Michael Lütge                                                                                                                     März 2025

Auf dem Wege zu einer pneumatologischen Schöpfungslehre

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Inkarnation

Es heißt eigentlich Ein-Fleischung, Fleischwerdung. Fleisch ist das, was wir noch immer zu oft auf unseren Tellern haben und wofür Millionen Tiere gequält und getötet werden. Wir alle sind Fleisch. Und alles Lebendige ist Fleisch. Fleisch besteht zum größten Teil aus dem Muskelgewebe eines Tieres. Das Muskelgewebe der meisten Tiere besteht zu 75 % aus Wasser, zu 20 % aus Protein (Aminosäuren) und zu 5 % aus Fett, Kohlenhydraten sowie einer Vielzahl von Vitaminen und Mineralstoffen. Ich möchte den Begriff hier biblisch ausweiten auf alles Material der lebendigen Körper. Wenn alles Fleisch wie Gras ist (Jesaja 40,6), auf Zeitlichkeit und deshalb Selbstvermehrung angelegt, könnte man auch die Flora zur Fauna hinzunehmen und die zahllosen strukturellen Ähnlichkeiten betrachten; hier soll es nur um das nichtpflanzliche Leben gehen.

Die Geschichte der Entwicklung des Lebens aus makromolekularen Strukturen[1] über einzellige Protozoen wie Amöben zu Wirbeltieren wie dem Menschen, zeigt die fortschreitende Diversifikation des Fleisches in Organe zum Stoffwechsel, den alles Lebendige braucht, um sich zu erhalten. Der intraorganismische Lebensprozeß ist eine beständige biochemische Kommunikation von Zellen miteinander. Hormone werden ausgeschüttet als Trigger für bestimmte Funktionen anderer Zellen oder Organe. Dazu kommen später Ganglien, die über neuronale Netzwerke elektrische Reize zum Triggern von Organgruppen und muskulären Strukturen senden. Die Koordination zwischen diesen Strukturen erfolgt über Nervenzellen, die ein komplexes neuronales System mit Ganglien und einem Kopf mit Hirn, Augen, Ohren und Mund und Nasen als den Einlaßstellen für Sauerstoff und Feststoffe als Nahrungsmittel bilden. Der Stoffwechsel wird durch Muskeln und Sehnen innerhalb einer gebildeten Körpergrenze, später zu einem Hautsack oder Panzer bewerkstelligt.

Noch später ist die Fortbewegung für diesen Stoffwechsel, für die Nahrungsaufnahme eine weitere organismische Erfindung. Dazu bilden die Körper Glieder mit festen Strukturen aus, Gräten, Knochen, Gelenke, Zähne, Hörner. Gleichzeitig bildet sich ein Verdauungskanal mit Organen, die die Nahrung chemisch aufbereiten und ihr lebenswichtige Stoffe entziehen und über einen internen Blutkreislauf in die Zellen transportieren. eine Auslaßstelle für die Nahrungsmittel nach ihrer Verwertung in den Organen im Körperinnern.

Dazu kommen noch Apparaturen für die Fortpflanzung, die Zellteilung der Protozoen wird immer komplexer und raffinierter zwecks Mehrung des Lebewesens. Dazu werden kleine Kopien im Körperinnern gebildet, die ausgeschieden werden und sich durch Wachstum entwickeln zu baugleichen Lebewesen. Ihr genetischer Code als Doppelhelix ist der engrammierte Bauplan für die Entwicklung eines Wesen über seine gesamte Lebenszeit.

Es entstehen Arten und Gattungen, die in einem Jahrmillionen dauernden Prozess sich den jeweiligen Umweltbedingungen anpassen und so verändern, daß neue Gattungswesen entstehen, die noch besser den Stoffwechsel mit ihrer aktuellen Umwelt betreiben können. Diese Selbstveränderung mit dem Ziel, das eigene Leben und das der eigenen Gattung zu verbessern, den äußeren Gegebenheiten optimal anzupassen, wird immer mehr gesteuert von dem komplexen Nervensystem. Das Hirn diversifiziert sich beständig, aber auch alle anderen Organe und Körperteile entwickeln sich mit zu wachsender Komplexität. Diese Komplexität lebt von und in dem beständigen Austausch von Informationen innerhalb und außerhalb des Organismus. Lange vor jeder Sprachentwicklung gab es bereits diese interne Form der intraorganismischen Kommunikation nach einer hochentwickelten Logik und Vernunft.

