützpunkt. Wissenschaftsorientierte Begleitmaßnahmen in: Aachen, Bergisch-Gladbach, Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln, Münster, Warendorf, Winterberg, Wuppertal durch Olympiastützpunkte.

2. Das Aktionsprogramm zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in Nordrhein-Westfalen:

Dieses „Aktionsprogramm zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in Nordrhein-Westfalen“ wurde zwischen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport (federführend) und das Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung, dem LandesSportBund Nordrhein-Westfalen und den Kommunalen Spitzenverbänden in Nordrhein-Westfalen am 02. Mai 2002 vereinbart.

2.1 Ausgangslage und Zielsetzung:

Schule und Sportvereine haben neben der Aufgabe Kinder und Jugendliche für ein möglichst lebenslanges Sporttreiben zu motivieren und zu qualifizieren auch eine gemeinsame pädagogische Verantwortung für deren Bewegungs-, Spiel-, und Sporterziehung. Die in Nordrhein-Westfalen schon traditionelle Zusammenarbeit zwischen Schulen und Sportvereinen und gerade deren Förderung gehört zu den Schwerpunkten der Sportpolitik von Landesregierung und LandesSportBund. Bereits seit 1994 besteht eine Vereinbarung zwischen beiden Partnern, die später auch zur Einführung eines gemeinsamen Landesausschusses „Schule und Sportverein“ führte, der im jährlichen Wechsel vom Land bzw. vom LSB geführt wird. Obwohl die Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in Nordrhein-Westfalen weit entwickelt ist, konnte die Erwartung, möglichst viele Schülerinnen und Schüler für ein lebensbegleitendes Sporttreiben außerhalb und nach Verlassen der Schule zu gewinnen, noch nicht in allen Bereichen in zufrieden stellendem Maße erfüllt werden. Aus diesem Grund haben sich die Landesregierung, vertreten durch das Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport (federführend) und das Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, der LandesSportBund Nordrhein-Westfalen e.V. und die kommunalen Spitzenverbände auf das im folgenden vorgestellte „Aktionsprogramm zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in Nordrhein-Westfalen“ verständigt, um die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in Bereichen mit besonderem Handlungsbedarf gezielt zu verbessern und die bestehenden Kooperationen bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.

2.2 Handlungsfelder und Maßnahmenbereiche:

Handlungsfeld I:

Mitwirkung von Sportvereinen an zusätzlichen Betreuungsmöglichkeiten im Nachmittagsbereich für Kinder und Jugendliche in der Primarstufe und der Sekundarstufe I verstärken Erklärung: Im Zusammenhang mit veränderten gesellschaftlichen Anforderungen werden verstärkt zusätzliche Betreuungsmöglichkeiten im Nachmittagsbereich für Kinder und Jugendliche in der Primarstufe und der Sekundarstufe I gefordert. Bei der Gewährleistung schulergänzender, familienunterstützender Ganztagsangebote können auch die Sportvereine mitwirken, um Bewegung, Spiel und Sport als feste Bestandteile der ganztägigen Betreuung zu etablieren. Maßnahmen:

o Information und Beratung von Schulen und Sportvereinen über Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Rahmen schulergänzender, familienunterstützender Ganztagsangebote
o Initiativen zur Koordination bzw. Vernetzung sportbezogener Betreuungsangebote unter Mitwirkung von Schulen und Sportvereinen auf kommunaler Ebene.

Handlungsfeld II:

Das ehrenamtliche Engagement von Jugendlichen im Sport fördern Erklärung: Für Schulen und Sportvereine gilt, dass die Möglichkeiten, Jugendliche für die Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben zu gewinnen, in der Vergangenheit noch nicht ausgeschöpft wurden. In Sportvereinen übernehmen Jungen im Allgemeinen mehr Aufgaben als Mädchen, obgleich sich die weiblichen jugendlichen Vereinsmitglieder in etwa gleich hohem Maße bereit erklären, ehrenamtlich aktiv zu werden Maßnahmen:

oFörderung sportbezogener Aktivitäten der Vertretungen von Schülerinnen und Schülern;
o Qualifizierung von Schülerinnen und Schülern, insbesondere jungen Frauen, für die Übernahme von Leitungs- und Betreuungsaufgaben im Schulsport und im Vereinssport (z.B. Sporthelfer/-innen, Schiedsrichter/-innen, Kampfrichter/-innen).

Handlungsfeld III:

Mädchen und jungen Frauen den Zugang zum Sport erleichtern Erklärung: Die Wahrscheinlichkeit, Mitglied eines Sportvereins zu sein, ist für Jungen doppelt so hoch wie für Mädchen: Das Sportvereinsengagement ist immer noch „Männersache“ (50,1% der männlichen gegenüber 31,3% der weiblichen Jugendlichen sind Mitglieder eines Sportvereins). Für Mädchen und junge Frauen wirken sich darüber hinaus die soziodemographischen Determinanten, die einen Vereinseintritt eher unwahrscheinlich werden lassen, deutlicher aus als für Jungen. Diese Tendenz scheint in ähnlicher Weise auch für den außerunterrichtlichen Schulsport zu gelten Maßnahmen:

o Sensibilisierung der Sportlehrkräfte in den Schulen sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Sportvereinen für die spezifischen Bedürfnisse und Interessen von Mädchen und jungen Frauen im Sport (auch für die Förderung des sportlichen Begabungskonzepts von Mädchen und jungen Frauen);
o Einrichtung von Mädchensportgruppen (unter weiblicher Betreuung) im außerunterrichtlichen Schulsport und in Sportvereinen (bzw. in der Trägerschaft der Sportvereine);
o Schaffung interkultureller Sport- und Begegnungsmöglichkeiten im außerunterrichtlichen Schulsport für Mädchen unter Berücksichtigung besonderer ethnisch-kultureller Bedürfnisse.

Handlungsfeld IV:

Kindern und Jugendlichen mit mangelnden Bewegungserfahrungen und körperlichen Leistungsschwächen den Zugang zum Sport erleichtern Erklärung: Kinder und Jugendliche, die sich im Sport wenig zutrauen oder deren geringe sportmotorische Kompetenz z. B. durch Notengebung oder (schul)ärztliche Untersuchungen bestätigt wurde, sind im außerunterrichtlichen Schulsport wie im Freizeit- und Vereinssport unterrepräsentiert. Offensichtlich sind noch weitere Bemühungen erforderlich, um sportschwache und im Sport weniger motivierte Kinder und Jugendliche für außerunterrichtliche und außerschulische Sportaktivitäten zu gewinnen Maßnahmen:

o Sensibilisierung und Qualifizierung der Sportlehrkräfte in den Schulen sowie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Sportvereinen für die spezifischen Probleme und Förderungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen mit mangelnden Bewegungserfahrungen und körperlichen Leistungsschwächen;
oAusweitung spezieller Angebote im außerunterrichtlichen Schulsport und in Sportvereinen;
o Intensivierung der Zusammenarbeit von Behindertensportvereinen und Schulen, vor allem Sonderschulen.