Gattungsgeschichte ist immer eine Lerngeschichte, in der die Erfahrungen im Stoffwechsel mit der Natur und der Vernetzung der Wesen untereinander in die Erbinformationen eingespeichert werden. Das ist quasi die praktische Vernunft der Lebewesen, die Weisheit der Organismen, die später als Instinkt das Verhalten der Lebewesen bestimmt wie ein Programm, welches den genetischen Fundus als Basis reformiert mit aktueller Erfahrung im Naturumgang und ihn als Code in Samen und Eizellen leicht modifiziert weitergibt.

Dieser sich über Jahrmillionen erstreckende Prozeß des Wachstums der Genetik durch Gattungserfahrungen zur Optimierung des Lebens der Gattung wird mehr und mehr zu einem kollektiven Lernprozeß der Gattung in Replikation, Mutation und natürlicher Selektion. In sich entwickelnden Systemen absorbieren sich langsamer verändernde Ebenen während des Lernens Informationen von sich schneller verändernden Ebenen und geben diese Informationen an die schnelleren Ebenen weiter, um den Zustand der Umgebung und des Systems selbst vorherzusagen. Diese Vorschau des Kommenden, etwa eines Regens, einer Überschwemmung, eines Feuers, eines Hurrikans, einer Dürre ist überlebenswichtiges Wissen für jedes Tier. Komplexere Evolutionsphänomene wie Entstehung des Lebens können als thermodynamische Grenzfälle beschrieben werden. Leben ist Lernen mit Versuch und Irrtum und Verlust- (Fitness-)Funktionen. Die Tiere fressen Pflanzen oder andere Tierarten in einem Gleichgewicht ökologischer Populationen. Fast könnte man sagen, der Sinn vieler Tierarten ist nicht Glück oder Selbstverwirklichung, sondern das Gefressenwerden von anderen, meist stärkeren Tieren. So wird eine Übervölkerung gebremst. In diesem ökologischen Gesamtsetting der Natur findet also für viele Lebewesen ein beständiger Kampf ums Dasein statt, sowohl innerhalb der Gattung um Nahrung und die Begattung der Damen als auch zwischen den Gattungen um Lebensraum, Nahrung und das Gefressenwerden. Dies ist das Grundprinzip des ökologischen Gleichgewichts.[2] Und auch in diesem Gleichgewicht der Ökologie waltet eine wunderbare Vernunft, die lange Zeit von der angeblichen Vernunft der Menschen nicht erkannt wurde.

Die Übereinstimmung zwischen Lernprozessen und biologischer Evolution ist nur eine Gestaltungsform der tiefen Einheit der im Universum stattfindenden Evolutionsprozesse. Der Zeitpunkt, an dem das Leben beginnt, offenbart eine bestimmten Klasse sich langsam ändernder Variablen, die genau repliziert werden können; diese digitalen Variablen speichern und liefern Informationen für die Vorwärtsausbreitung, um den Zustand der Umwelt vorherzusagen. Biologisch entspricht dieser Augenblick dem Aufkommen von Replikatoren (Genomen), die Informationen über die Funktionsweise der Reproduziergeräte enthalten, in denen sie sich befinden. Damit beginnt die darwinistische Selektion.

Wenn Wesen sich nicht an ihre Umwelt anpassen können, sterben sie aus. Wenn wir durch Industrie, Heizen und Verkehr das Ozon der Atmosphäre mit CO2 schädigen und so die Erderwärmung drastisch steigern, sterben täglich tausende von Tierarten aus. In diesem Fall haben sich nicht die Tiere falsch angepaßt, sondern die Menschen der reichen Industrienationen haben einen fatalen Irrtum begangen, der irreversibel werden wird. Statt in Ökologie wird nun wieder mit 800 Milliarden Euro in europäische Rüstung investiert.

Es bildet sich im Lernprozeß der Lebewesen in einer präverbalen Form von Leben eine komplexe Urform von Vernunft aus, ein Sinn, der jedes Verhalten auf ein gutes Leben von Individuum und Gattung gleichermaßen intendieren läßt. Der Sinn, das Ziel des Lebens ist seine möglichst lange Fortsetzung und Vermehrung, beim Menschen später mythisch überhöht durch Phantasmata der Ewigkeit. Diese elementare Sinn des Überlebens bestimmt jede Gattung und jedes Lebewesen. Darin ist die Logik des Lebens eingeschrieben. Ein Teil dieser Logik ist die Nahrungsaufnahme und deren Vorbereitung etwa durch Jagen oder Pflanzen sammeln. Darwins Sieg des Stärkeren (survival of the fittest), das Fitness-Kriterium ist bei der Selektion zentral. Wir haben es immer mit einer doppelten Kommunikation zu tun: der intraorganismischen hochkomplexen Vergeistigung und der sozialen Kommunikation über auch immer komplexer werdende Verständigungssysteme über Gerüche, Laute, Gesten, Blicke und andere Elemente der Körpersprache. Der Geist, der in der Amöbe seine erste Arbeit begann, ist mit dem Vermögen der Körper mitgewachsen. Er ist und bleibt eine Funktion der Körper im Kampf ums Überleben. Man könnte von einer primären Ebene des Geistes in der intraorganismischen Entwicklung sprechen, die schon früh begleitet wurde von der sozialen interorganismischen Entwicklung der Arten. Die soziale sehen wir häufig als das Hauptfeld des Geistes, während uns die Medizin zeigt, welche Relevanz die intraorganismische Kommunikation des Geistes hat. Inkarnation ist darum eine Fleischesangelegenheit und erst sekundär ein Zwischenfleisches-Angelegenheit. Alle Sozialität gründet in der Kraft und Fähigkeit teilnehmender Wesen. Sie haben immer schon gemerkt, daß sie gemeinsam stärker sind. Fitness ist nicht nur Kraft eines Einzelwesens.

Neben dem Platzhirsch-Kriterium der besten Gene zeigt sich eben, daß das am besten sozial vernetzte Tier gewinnt. Helfersysteme und Eusozialität zeigen die indirekte Fitness: Bei mehr als 200 Vogelarten und etwa 120 Säugerarten findet man soziale Strukturen, bei denen ein Teil auf eine eigene Reproduktion verzichtet und stattdessen verwandte Artgenossen bei deren Reproduktion unterstützt, womit sie ebenso zur Reproduktion ihrer eigenen Gene beitragen.

Diese „indirekte Fitness“ basiert auf Verständigung mit der Gattungsgemeinschaft, etwa um den Naturstoffwechsel gemeinsam erfolgreicher zu gestalten. Er ist wie eine Sprache strukturiert. Dabei ist sensomotorischer Austausch das Medium der Verständigung, Gesten, Laute, Gerüche und vieles mehr, was wir bislang noch nicht erforscht haben. Hier formen sich die dann auch genetisch weitergegebenen Formen der Kommunikation, ja sogar die Formen der Anschauung und Bewertung. Tiere bewerten jede Situation, reagieren auf Gefahren oder Nahrungs- und Paarungsmöglichkeiten sehr differenziert nach alten Rezepten ihrer Instinktbasis und sozialen Schulung.

Das ist soziale Form der Inkarnation: die Einfleischung des durch das Kollektiv erworbenen Wissens und Verhaltens in Erbinformationen und ihre Weitervermittlung im „Genpool“, im genetischen Code, der fortwährend durch Neuaufnahme von Allelen oder Neukombination ganzer Chromosomen rekombiniert wird. Es ist quasi eine Epochenschwelle in der Entstehung des Geistes, wo sowohl die Form des Körperlichen als auch sein Verhaltensrepertoire schon dem Nachwuchs in die Krippe gelegt wird. Der Geist wächst in dieser natürlichen Zucht quasi aus dem Verhalten der Lebewesen heraus. Der Geist entsteht im Wechselspiel der Lebewesen im gemeinsamen Arbeiten für das eigene Überleben in der potenziell immer bedrohlichen Umwelt. Der Geist ist eine Arbeit der Selbsterhaltung im Überlebenskampf. Der Geist ist eine Arbeit des Fleisches. Er ist noch kein Selbstbewußtsein, sondern das hochkomplexe System einer Logik der Anpassung an die Umwelt und Reproduktion und Modulation des genetischen Erbes in der Mehrung.

Schon bevor überhaupt Sprache entstand, hat es über Millionen von Jahren Vorformen der Kommunikation gegeben. Unsere Religionen und Kulturen sind extrem späte Ausuferungen des Geistes, der eigentlich schon von der Klugheit der Amöbe an das Leben prägte. Hier könnte man handelseinig werden mit Genesis 1,2, woרוַּח אֱלֹהִים  (ruach elohim) als Geist Gottes über dem Wasser schwebt und so die ersten Geschöpfe durchdringt als Atemwind, präziser: als Prinzip des Austauschs zwischen Zelle und Umgebung, sei es als Sauerstoffzufuhr oder Nahrungsaufnahme und –abgabe. So bläst der Töpfergott Adam das Leben ein als Mund-zu-Mund-Austausch. So darf man auch Joh 1 verstehen, wo im Anfang der Logos war, anspielend auf Gen 1. Zunächst ist der Geist also eine makromolekulare Struktur, die ein Eigenleben zu führen beginnt und dabei zu einer Zelle mutiert, zum Protozon. Jeder Mensch ist von Milliarden solcher Einzeller bevölkert und durchdrungen und kann von ihnen gefördert oder vernichtet werden.