Handlungsfeld V:

Zugangschancen zum Sport von Kindern und Jugendlichen der Haupt- und Sonderschulen und aus einkommensschwachen Bevölkerungskreisen erhöhen Erklärung: Die Wahrscheinlichkeit, niemals Mitglied in einem Sportverein zu werden, ist für Heranwachsende aus einkommensschwachen Bevölkerungskreisen und für Haupt- und Sonderschüler/-innen immer noch sehr hoch. Lediglich 25,8% der Vereinsangehörigen rekrutieren sich aus dem Kreis der Jugendlichen, deren soziale Schichtzugehörigkeit als niedrig eingestuft werden kann. Betrachtet man die Quote der Vereinszugehörigkeit nach der jeweiligen Schulkarriere, so wird deutlich, dass z. B. 53,1% der Kinder und Jugendlichen das Gymnasium, 36,4% die Realschule und 32,9% die Hauptschule besuchen. Diese Befunde gelten tendenziell auch für die Sportaktivitäten von Heranwachsenden im außerunterrichtlichen Schulsport. Maßnahmen:

o Qualifizierung der Sportlehrkräfte in den Haupt- und Sonderschulen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sportvereinen für den Umgang mit diesen Kindern und Jugendlichen;
o Intensivierung der Zusammenarbeit von Haupt- und Sonderschulen mit Sportvereinen

Handlungsfeld VI:

Jugendliche Sporttalente auch nach Beendigung ihrer leistungssportlichen Laufbahn betreuen Erklärung:
Viele jugendliche Sporttalente beenden aus verschiedenen Gründen (aus leistungssportlichen, medizinischen, persönlichen u.a.m.) ihre sportliche Karriere. Damit enden i.d.R. auch die im System der Leistungssportförderung bestehenden speziellen pädagogischen, sportmedizinischen und sozialen Betreuungsmaßnahmen in der Zusammenarbeit von Schule und Sportverein/-verband, und es besteht die Gefahr, dass diese Jugendlichen im Sport und evtl. auch in der Schule ihren Halt verlieren. Maßnahmen

o Als vorbeugende Maßnahme sind rechtzeitig Beratungsgespräche zu planen, um Sportlerinnen und Sportler mit leistungssportlicher Perspektive möglichst an die Verbundsysteme Schule und Leistungssport zu vermitteln, um die leistungssportliche Ausbildung so früh wie möglich durch umfassende flankierende Maßnahmen begleiten zu lassen, die auch der nachsportlichen Schul- und Sportkarriere sowie der weiteren positiven Persönlichkeitsentwicklung dienen sollen;
o darüber hinaus sind die an den Leistungsstützpunkten der Sportfachverbände arbeitenden Trainerinnen und Trainer, die für die Leistungssportförderung Jugendlicher zuständigen Personen in Sportvereinen sowie die in schulischen Betreuungsmaßnahmen für jugendliche Leistungssportler/-innen einbezogenen Lehrkräfte durch geeignete Maßnahmen für die spezifischen Probleme und Unterstützungsmöglichkeiten jugendlicher Sporttalente, die aus dem System der Leistungssportförderung ausscheiden, zu sensibilisieren und zu qualifizieren;
o zudem sollte auf der Grundlage einer Analyse der spezifischen Probleme und Unterstützungsmöglichkeiten für aus der Leistungssportförderung ausgeschiedene Sporttalente ein Informations- und Beratungssystem in der Zusammenarbeit von Schule und Sportverein entwickelt, erprobt und eingerichtet werden, das z. B. eine Neuorientierung zu einer anderen Sportart oder eine ehrenamtliche Laufbahn im Sport ermöglichen könnte;
o eine sportmedizinische Abschlussuntersuchung inklusive einer kompetenten Beratung, bei der auch der Zeitraum des „Abtrainierens“ geklärt wird, sollte selbstverständlicher Bestandteil des Programms werden

2.3 Durchführung:

Das genannte Aktionsprogramm wird in der 13. Legislaturperioden von 2001 – 2005 durchgeführt. Grundsätze zur Planung und Durchführung werden im Landesausschuss „ Schule und Sportverein“ abgestimmt und verabschiedet. Dabei sollen im Zeitraum von 2001 – 2002 die Voraussetzungen für unten genannte Punkte geschaffen werden

o Entwicklung und Abstimmung von Handlungskonzepten (einschl. Förderkonzepten),
o Festlegung eines Maßnahmenkatalogs,
o Schaffung der notwendigen strukturellen, personellen und finanziellen Rahmenbedingungen für die Umsetzung,
o Entwicklung von Qualitätskriterien,
o Entwicklung von Pilotprojekten, Aktionen und Maßnahmen in einzelnen Handlungsfeldern Die Umsetzung der Handlungskonzepte in den Jahren 2002 – 2005 soll unter den Aspekten
o Durchführung öffentlichkeitswirksamer Maßnahmen,
o Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen,
o Durchführung von Pilotprojekten, Aktionen und Maßnahmen in allen Handlungsfeldern,
o Qualitätssicherung geschehen. In der Auswertungsphase 2005 geht es dann abschließend vor allem um die Ergebnissicherung, die Öffentlichkeitsarbeit, sowie die Fortschreibung des Aktionsprogramms.

3. Leitfaden Kooperation Schule und Sportverein:

Der hier dargestellte Leitfaden hat das Ziel, alle in Schulen und Sportvereinen handelnden Personen, die miteinander kooperieren wollen, darüber zu informieren, dass eine partnerschaftliche Zusammenarbeit für beide Seiten Vorteile bringen kann. Ferner soll hiermit ein Anstoß gegeben werden Kooperationsprojekte entstehen zu lassen und zu fördern. Wichtigste Absicht ist es jedoch dazu beizutragen, dass unsere Kinder und Jugendlichen möglichst viel Bewegung, Spiel und Sport in Schulen wahrnehmen können. << Die Kooperation von Schulen und Sportvereinen ist wichtig, weil die Zusammenarbeit allen nützt >>

3.1 Was können Schulen und Sportvereine zum Gelingen von Kooperation tun?

3.2 Die wichtigsten Kontaktwege für Kooperation:

4.Litearturverzeichnis:

-Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland Kommission „Sport“: Schule und Leistungssport – Verbundsysteme in den Ländern (Bericht über den Entwicklungsstand der pädagogischen Betreuungsmaßnahmen für jugendliche Leistungssportlerinnen und Leistungssportler im Rahmen der Kooperationsprojekte „Sportbetonte Schule“ und „Partnerschule des Leistungssports“ in den Ländern); Berlin 2000
-Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen / Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Nordrhein-Westfalen / LandesSportBund Nordrhein-Westfalen: Aktionsprogramm zur Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen in Nordrhein-Westfalen, 2002

-LandesSportBund Nordrhein-Westfalen e.V. in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport NRW, dem Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung NRW und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände: Leitfaden Kooperation Schule und Sportverein; LandesSportBund; Duisburg 1999

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4. Schule und Körper im Wandel der Zeit - Von der „Disziplinierungsanstalt“ zur „bewegten Schule“

Gliederung:

1. Einleitung
2. Schule in der Geschichte
2.1 Rolle der Lehranstalt
2.2 Rolle des Lehrkörpers
2.3 Rolle des Schülers
3. Schule heute
4. Forderung nach der „bewegten Schule“
5. Fazit
6. Literatur

1. Einleitung:

Betrachtet man die Schule aus einer historischen, körperkulturellen Sicht als Bewegungsraum, so fällt dies schwer. Vielmehr wurde der natürliche Bewegungsdrang der Schüler und Kinder durch eine Disziplinierung des Körpers unterdrückt. Im Laufe der Zeit wurde durch verschiedene Autoren und Forscher aufgedeckt, dass „leibliche Regungen des Menschen nicht auszuschalten sind“ (GÜNZEL/LAGING; 1999), so dass eine solchen Disziplinierung nicht dem menschlichen Naturell entsprechen kann und von daher abzuschaffen ist. In reformpädagogischen Konzepten wurde zwar der Versuch gewagt mehr Bewegung in die Schulen zu bringen, doch ist es bei ersten Versuchen geblieben. Nach wie vor fordern Pädagogen die Schule als ganzheitlichen Bewegungsraum, in dem auf das moderne Körperverständnis eingegangen wird und die „Stillegung des Körpers“ komplett der Geschichte angehören soll. In der vorliegenden Arbeit soll auf diese Problematik eingegangen werden. Ich werde versuchen das Körperverständnis in der Schule aus der Vergangenheit bis hin zu den neuen Forderungen nach einer „bewegten Schule“ in unserer heutigen Zeit aufzuzeigen.

2. Schule in der Geschichte

2.1 Rolle der Lehranstalt:

In der höfischen Gesellschaft des 17./18. Jahrhunderts war es ein Muss seinen Körper und dessen Bewegungen fest unter Kontrolle zu haben. Wer diesen Anforderungen nicht nachkam, dem drohte der soziale Abstieg oder gar Ausschluss. (RUMPF, 1981) Unter dem Druck dieser wachsender Abhängigkeitsketten wurden die Menschen der damaligen Zeit gezwungen ihren Körper zu disziplinieren und zu beherrschen. Nur Bewegungen, die beabsichtigt und willentlich ausgeführt wurden, galten als grazil. Als Vorbild und Bahnbrecher für grazile Bewegungen galt das Militär mit seiner Ausbildung. Bewegungen durften nur auf kurze und prägnante Befehle hin ausgeführt werden. Diese Auffassung von graziler Bewegung sollte auch auf die Gesellschaft übertragen werden. Durch den absoluten Gehorsam und die Unterdrückung des natürlichen Bewegungsdrangs sollten die Gesellschaftskräfte gesteigert werden, die Produktion erhöht, die Wirtschaft entwickelt und das Niveau der öffentlichen Moral gehoben werden. Um den Grundstein eines solchen Körperverständnisses so früh wie möglich zu legen, wurde in den damaligen Lehranstalten auf eine Disziplinierung und Kategorisierung besonderer Wert gelegt. Die Rolle der Lehranstalt hatte zur höchsten Prämisse den Schülern absolute Disziplin und Gehorsam zu vermitteln. Bewegungen hatten keinen Platz an den Schulen.

2.2 Rolle des Lehrkörpers:

„Der Lehrkörper ist ein Instrument zur Disziplinierung unwillkürlicher sinnlicher Regungen – sowohl bei der Person des Lehrers wie bei den Schülern“ (LAGING, 1999) Der Lehrer ist im Grunde die Macht, die auf den Schüler einwirken kann. Er sollte „mehr denn je nach starker Persönlichkeit streben, unermüdlich an sich arbeiten und sich nicht in trivialen Äußerlichkeiten verlieren.“ (MATTHIAS, 1895) In diesen Zitaten stecken schon viele Vorschriften, an die sich ein Lehrer zu halten hat. Ebenso wie die Schüler muß auch er seinen Körper disziplinieren.
Wie der Schüler in einen Lernkörper schlüpfen muß, so muß der Lehrer in einen Lehrkörper übergehen. Er darf nichts privates oder persönliches äußern, keinen Dialekt und nur in ganzen Sätzen sprechen. Der Lehrer hat uneingeschränkte Autorität und kann diese durch Strafen bei Ungehorsam an den Schüler zum Ausdruck bringen. Während des Unterrichts hat der Lehrer einen festen Standort einzunehmen, von dem aus er alle Schüler und andersherum ihn alle sehen können. Jedoch muß sein Platz so weit von den Schülern entfernt sein, daß er diese zum laut sprechen nötigt. (vgl. RUMPF, 1981) Der Lehrer hat neben seiner Rolle als Vermittler von Wissen also auch die Aufgabe der tadellosen Erziehung der Schüler.

2.3 Rolle des Schülers:

„Grundlage aller Gesamtheit und aller Disziplin ist der Gehorsam. Der Gehorsam ist die erste gute Lebensgewohnheit, die Vorbedingung aller anderen guten Gewohnheiten und der Anfang praktischer Lebensweisheit“ (MATTHIAS, 1895)

In diesem Zitat zeigt sich, welchen Auflagen sich der Schüler um die Jahrhundertwende zu fügen hatte. Wenn ein Schüler der damaligen Zeit sich in der Schule befand, so mußte er in die Rolle des Lernkörpers hineinschlüpfen. Absolute Kontrolle über den Körper und seine Bewegungen war oberste Schülerpflicht. Die Hände mußten auf den Tisch gelegt werden, die Beine gehörten nebeneinander gestellt, der Oberkörper hatte aufrecht zu sein. (vgl. LAGING, 1999) Wären die Hände unter der Bank, so konnte dies „unbeabsichtigten, unkontrollierten und nicht an den Zwecken der Schule orientierte Handlungen vollführen.“ (RUMPF, 1981)
Der Lehrer mußte ohne Unterbrechung angesehen werden und im Falle einer Meldung durfte nur die rechte Hand erhoben werden, um damit ein Zeichen zu geben. Rufe, Antworten ohne Geheiß, voreiliges Sprechen sind als Störungen anzusehen und mit den nötigen Strafen zu belegen. Es handelte sich in diesen Jahren sicherlich um die absolute Disziplinierung des Körpers, die keinerlei Regung erlaubte. Auch der Sportunterricht war strengen Auflagen unterlegen. Nur auf vorher festgelegte Kommandos des Lehrers durften die Schüler sich regen. So ist nicht nur die Sprache, sondern auch die Bewegungsfreiheit im Klassenraum und in der Turnhalle sehr ähnlich. „Die Bewegungen am Barren sind abgezirkelt, persönliche Auslegungen entfallen, emotionale Körperregungen verbieten sich bei der Befehlslage.“ (LAGING, 1999) Der Turnunterricht galt als Erziehungsmittel zu den Erziehungszielen Disziplin, Gehorsam und Zucht, genauso wie ihn der damalige Schulalltag forderte.