Dabei ist die Frage, ob erst der Geist war und dann makromolekulare Strukturen und aus beider Zusammentreffen Amöben entstanden, so theologisch und deshalb unerheblich wie die kuriose Diskussion um das im Genfer CERN verifizierte Higgsboson, welches zum Zusammenschluß der Quarks zu Materie verhilft und so quasi der Materieklebstoff des Urknalls war und deshalb der Kern „göttlicher Schöpfungskraft“. Die Kosmogenese läuft jedenfalls ebenso evolutiv nach astrophysikalisch erkennbaren Gesetzen ab wie die Genese des Lebens. Dabei gibt es in der Evolution des Lebens die traurige Tatsache, daß die eine Tierart Nahrungsquelle einer stärkeren ist und ihr Leben oft sehr schnell durch ein anderes Tier beendet wird, was sich davon ernährt. Hier ist ein hochkomplexes ökologisches Gleichgewicht entstanden von Fortpflanzung einer Population in einem bestimmten Raum und der Vernichtung durch fressende Tiere anderer Arten. Es findet ein ständiger Kampf ums Dasein statt. Die Menschheit hat es durch technische Hilfsmittel geschafft, von stärkeren Lebenwesen normalerweise nicht gefressen zu werden.

Die kollektive Anpassung an die Umweltbedingungen basieren dabei auf genetischen Instinktmomenten und Erziehung, also dem genetisch aus Gattungslernen gespeicherten “Wissen” und unmittelbarem Lernen im Leben. Beides kombiniert fließt dann wieder in die genetische Weitergabe durch Chromosomen in Ei und Sperma ein. Dem individuellen Lernen des Einzeltieres geht zunächst die über Jahrmillionen entwickelte Lerngeschichte des Lebens überhaupt von der Amöbe bis zur jeweiligen Gattung voraus und kulminiert in der DNA beider Elternteile. Diese Informationen geben den Bauplan des Fötus in seiner uterinalen Entwicklung und bilden das Ergebnis des Gattungslernens ab und aus.

Das individuelle Lernen beginnt bereits im Mutterleib. Föten hören und reagieren auf Geräusche von Mutter in Umgebung, bekommen in ihrem Blut Stresshormone mit und lernen sie zuordnen zu Verhalten der Mutter. Säuglinge einer schwedisch-amerikanischen Studie hatten im Mutterleib „gelernt“, zwischen den beruhigenden Klängen der Muttersprache und den aufregenden Klängen einer Fremdsprache zu unterscheiden.[3] Eine Studie aus Padua zeigt, daß Babys bereits im Mutterleib durch die Muttersprache geprägt werden. Neugeborene, die zuletzt ihre Muttersprache hören, weisen spezifische EEG-Veränderungen auf, wenn sie aber “Fremdsprachen” hören, passiert dies nicht. Im Mutterleib entstehen also bereits bestimmte Anlagen für die sprachliche Entwicklung.[4]

Bezüglich eines theologisch behaupteten Gegensatzes von Geist und Materie nach dem Vorbild der iranischen Menok-Getik-Diastase muß deshalb festgestellt werden, daß Geist weder über der Materie schwebt noch vor ihr war, sondern das Entwicklungsprinzip der Leben lernenden Materie selbst ist und so nichts anderes als lernende Materie, die sich in einem Millionen Jahre andauernden Prozeß zu immer neuen Lebensformen diversifiziert. Dieser Lernprozeß der selbstorganisierenden Materie, dieses Lernen des Fleisches, ist eine Selbstentwicklung des Fleisches zu einem immer komplexeren Grad, der schließlich in Bewußtsein mündet, in Sprechen und all seine Vorstufen, die sich im Fötus wiederholen, was quasi die Gattungsgeschichte in einer Art Zeitraffer repliziert. Schon bevor der Fötus durch den Tunnel der Vagina in die Welt geworfen wird, erlebt er die Mutter als Urmeer und Kosmos und wird dann quasi „an Land gespült“.

Biblische Dimensionen von Fleischwerdung

Das Johannesevangelium 1.14 sagt: Καὶ ὁ λόγος σὰρξ ἐγένετο καὶ ἐσκήνωσεν ἐν ἡμῖν͵ also: Und die Vernunft wurde Fleisch und wohnte in uns. Damit ist dann Jesus gemeint, aber der Beginn des Evangeliums argumentiert kosmologisch: Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος͵ καὶ ὁ λόγος ἦν πρὸς τὸν θεόν͵ καὶ θεὸς ἦν ὁ λόγος. 1.2 οὗτος ἦν ἐν ἀρχῇ πρὸς τὸν θεόν. 1.3 πάντα δι΄ αὐτοῦ ἐγένετο͵ καὶ χωρὶς αὐτοῦ ἐγένετο οὐδὲ ἕν. ὃ γέγονεν 1.4 ἐν αὐτῷ ζωὴ ἦν͵ καὶ ἡ ζωὴ ἦν τὸ φῶς τῶν ἀνθρώπων· Anfangs war Vernunft, sie ist Gott, alles ist durch sie gemacht und ohne sie gibt es nichts. In ihr war das Leben und Leben war das Licht der Menschen.