3. Schule heute:

Wer von uns erinnert sich nicht an seine eigene Schulzeit. Denken wir einmal zurück, so kann doch sicher jeder eine Menge aus seiner Schulzeit erzählen. Gerne erinnern wir uns an die Späße, die wir den Lehrern und Mitschülern gespielt haben. Doch wie sah unser normale Schulalltag aus. Die meisten denken sicher noch an 45 Minuten stillsitzen und dem Vortrag des Lehrers folgen. Sicherlich war unser Unterricht im Vergleich zu dem des letzten Jahrhunderts schon wesentlich offener. Mußten wir nicht mehr kerzengerade, nach Rangfolge in unseren Bänken sitzen, sondern durften wir uns auf unseren Stühlen schon „frei“ bewegen, so waren wir doch in unserem Bewegungsdrang eingeschränkt. Aufstehen, herumgehen oder Aufgaben im Stehen lösen, waren den meisten von untersagt, vielmehr beschränkte sich unser freies Bewegen auf die Pausen oder manchmal auf den Sportunterricht.

Erst seit einigen Jahren wird das Anliegen gerade im Grundschulbereich nach einem offenen Unterricht, in dem Bewegungen erlaubt, sind immer mehr gefordert. Die Kinder zeigen im Unterricht eine zunehmende Unruhe und Unkonzentriertheit. Für den Lehrer ist von daher das Unterrichten in der heutigen Zeit schwieriger geworden. Es gibt keine stillsitzende, zuhörende und aufmerksamen Kinder mehr, vielmehr räkeln sich die Kinder auf ihren Stühlen, stehen auf und konzentrieren sich auf andere Dinge als den Unterricht. (vgl. GEBAUER, 1991) Aus diesen Beobachtungen und Erfahrungen mußten Veränderungen im Schulalltag resultieren. Ein erster Ansatz ist hier in den Anleitungen für Bewegungs-, Konzentrationsspiele, Entspannungs- und Stilleübungen sowie bewegungsaktivierende Lernformen zu finden. (vgl. LAGING, 1999) Oft resultiert diese angesprochene Unruhe und Unkonzentriertheit daraus, daß die meisten Kinder in immer größer werden Städten, mit immer weniger Grünflächen zum Spielen und Toben leben, so das diese Kinder kaum noch einen Ausgleich zum „Sitzunterricht“ in den Nachmittagsstunden finden können. Ihre Freizeit verbringen die Schüler nicht mehr draußen, sondern in den Kinderzimmern, in denen oftmals eine regelrechte Elektroflut auf einen hereinbricht. Elektronisches Spielzeug, Fernseher, Computer und Handy haben inzwischen in nahezu jedem Kinderzimmer Einzug gehalten. Folglich kann die Schule davon nicht unberührt bleiben. „Schulen wandeln sich vom Lernort zum Lebensort mit ausgewiesenen Erfahrungsbereichen in der Bewegung.“ (LAGING, 1999)

Der Körper fordert seinen Bewegungsdrang in der Schule. Oftmals wird schon versucht den Schulhof von einer ehemaligen Asphaltwüste in einem ansprechenden Bewegungsraum mit kindgerechten Spielmöglichkeiten umzugestalten. Vermutlich ist dies allein jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man den Vergleich zwischen Unterrichtszeit und Pausenzeit sieht. Erschreckend ist auch, in wie weit die Gesundheit der Kinder aufgrund der Bewegungsarmut leidet. Häufiger als zuvor zeigen Kinder heute medizinisch-psychologische Bewegungs-auffälligkeiten oder Bewegungsmangelerscheinungen. Jedes 5. Kind zeigt bereits vor der Einschulung motorische Unruhe oder ziellose Aktivitäten. Wiederum wird hierfür ein zu geringer Bewegungsumfang im Alltagsleben verantwortlich gemacht. Schlechtes Sitzmöbiliar, Sitzunterricht überhaupt, die Eßgewohnheiten, mangelnde Motorik beeinflussen ebenfalls eine gesunde Entwicklung in erheblichem Maße. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Schulsport in der heutigen Zeit. „Der Schulsport, an dem die Kinder teilnehmen müssen, ist nicht bewegt.“ (LAGING, 1999)
Diese Kritik ist darin begründet, dass im Sportunterricht meist mehr gestanden als sich bewegt wird und darüber hinaus beschränkt sich die Vermittlung des Sport auf wenige Techniken und nicht auf eine allgemeinen Bewegung. Vielleicht kann hier der neue Lehrplan erste Verbesserungen schaffen. „Erste Lockerungen der Institution Schule in reformpädagogischen Konzepten haben zwar Bewegung in die Schule gebracht“ (LAGING, 1999), jedoch ist daraus trotz allem noch nicht die Schule zum Bewegungsraum geworden. Inzwischen sind wir erfreulicherweise weg von der „Stillegung des Körpers“. Das Blatt hat sich gewendet. Es gibt in der heutigen Schule keine streng reglementierte Körperhaltung mehr, die durch Zucht, Ordnung und Disziplin bestimmt ist. In der Schule wird sich freier bewegt, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Das Bewegungsleben findet in der heutigen Gesellschaft eine wichtige Rolle. Trotzdem bewegen sich Kinder und Jugendliche zu wenig. Sicherlich besuchen noch viele Kinder einen Sportverein doch rücken Medien wie Fernseher und Computer immer mehr ins Interesse der Kinder, so daß sich die eigenen Bewegungen reduzieren. „Kinder erfahren Ihre Welt immer weniger selbst über Bewegungen“ (LAGING, 1999)
Die Schule ist offener geworden, jedoch kann man noch nicht grundsätzlich von einer „bewegten Schule“ sprechen.

4. Forderung nach einer bewegten Schule:

Hat man in den vorherigen Kapitel gelesen, dass die Bewegungsfreiheit in der Schule im Laufe der Zeit immer offener und bewegter wurde, so gibt es nach wie vor Pädagogen, die eine noch freiere Schulform fordern. Allen voran kann man hier Hartmut von Hentig nennen, der an der Laborschule in Bielefeld versucht sein Projekt von der „bewegten Schule“ umzusetzen.

In diesem Kapitel werde ich nun das von Hartmut von Hentig entworfenen Idealbild darstellen. Nach seinen Vorstellungen versuchte er ein Idealbild der „bewegten Schule“ zu entwerfen und in Bielefeld zu erproben. Dieses Idealbild wird seiner Meinung nach durch sechs Thesen gestützt und begründet.

1. These:
Die Schule ist ein Lebensraum

2. These:
Die Schüler müssen mit Unterscheiden in der Gesellschaft leben

3. These:
Die Schule ist ein Polis

4. These:
Der ganze Mensch muß sich in der Schule entfalten können

5. These:
Die Schule ist eine Brücke zwischen der kleinen und der großen Welt

6. These:
Die Schule dient der Vorbereitung auf das spätere Leben

In seiner ersten These, bei der v. Hentig die Schule als ein Lebensraum beschreibt, weist er darauf hin, daß in der heutigen Zeit die Schule für eine Vielzahl von Kindern ein Ort ist, an dem sie sich täglich mehrere Stunden in erträglicher Atmosphäre aufhalten. Die Zeit, in der die Kinder in der Schule sind, muß immer mehr mit den Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen der Erwachsenen verglichen werden. „...die Schule ist etwas so Umfassendes wie das Berufsleben...“ (HENTIG, 1993). V. Hentig fordert die freie Bewegungsmöglichkeit in einem Lebensraum und will mit aller Konsequenz den alten Ansichten von Disziplinierung des Körpers (vgl. Kap. 2) entgegenwirken. Der Mensch muß als Mensch gesehen werden und darf nicht in die Rolle des „Lernkörpers“ gezwängt werden. Die Schüler müssen sich gemäß ihres Alters bewegen und verhalten dürfen. Als Beispiel sollen hier nur ein paar Forderungen von v. Hentig aufgeführt werden: - zuhören, mithören, träumen - lernen, sich bewegen, sich in Szenen setzen - sich aus der Gemeinschaft zurückziehen - ruhen, still sein, konzentriert lesen - spielen - usw. (vgl. HENTIG, 1993) Aus seiner Sicht sind diese so einfach erscheinenden Forderungen in der Realität nur schwer umzusetzen. Gerade die Forderung sich bewegen dürfen sieht er in der heutigen Schule als noch nicht durchsetzbar. Zu strikt sind die Vorgaben an die Schüler sich, während des Unterrichts auf den ihnen zugewiesenen Platz aufzuhalten und in angemessener Form des Sitzens dem Unterricht zu folgen. Eine weitere Botschaft an ein neues reformiertes Schulsystem gibt er durch den Hinweis, daß die Schüler mit allen Sinnen lernen sollten. „In ganz alter Zeit waren Lernen und Leben nicht getrennt“ (HENTIG 1993) Die Menschen lernten durch das Prinzip „learning by doing“, sie waren unmittelbar ihrer Umwelt ausgesetzt und mußten durch diese lernen mit ihr in Einklang zu leben. Erst in späterer Zeit wurden die Bereiche Leben und Lehren getrennt. Daraus entstanden die Schule und der Unterricht. V. Hentig fordert nun diese Grenze zwischen Lernen in der Schule und dem Lernen am Leben wieder mehr zusammenwachsen zu lassen. Dies soll in einer Schule, die sich dem Prinzip Lernen mit allen Sinnen verschrieben hat und dies auch in praktischen Einheiten in den Schulbetrieb übernimmt, durchgeführt werden.

Mit der Feststellung, daß die Kinder heute in einer Welt leben, in der verschiedenen Kulturen und Charaktere aufeinander treffen verweist v. Hentig auf die Problematik der „pluralistischen“ Gesellschaft, in der die Würde des Einzelnen trotz allem geachtet werden muß. Aufgrund verschiedener Kulturen gewinnen wir an Reichtum für unser Leben, doch entstehen hier auch Probleme. Die Schule hat von daher die Aufgabe eine Balance zwischen Individuum und Gesellschaft mittels der Erziehung zu schaffen. „Erziehung ist nicht nur ein Akt der Lebenssicherung einer Gesellschaft“ (HENZIG; 1993)
Die Erziehung soll den Kindern Freiheit lehren, eine Freiheit, in der sie sich selbst als Individuum sehen und trotz allem die Ungleichheit und Vielfalt der Menschheit nicht außer Acht lassen. Diese Aufgabe, die sich die reformierte Schule v. Hentigs zum Ziel setzt, stellt eine besondere Schwierigkeit dar, da die Schüler den Umgang mit der Freiheit behutsam lernen müssen. „Freiheit gibt es nicht ohne Verantwortung und Verantwortung nicht ohne Autonomie oder Selbstbestimmung“. Mit anderen Worten heißt dies, die Schüler sollen von Beginn an ihr Lernen selbst organisieren, indem sie angehalten werden die ihnen aufgetragen Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich zu lösen. Der Lehrer wird nur bei Schwierigkeiten aufgesucht, bei kleineren Problemen können auch Schüler der gleichen bzw. einer älteren Jahrgangsstufe zu Rate gezogen werden. Die gesamte Schule bleibt eine Gemeinschaft von Individuen, sie bilden aber kein Kollektiv. In dieser Gemeinschaft kann jeder seine persönlichen Stärken einbringen.
Die Schule steht für eine „Polis“, in der die ihr anvertrauten Schüler die Grundbedingungen, die im Leben von Bedeutung sind, lernen sollen. Zu diesen Bedingungen zählen ein friedliches, gerechtes und verantwortungsvolles Zusammenleben. Ebenso erfahren die Schüler aber auch die Schwierigkeiten, die dies bereitet. Eine Gemeinschaft fordert Ordnungen, Selbstdisziplin und Einigung auf die Zwecke und die Grenzen des Zusammenseins. Desweiteren sollen die Kinder aber auch erfahren, daß man in einer Gemeinschaft stark sein kann, sich geborgen fühlen kann und miteinander Spaß haben kann. V. Hentig bezeichnet diese Normen und Werte als Lebenstechnik, die den Kindern auf ihrem weiteren Lebensweg als Werkzeuge mit an die Hand gegeben werden sollen. In dieser Polis muß Kooperation die Grundlage bilden, man muß erfahren warum in einer Gemeinschaft Arbeitsteilung, Arbeitsverträge, und Arbeitsdisziplin einzuhalten sind und diese auch praktisch umsetzten und erfahren. Die bis zum diesem Zeitpunkt angeführten Thesen lassen sich unter den drei sogenannten „R“ zusammen fassen. Ursprünglich kommen diese drei „R`s“ aus Amerika, wo sie den Worten „reading, writing, arithmetic“ zugeordnet werden, wobei nur „reading“ mit dem Buchstaben „R“ beginnt. Ins deutsche übertragen, besteht ein engerer Zusammenhang zwischen den Begriffen und den „R`s“: Reviere bilden, Regeln machen, Rituale einhalten. Diese kurzen, prägnanten Aussagen bringen noch einmal die Forderungen der ersten drei Thesen auf den Punkt. Ist die Schule zu einem Lebensraum geworden, wie es die vorherigen Thesen beschreiben, so muß sich laut These vier der ganze Mensch in ihr entfalten können. Es soll versucht werden, „soviel Belehrung wie möglich durch Erfahrung zu ersetzen oder doch durch Erfahrung zu ergänzen:“ (HENTIG, 1993)