Diese Vorstellung von Gott als Gründung von Leben durch die Fähigkeit des Lernens läßt sich durchaus transformieren in die Evolutionstheorie. Das Verhalten des Lernens ist die Basis der Entwicklung des Lebens. Logos als Vernunft und Logik ist genau das, was die Arbeit lebendiger Zellen ausmacht. Wie schnell sich etwa Coronaviren an neue Impfstoffe anpassen konnten, wie schnell überhaupt Viren gegen Antibiotika resistent werden, demonstriert für uns Menschen leidvoll die in ihnen waltende ihrem Überleben als Gattung dienende praktische Vernunft. Ihr Ziel ist Selbst- und Art-Erhaltung durch Optimierung der Anpassung an die jeweiligen Umweltgegebenheiten. Für unsere traditionelle Gottesvorstellung, die wir nach dem jüdischen Bilderverbot uns gar nicht machen sollten, bedeutet dies allerdings einen Schock. Gott ist keine Person, mit der ich sprechen kann, der Gebete erhört und menschliche Wünsche erfüllt. Er ist der lernende Geist in den Lebewesen, die allmählich zu immer mehr Bewußtsein und Wissen um die beste Art des Überlebens angesichts der Gefahren kommen, die ihnen ständig drohen.

Die Menschen der Industrieländer sind mit ihren technischen Problemlösungen dabei zu einer Bedrohung der gesamten Menschheit und Tierheit geworden. Sie haben sich der Natur angepaßt, indem sie diese kurzsichtig ausgebeutet haben und auf längere Sicht ihre eigene Zukunft verbockt haben. Es sieht düster aus mit der Zukunft der Erdwelt. Diese Finsternis spricht auch der Prolog des Johannesevangeliums an in einer Antike, in der die gegenseitige Vernichtung der Menschen zwar so grauenvoll war wie heute, aber die Umwelt noch nicht in einem irreversiblen Ausmaß mit in den Abgrund gerissen hat.

Das Gegenmodell gegen diesen fatalen Irrtum der menschlichen Selbstentfaltung auf Kosten der Mitgeschöpfe ist für Johannes der gute Hirte Jesus, der die Mühseligen und Beladenen, die Armen und gesellschaftlich Ausgegrenzten zur Geltung kommen läßt und das Prinzip der liebevollen Solidarität als die zielführende Form des Zusammenlebens lebt und predigt. Universalisierter Narzißmus bedeutet, daß das, was ich mir für mich wünsche, ich auch allen anderen zugestehe und dafür sorge, daß auch sie dazu die Möglichkeit bekommen. Diese Linie führt vom Doppelgebot Jesu, den Nächsten so zu lieben wie sich selbst, bis zu Kants kategorischem Imperativ. Altruismus, wo sich jemand opfert für die Sippe, ein Kollektiv, einen Clan, dient letztlich der Gesamtfitness und dem besseren Überleben dieser Gruppe.

Die Verklärung von Jesu Kreuzigung als Übernahme der Sünden der ganzen Menschheit ist Beispiel eines solchen Altruismus, den man reihenweise auch bei Selbstmordattentätern findet, abgemildert bei Nazisoldaten, die für den Führer mordeten und starben. Selbst hier gilt: nicht das stärkste Tier hat die besten Überlebenschancen, sondern das am besten vernetzte Tier, etwa der Offizier, der die Truppe ins Himmelfahrtkommando schickt. Die Gesamtfitness in der Biologie ist die Summe aus direkter und indirekter Fitness. Nicht also nur Kraft, sondern auch Vernetzung, sozialer Zusammenhalt sichern Überleben und sind deshalb beide Ziel und zugleich Mittel der Evolution. Und deshalb gibt es Herdentiere wie Bienen, Ameisen und Menschen, bei denen die größte Macht nicht in ihren Muskeln oder Chromosomen liegt, sondern in ihrer sozialen Kompetenz. Die biologische Struktur hat die Tiere so geformt, daß sie einander benötigen zum Überleben. Sie haben Triebe, die sie zueinander streben lassen. Der mächtigste ist der Sexualtrieb, der letztlich der Mehrung und Reproduktion der Gattung dient, aber auch ohne diese Funktion eine nicht zu unterschätzende Freude bereitet.