Ein Schlagwort, das dies ausdrücken könnten, ist das „ganzheitliche Lernen“. In diesem Begriff verankert ist, daß die Schüler mit allen Sinnen lernen soll. Es sollen Defizite, die in der Regelschule immer deutlicher werden aufgegriffen und verbessert werden. Zu diesen Defiziten zählen: - der Verlust von sinnlicher Erfahrung zugunsten von Theorie - der Verlust von Zusammenhang und Sinn zugunsten von Funktionalität - der Verlust von Verantwortung zugunsten von Ressort- Zuständigkeit - der Verlust von Verstehen zugunsten von gespeichertem Wissen - der Verlust von Unmittelbarkeit zugunsten von Ver-Mitteilung, also von „Mediatisierung“ Die Schüler müssen zu Beginn ihrer Schulzeit zunächst einmal ihre kleine Welt mit den Schulalltag bringen dürfen. Sie dürfen nicht von Anfang gezwungen werden, sich den vorgeschriebenen Regeln einer Regelschule beugen zu müssen, in dem sie z.B. von heut auf morgen ruhig auf einem Stuhl sitzen und aufmerksam dem Unterricht folgen müssen. Vielmehr sollen die Schüler zunächst einmal ermutigt werden durch die Betätigung all ihrer Sinne erste Erfahrungen im Schulalltag zu sammeln. Umsetzbar ist dies durch Bewegungen auf einem Bauspielplatz, musizieren und erproben des künstlerischen Bereichs. Die Schüler sollen neben Erfolgserlebnissen auch Fehler machen dürfen. Die Fehler gehören zum Lernen und dürfen ein Kind zu keiner Zeit entmutigen.
In These fünf wird von einer Brücke gesprochen, die zwischen der Familie und der Schule geschlagen wird. Die Brücke stellt im Grunde den Weg zwischen dem Kleinkind und der behüteten Welt der Familie und der zukünftigen großen Welt von Ausbildung, Beruf, Verbraucher, Verkehr und Informationssystemen dar. Auf diesem Weg soll diese Schule das Kind begleiten und in seinen Neigungen und Begabungen fördern. Auch wenn dieser Weg behutsam beschritten werden soll, so darf die Schule trotz allem kein Schonraum sein, sie muß aber auch verhindern, daß die Realität mit voller Wucht auf das Kind einschlägt. „Für alles muß sie die Schüler wappnen und wird es am besten tun, wenn sie deutlich gestuft ist – keine Rampe, sondern eine Folge von aufsteigenden Ebenen.“ (HENTIG, 1993)
Das Kind muß Schritt für Schritt ins Leben begleitet werden, so läßt sich diese These wohl zusammenfassen. Wichtige Bausteine, um zum Erfolg zu gelangen sind dabei: - der Umgang von Menschen mit Menschen - der Umgang mit Sachen: beobachtend, messend, experimentierend - der Umgang mit Sachen: erfindend, gestaltend, spielend - der Umgang mit dem eigenen Körper - der Umgang mit Gesprochenem, Geschriebenen, Gedachtem Erscheinen dem ein oder anderen diese Thesen nun zu „Schul- und Wirklichkeitsfremd“ so versucht v. Hentig dies in seiner sechsten These zu erklären. Die Schule ist nach wie vor ein Ort, an dem wichtige Kenntnisse erworben, Fähigkeiten entwickelt und geübt, Vorstellungen geordnet werden. Die Schüler sollen auf ein Leben danach vorbereitet werden, jedoch versucht er die Menschen in seiner Schule stärker als die Sache zu sehen.

Diese Aussage versuchte er durch eine mehrgliedrige Begründung:

1. Man geht nur zu dieser „Lebenschule“, wenn man sich davon erhofft etwas besonderes zu lernen, etwas, das man nicht irgendwo mal eben aufschnappen kann.
2. In dieser Schule soll neben dem geistigen auch das pragmatische, ästhetische und spirituelle gelernt werden.
3. Man bekommt ein philosophisches und freies Verhältnis zur Wissenschaft.
4. „Die Wissenschaften haben die Welt chiffriert; ohne Kenntnis der Chiffren verstehen wir die Vorgänge nicht.“ HENTIG, 1993)
5. Ohne Kenntnis wird die Naturwissenschaft falsch eingeschätzt, wir erlernen die Selbstkorrektur nicht.
6. Sachgebiete, in denen das Wissen gegliedert ist, müssen in der Schule gelernt werden
7. „ Die Bildung, die die Schule geben kann, ist eine Antwort auf einige schlechten Nachrichten und schwierigen Veränderungen.“

5. Fazit:

Diese Arbeit sollte einen Überblick über die Entwicklung der Schule und des Körpers in den letzen 100 bis 110 Jahren geben. Erfreulicherweise kann man sicherlich eine positive Entwicklung feststellen. Waren die Schüler zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch voll und ganz von der Autorität des Lehrers unterdrückt, so ist das Leben dank der reformpädagogischen Ansätze sowohl für den Lehrer als auch für den Schüler wesentlich einfacher und entspannter in der Schule geworden. Im Laufe der Jahre hat sich die Schule zu einem Lebensraum für den Schüler entwickelt. Der Lehrer hat die Rolle des Begleiters übernommen. Schüler können sich frei äußern haben Mitspracherecht. Von der Disziplinierungsanstalt sind wir Gott sei Dank weit entfernt. Ob sich die Forderungen von v. Hentig in den nächsten Jahren in die Realität des Regelschulalltags umsetzten lassen, bleibt abzuwarten und vermag ich an dieser Stelle nicht zu beurteilen. Meiner Meinung nach sind in diesen Forderungen gute Ansätze zu finden, die den Schulalltag der Kinder bereichern würden.

6. Literatur:

-GRÜNZEL, W.; LAGING, R. (HRSG.): Neues Taschenbuch des Sportunterricht Hohengehren, 1999
-HENTIG, H. von: Die Schule neu denken München 1993
-MATTHIAS, A.: Praktische Pädagogik für höhere Lehranstalten München, 1895
-PROHL, R.: Grundriß der Sportpädagogik, Wiebelsheim, 1999
-RUMPF, H. Die übergangene Sinnlichkeit München, 1981

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5. Anhang:

 

Gliederung:

1. Feststellung der Schulreife

2. Das Kieler Einschulungsverfahren

 

1.Feststellung der Schulreife

RdErl. vom 12. Dezember 1985 (NBl. KM. Schl.-H. 1986 S. 2)

Gemäß § 2 Abs. 2 der Grundschulordnung beurteilt der Schulleiter, ob die schulpflichtig werdenden und die für eine vorzeitige Aufnahme angemeldeten Kinder geistig, körperlich und seelisch genügend entwickelt sind, um mit Erfolg am Unterricht der Grundschule teilzunehmen.

1. Kieler Einschulungsverfahren
Aufgrund neuerer Erkenntnisse wurde ein Verfahren zur Feststellung der Schulreife entwickelt, das
- neben dem kognitiven auch den sozialen, emotionalen und motorischen Entwicklungsstand sowie die Arbeitsbereitschaft des Kindes erfaßt,

- den Anforderungen der Grundschulordnung entspricht, die zur Feststellung der Schulreife auch die Beobachtung des Lern- und Sozialverhaltens verlangt,

- dem Schulleiter und den Lehrkräften ermöglicht, ihre Erfahrungen aus dem Unterricht mit Schulanfängern einzubringen,

-eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherstellt; in der Vergangenheit hat sich eine zu große Spannweite bei Zurückstellungen der Schulanfänger zwischen verschiedenen Grundschulen in einem Schuljahr ergeben.

Mit der Entwicklung eines solchen Einschulungsverfahrens beauftragte das Kultusministerium einige Schulpsychologen. Sie haben in Zusammenarbeit mit Schulleitern und Lehrkräften nach vierjähriger Erprobung und Weiterentwicklung an insgesamt 16 schleswig-holsteinischen Grundschulen jetzt ein Verfahren erarbeitet.
Es ist beim Beltz-Verlag (Weinheim) unter der Bezeichnung "Kieler Einschulungsverfahren" für die Erstausstattung zum Preis von 74,- DM zu beziehen. Es umfaßt einen Ordner mit ausführlicher Anleitung, Beobachtungs- und Auswertungsbögen sowie Material für die Durchführung (bei 30 Kindern). Das Verfahren gliedert sich in drei Teile:

1.1 Ein Leitfaden für das Gespräch mit den Eltern, das im Beisein des Kindes oder allein mit den Eltern vom Schulleiter geführt wird.

1.2 Ein Unterrichtsspiel: Eine kleine Gruppe von Schulanfängern (maximal 6 Kinder) wird von einer Lehrkraft "unterrichtet" während eine zweite Lehrkraft das Lern- und Sozialverhalten der Kinder beobachtet. Der Unterricht ist so gestaltet, daß die sozialen Fertigkeiten, die Ansprechbarkeit in der Gruppe, die Konzentrationsfähigkeit, die Arbeitsbereitschaft und der motorische Entwicklungsstand mit erfaßt und gleichzeitig auch die kognitiven Lernausgangslagen des einzelnen Kindes deutlich werden. Vorgefertigte Beobachtungsbögen mit Bewertungshinweisen erhöhen die Beobachtungsgenauigkeit und erleichtern den Lehrkräften die Beurteilung.

1.3 Eine Einzeluntersuchung: Sie sollte nur noch durchgeführt werden, wenn nach dem Unterrichtsspiel die Entscheidung über die Schulreife unklar ist.

In diesem Verfahren wird die Schulreife nicht - wie z. B. bei der Vielzahl der älteren Schulreifetests - durch Addieren aller Punkte abgelesen. Vielmehr muß der Schulleiter - ggf. in Abstimmung mit den das Verfahren durchführenden Lehrkräften - aufgrund aller Beobachtungen und der in einer Gesamtauswertung übersichtlich dargestellten Stärken und Schwächen des Kindes über die Schulreife selbst entscheiden.

2. Empfehlung Die bisherigen Erfahrungen an den Grundschulen haben gezeigt, daß das Kieler Einschulungsverfahren eine Reihe von Vorteilen aufweist:

- Das Unterrichtsspiel in der äußeren Form von Unterricht weckt bei den Kindern viel Freude und Interesse am künftigen Besuch dieser Schule und ist damit eine sehr gute Vorbereitung auf den Schulanfang.

- Das Beobachten der Kinder im Unterrichtsspiel trainiert die Lehrkräfte insbesondere in der Einzelbeobachtung von Schülern; sie ist z. B. eine wesentliche Voraussetzung für die Differenzierung im Grundschulunterricht.

- Die Einzelbeobachtungen aus dem Einschulungsverfahren sind eine Hilfe für die schnelle und gezielte Einleitung von Förderungsmaßnahmen der Lehrkräfte des 1. Schuljahres.

- Bei einer Zurückstellung vom Schulbesuch sind die Einzelbeobachtungen eine sehr gute Grundlage für die Arbeit im Schulkindergarten. Sie sind daher in den unter Ziffer 6.4 des neuen Lehrplanes für den Schulkindergarten vorgeschriebenen Entwicklungsbericht einzutragen.

Aus allen vorstehenden Gründen wird daher hiermit das "Kieler Einschulungsverfahren" als Verfahren zur Feststellung der Schulreife nach § 46 SchulG zugelassen und den Schulen zur Anwendung empfohlen. Bei der Anwendung des Verfahrens kann der Schulleiter entscheiden,

- ob alle oder einzelne Teile des Verfahrens eingesetzt werden,

- ob alle Kinder oder nur bestimmte Gruppen - (z. B. Kinder, die nicht im Kindergarten oder im Schulkindergarten waren) - nach diesem Verfahren beobachtet werden.

Für die Durchführung der Einzeluntersuchung ist die Zustimmung der Eltern erforderlich.

Einführungsveranstaltungen durch das IPTS

Der Einsatz des Kieler Einschulungsverfahrens sollte jedoch erst erfolgen, nachdem zumindest der Schulleiter an einer Einführungsveranstaltung des IPTS teilgenommen hat. Deshalb werden die IPTS-Seminare für Grund- und Hauptschulen regionale Fortbildungsveranstaltungen anbieten:

- Im Februar 1986 werden die Schulleiter in das gesamte Verfahren eingeführt, um mit der Handhabung der einzelnen Teile vertraut zu werden und die pädagogischen und psychologischen Möglichkeiten des Verfahrens sinnvoll nutzen zu können.

- Im März 1986 werden die durchführenden Lehrkräfte (möglichst aus den zukünftigen ersten Klassen) bzw. Schulleiter insbesondere in das Unterrichtsspiel eingeführt, wobei der Schwerpunkt auf Beobachtungsschulung liegt. Referenten bei den Fortbildungsveranstaltungen werden Vertreter
des Kultusministeriums, die Autoren des "Kieler Einschulungsverfahrens", Schulleiter (die an der Erprobung des Verfahrens selbst mitgearbeitet haben) sowie regional zuständige Schulpsychologen sein. Die Einladungen zu den Veranstaltungen werden vom IPTS den Schulen direkt zugeschickt.