Die Liebe in all ihren erweiterten Gestaltungen bis hin zum seelsorgerlichen Gespräch der Atheistinnen ist so lebenswichtig wie das Essen. Dies gilt für Tiere genau wie für Menschen. Im Schöpfungsbericht Gen 2,24 steht: “Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden sein ein Fleisch.” Die tiefe Wahrheit der Liebe ist, daß nur durch diese Vereinigung zweier biologischer Körper die Fortpflanzung der Gattung möglich wird. Sie ist für das Überleben konstitutiv. Sie sind Fleisch wie eine Amöbe oder ein Schwein. Sie sind nichts besseres oder höheres als die anderen Tiere. Wir alle sind Tiere. Diese Demut und Befreiung bildet den verheißungsvollen Auftakt der Bibel.

Der Auftrag, sich die Erde untertan zu machen, also das Niedertrampeln (kabash) der Mitgeschöpfe Gen 1,28 (וּמִלְאוּ אֶת־הָאָרֶץ וְכִבְשֻׁהָ) entspricht dem brutalen Gehabe des stärksten Tieres der Evolution und hat zu den ökologischen Katastrophen geführt, deren Mehrung wir heute mit gekünsteltem Entsetzen verfolgen. Die Spuren eines vegetarischen Lebens am Anfang Gen 1,29f, wo alle Wesen vom Kraut essen und leben sollen, ist gegenüber dem Vers davor immer bravourös unterschlagen worden in der Theologie.

Der Geist der Evolution arbeitet mit alternden Tieren und ihren Lebensspannen. Das Gefressenwerden mit einer berauschenden Endorphin-Ausschüttung im Moment des Sterbens ist eine traurige und für das ökologische System insgesamt gesehen notwendige Form des Lebensendes. Verhungern oder im Waldbrand sterben sind fast schrecklicher. Der Tod von Elefanten auf ihren Friedhöfen als Ende fast unbesiegbarer Tiere oder der Tod von Walen an Stränden sind fast wünschenswerte Sterbeformen, alt und lebenssatt wie Hiob.

Gott in der Schöpfung ist kein Geist reiner Liebe, sondern eher janusgesichtig im Pakt mit dem Teufel, läßt sehr mitleidslos Tiere und Menschen über die Klinge springen. Man muß ihn fürchten und kann ihn nicht lieben. Diese Gottesfurcht durchzieht das Alte Testament. Die Gebote Jahwes wollen wenigstens gute Bedingungen für das Überleben der Menschen Israels schaffen, aber garantieren keinen Schalom und dauerhafte Verschonung von Kriegen im allgegenwärtigen Kampf ums Dasein. Gott ist so grausam wie eben die Evolution immer sein und bleiben wird. Deshalb unterschied die Gnosis, besonders Marcion, zwischen dem Schöpfer der Materie, dem Demiurgen, und dem Licht-Gott in uns. Nachdem die Menschheit die Natur vollständig unterworfen hat, um sich ein optimales Dasein im Kollektiv zu sichern, wird sie nunmehr verstärkt von den Folgen des hausgemachten Klimawandels heimgesucht. Die Sehnsucht nach einer Welt ohne Grausamkeit ist aussichtslos. Allein die Schlachthäuser für unsere Leckerbissen sind eine Schande der Menschheit. Auf diesem Boden entfalten wir trotzig und trotz alledem unsere Träume von Bewahrung der Schöpfung, Gerechtigkeit und Frieden und auch das ist eine Form des vorderhand grausamen Geistes Gottes, die sich mit Hilfe von Religionen und Wissensentwicklung aus der Angst vor dem stärksten Tier und seiner Vernichtungskraft entwickelt hat. Das menschliche Bewußtsein hat aus dem Kampf ums Überleben zugleich Ideen und Techniken seiner gemeinschaftlichen Organisation entfesselt, die früh bereits monarchische Sozialstrukturen als ineffizient kritisiert haben, weil dabei immer die Schwächsten leiden müssen. Auf dem globalisierten Weg zu einer Welt-Innen-Gesellschaft versucht die Menschheit momentan, Bedingungen für eine globale Gerechtigkeit auszuhandeln und umzusetzen. Wenn man Gesamtfitness der Evolutionstheorie als die Kombination von Stärke und sozialer Vernetzung versteht, gehört die Entwicklung von Gerechtigkeit und Frieden zur Optimierung der Menschheit im Kampf um ihr Überleben auf diesem Planeten. Der lernende Heilige Geist Gottes arbeitet in diesen politischen Gefilden an einer für alle lebenswerten Weltordnung. Auch Kirchen können dabei mitwirken und eine Lobby des Friedens bilden. Sie vertrauen aber lieber den Waffen.

Das Abendmahl als Fest der Verlorenen

 Die Verschränkung von Essen und Kommunikation als beides basale Überlebensstrategie findet sich in den Tischgemeinschaften Jesu mit Sündern, gesellschaftlich ausgegrenzten Menschen, im Abendmahl, was in Suppenküchen authentischer gefeiert wird als in sterilen Kirchenräumen. Eucharistie ist eine Erinnerung an die Leiblichkeit des Geistes Jesu in den Menschen, die von ihm lernen. Der Geist Jesu will die Menschen heilen und satt machen wie in den Speisewundergeschichten. Alle sollen satt werden, diese Universalisierung des eigenen Hungers impliziert die politische Weltverantwortung der Jesusbewegung für eine gerechte Welt, in der die Verarmung durch die Milliardäre des Globus rückgängig gemacht wird.

Und es ist das Brot, was Jesus teilt, nicht der gebratene Leib des Urstieres, der im Mithraskult das Festmahl bildet und von dem Paulus 1 Kor 11,23-26 die blutige Eucharistie abgeleitet hat nach seiner heimatlichen Tradition aus Tarsus.[5] Durch persische Magier kam im Parther-Reich der Mithraskult vom Iran nach Westen. Am Nemrud Dagh wird Mithra mit Zeus verehrt.[6] Antiochos I. Theos (80-32 v.Chr.) mit Mithras im Handschlag erscheinen dort auf zwei Skulpturen, wo Mithras eine phrygische Mütze voller Sterne trägt. Der Mithrasglaube breitete sich durch asiatische Kaufleute und parthische Soldaten von Persien über Pontos, Kappadozien, Armenien und Kommagene bis ins gesamte imperium romanum aus.  Um Astrologie bereichert wird er zum Mysterien-Kult.[7] Getragen wird die Bewegung anfangs von aramäisierten Magiern Mesopotamiens.[8]

Um 70 v.Chr. kam der Mithraskult auf, der zunächst in unterirdischen Höhlen gefeiert wurde. In Doliche im südlichen Kommagene 50 km nordwestlich von Zeugma fand man 1997 das erste Mithräum im kleinasiatischen Raum.  1998 wurde ein weiteres Mithräum mit direkten Zugang zur ersten Höhle entdeckt. Sie ist mit 40 x 15 m größer als die Nachbar-Höhle. Der Gesamtkomplex ist eines der größten Mithräen. Im durch eine tabula ansata abgeteilten Kultraum (20 x 8 m) befinden sich zahlreiche Nischen, an der Stirnwand findet sich rechts versetzt das zwei Meter hohe in den Fels gemeißelte Miθras-Relief. Es zeigt den Stier mit nach oben gestrecktem Kopf, zwei Perser mit Fackeln vor und hinter dem Stier, die Dadaphoren Cautes und Cautopates als Kampfgenossen Miθras und Heliodrome, Skorpion am Sack, Schlange, Hund und Mischkrug, Sol und Luna am Himmelsgewölbe, keine Tierkreiszeichen, keine Astrologie, kein Löwe. Sollte die Astrologie in früher Zeit noch gar nicht ausgeprägt sein, oder sind die Sterne nur verwittert? - Miθras wurde von Christen weggemeißelt, die in der ersten Höhle Miθras Kopf durch ein Kreuz ersetzt hatten.[9] 

Das Stieropfer der Perser war ein brutaler Akt. Vielleicht ursprünglich aus der Büffeljagd mit dem Speer entstanden, später mit dem Lasso gefangen und dann in einem Opferritual unter Drogenkonsum (Haoma, indisch Soma, könnte Haschisch gewesen sein) von den arischen Kriegern abgeschlachtet, übte Zarathustra harte Kritik an dieser Praxis mit der “Klage des Stiers”.[10] Noch der spanische Stierkampf ist Relikt aus dieser Tradition. Der Urstier-Mythos spiegelt dies Büffeljagd: Aus ihm wird die gesamte Welt erschaffen und seine Einzelteile werden komplett wirtschaftlich verwertet zum Leben. Stieropfer ist ein Schöpfungsakt im alten Iran, noch lange bevor es mit Mithra verknüpft wurde.