4. Ärztliche Untersuchungen

Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 der Grundschulordnung soll der Schulleiter in seine Entscheidungen über die Schulreife auch das Ergebnis der schulärztlichen Untersuchung einbeziehen. Es wird bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, daß die Ergebnisse der schulärztlichen Untersuchung - die vor Beginn des Besuchs der Grundschule erfolgt und die Schulreife aus ärztlicher Sicht beurteilen soll - nach § 3 Abs.? der Verordnung über schulärztliche Aufgaben den Eltern und der Schule ausschließlich auf dem vorgeschriebenen Vordruck mitgeteilt werden kann. Dieser Vordruck ist im Nachrichtenblatt des Kultusministers 1985 S. 149 abgedruckt. Mündliche Äußerungen des Schularztes bei der Untersuchung sind unverbindliche Vorausmitteilungen. Der Schulleiter ist dafür verantwortlich, daß die so mitgeteilten Ergebnisse der schulärztlichen Untersuchung auch den Klassenlehrer erreichen und bei Zurückstellungen zu dem Entwicklungsbericht des Schulkindergartens kommen.

(Quelle: http://www.schulrecht-sh.de/)


 

2.Das Kieler Einschulungsverfahren:

Ein Verfahren, das eine Entscheidungshilfe darstellen soll bei der Frage, ob ein Kind schulfähig ist oder eher noch zurückgestellt werden sollte.

Gesamtkonzept:

Alle an der Entscheidung beteiligten Partner und Stellen sollen mitwirken

· die Eltern des Kindes werden befragt
· die Empfehlung der Kooperationslehrerin und der Erzieherinnen aus dem Kindergarten werden eingeholt
· das Kind und die Eltern besuchen den Schulleiter
· wenn dieses Gespräche keine eindeutige Entscheidung ermöglichen, wird die Teilnahme am Unterrichtsspiel des Kieler Einschulungsverfahren empfohlen

bietet auch dies keine eindeutige Entscheidung, kann noch die Einzeluntersuchung des Kieler Einschulungsverfahren angewendet werden

Das Konzept des Unterrichtsspiels:

In Analysen zur Einschulungsdiagnostik haben sich außer dem

· kognitiven auch
· der soziale,
· der emotionale
· und der motivationale Entwicklungsstand als bedeutsam erwiesen. Diesen Erkenntnissen trägt das Unterrichtsspiel in hohem Maße Rechnung.

Der kognitive Bereich gliedert sich in die Einzelbereiche

· Wahrnehmung
Gliederungsfähigkeit, Formwiedergabe, Rechts-Links-Orientierung
· Mengen
Mengen vergleichen, Mengen ordnen, Mengen simultan erfassen
· Denkfähigkeit
Erfassen des Handlungsablaufes in einer Bildergeschichte
· Sprache
Sprechverhalten (Artikulation, Sprachfluss, Satzbau, Grammatik) und Sprachverhalten (Ausdrucksfähigkeit)
· Gedächtnis
Material (figural und verbal, anschauungsgebunden und sinnvoll zusammenhängend)
Sinneswahrnehmung (visuell und akustisch)
Dauer (mittelfristig)

Motorik
Feinmotorik und allgemeine Motorik

Der motivationale Bereich umfasst folgende Paradigmen

· Anstrengungsbereitschaft

ergänzt durch das Elterngespräch und Beobachtungen zur

· Selbstständigkeit
· Reaktion auf Erfolg und Misserfolg sowie Bewertung der eigenen Leistung

Die soziale Kompetenz zeigt sich, wie das Kind sich verhält bei

· Kontaktaufnahme zu Kindern
· Kontaktaufnahme zu Lehrer/innen

Arbeiten in der Kleingruppe
fühlt sich angesprochen oder braucht eine extra „Einladung",
kann abwarten, bis er/ es an der Reihe ist,
kann Regeln einhalten

Nicht ganz so einfach einzuschätzen ist der emotionale Bereich dazu gehören

· Leistungsangst
(ängstliche zittrige Stimme, zögerliches Arbeiten)

soziale Angst
(trennt sich schwer von der Mama, heult ständig ...)

Die Einzeluntersuchung:

Die Einzeluntersuchung wird von der Beratungslehrerin durchgeführt, wenn das Unterrichtsspiel im kognitiven Bereich zu wenig Aufschluss gibt. Es empfiehlt sich außerdem, wenn das Kind noch nicht genügend deutsche Sprachkenntnisse hat. Im Einzelfall kann ein Dolmetscher hinzugezogen werden.

· Wahrnehmung
Formauffassung, detailbeachtende Wahrnehmung
· Mengen
simultanes Mengen erfassen, Mengen herstellen · Denkfähigkeit
Erfassen von Sinnzusammenhängen, Erkennen eines fehlenden Teils und Kenntnis von Farben und Formen
· Sprache
Sprech- und Sprachverhalten
· Gedächtnis
Material ( verbal und mechanisch, sinnhaft)
Sinneswahrnehmung (akustisch)
Dauer (unmittelbar bis mittelfristig)

Motorik
Feinmotorik und allgemeine Motorik

Die Durchführung des Unterrichtsspiels:

Das Unterrichtsspiel soll als Gruppenverfahren durchgeführt werden. Als empfehlenswert erwiesen sich Gruppenstärken von vier bis maximal sechs Kindern. Man benötigt eine Spielleitung und für die Beobachtung jeweils eine Person für zwei Kinder. Unerfahrene Beobachter sollten möglichst nur ein Kind beobachten müssen. Zur Vorbereitung sollte beachtet werden

· Gruppenverfahren für vier bis sechs Kinder
· jeweils für zwei Kinder einen Beobachter
· einen Raum, möglichst ein Klassenzimmer, das zuvor entsprechend hergerichtet werden kann
einen Gruppentisch, an dem alle Kinder Platz nehmen können,
eine Tischgruppe für das „Baugelände",
jeweils eine Tischgruppe für die Paaraufgaben (Geschichte erzählen),
einen 3 m langen Tesastreifen auf dem Boden,
Wandbilder anbringen,
Platz für ein Ballspiel,
· Kinder so weit auseinander setzen, dass sie nicht beim Nachbarn abschauen können (speziell beim Mengen erfassen)
· genügend Zeit
es sind 75 Minuten vorgesehen (diese genügen dann, wenn alle Kinder pünktlich erscheinen, deshalb unbedingt die Kinder etwas früher bestellen und gegebenenfalls noch ein Spiel machen oder eine Geschichte vorlesen)
· für alle Kinder das gleiche Stiftmäppchen, sonst können unvorhergesehene Probleme auftauchen
· die Beobachtungsbogen unbedingt vergrößern, da sonst der Platz für kurze Notizen nicht ausreicht
· einen brauchbaren Ball, ein Stofftier und genügend Ersatzblätter
· Scheren, dabei bitte unbedingt darauf achten, dass ein Angebot von Linkshänderscheren vorhanden ist.

genügend Papier oder Vorlagen, falls ein Kind einen Fehler macht und es neu beginnen will (sonst kann es ungewollte Tränen geben)

möglichst gleich nach der Durchführung mit den Beobachterinnen auswerten, da sonst die Personen nicht mehr greifbar oder die Beobachtungen schon zu weit weg sind

Literaturangaben: Das Kieler Einschulungsverfahren:
Sigrun Fröse, Ruth Mölders und Wiebke Wallrodt, Beltz Verlag, Neuausgabe 1996

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