Tarsus liegt 266 km westlich von Doliche und dürfte zu Pauli Jugendzeit bereits hinreichend von parthischen Soldaten und Kaufleuten bevölkert gewesen sein, die auch dort bereits den Mithraskult etabliert haben. Die philosophische Schule von Tarsus, beeinflußt von der Stoa und Hipparchos, überhöhte den altiranischen Haomakult mit dem Stieropfer durch die berauschten Krieger: Das Frühjahrsäquinoktiums um 4000 v. Chr. lag im Sternbild Stier. In astrologischer Hinsicht ist eine Stiertötung Symbol der "Tötung" des Stierzeitalters durch die Weiterbewegung der Weltenachse - mit dem Stoß des Dolches in den Hals des heiligen Stieres wird Mithras zum wahren Kosmokrator, ist seine Handlung das Zeichen für den Beginn eines neuen Weltalters. Eine Idee, die der stoischen Vorstellung von wiederkehrenden vernichtenden Weltbränden nahe kam. So ist der Skorpion auf den Reliefs Symbol des Herbstäquinoktiums. Der Mythos wurde astrologisiert.

Das Taurobolium war ein Schlachtplatz für den Stier, wo dieser auf einem hölzernen Gitterrost getötet wurde und sein Blut auf die Novizen in die Blut-Grube tropfte als reinigende Bluttaufe.[11] Prudentius beschreibt das Stieropfer im Liber Peristephanon: "Durch die tausend Ritzen des Holzes rinnt der blutige Tau in die Grube. Der Geweihte bietet sein Haupt all den blutigen Tropfen dar, er setzt seine Kleider und seinen ganzen Körper aus, die sie besudeln. Er beugt sich rücklings, damit sie seine Wangen, seine Ohren, seine Lippen, seine Nase treffen; er benetzt seine Augen mit dem Nass, ja er schont nicht einmal seinen Gaumen, sondern fängt das schwarze Blut mit der Zunge auf und trinkt es gierig."[12]

Die Kraftpartizipation im Taurobolium, wo vom durchlöcherten Bretterboden, auf dem der Stier starb, sein Blut in die fossa sanguinis, die Blutgrube, auf die dort unten Versammelten tropfte, verhieß den Kriegern Unsterblichkeit, Lebenskraft, kurz: Aməretāt, eine der sechs Aməša Spənta Zaraθuštras. Nach dieser Blutorgie wurden die so mit Unsterblichkeit Geweihten feierlich in die Gemeinschaft aufgenommen. So ist das mithrische Stiermahl Reinigung und Kraftverleih ewigen Lebens. Die paulinische Theorie des Sündenwaschens durch Blut stammt aus dieser Tradition der taurobolischen Bluttaufe aus Tarsus.

Im Judentum gehört das Blut als Saft des Lebens immer einzig Jahwe und wird entsprechend vom Opferaltar in die Erde geleitet. Im 2. Jh. wurden die mithrizistischen Adepten reicher, vornehmer und bequemer. Sie ließen das Blut in einer Schale auffangen und diese dann feierlich überreichen zur anschließenden Bluttaufe.[13]

Blut ist immer auch Lebenskraft. Im Mithräum lagen die Anwesenden auf gepolsterten steinernen Liegebänken entlang den Seitenwänden, um so ihr Kultmahl einzunehmen, bedient von niederen Initianden mit Raben- und Löwenmasken. Zur heiligen Mahlfeier sprach der Pater die segnenden Worte: »Die Männer hast du gerettet durch Vergießen des ewigen Blutes.«[14] Das Blut des ewigen Urstiers macht die Offiziere unsterblich.

Diese Funktion hat präzise auch das paulinische Abendmahl. Von Jesus stammt bestenfalls das erklärende Verteilen an die Gäste im Rahmen des Pessachmahls, wo das ungesäuerte Mazze-Brot und vier Gläser Amarone-Wein den Exodus und die Treue Jahwes feiernd vergegenwärtigen und ein Lammbraten (Mk 14,12ff; Mt 26,17ff; Lk 22,7ff) an das Blut erinnert, mit dem beim Exodus Türpfosten bestrichen wurden fürs Verschontwerden der Erstgeborenen vor dem Todesengel. Eine Übertragung dieses Pfostenbluts auf Jesu Blut ist hier nicht ersichtlich. Der Wein feiert nur die Befreiung durch Jahwe und hat keinerlei Vergebungswirkung. Pessach und Seder haben außer Brot und Wein keine der Eucharistie entsprechende Funktion. Daß Eucharistie auf das Pessachmahl zurückgeht, ist also wenig plausibel, weil dessen wesentliche Elemente gar nicht genannt wurden.

Neuer Vertrag (1Kor 11,25; Mk 14,24; Lk 22,20 διαθκη), ewiges Leben und Vergebung sind in dieser Verbindung ausschließlich im Mitras-Ritual beheimatet. Der altiranische Miθra ist geradezu der Inbegriff des Vertrages. Bezeichnenderweise heißt miθra auch Bund, Übereinkunft, Versprechen, Vertrag, so daß, wer Verträge und Versprochenes bricht, Miθras betrügt, ihn beleidigt, ergrimmt und als avi-miθriš, Miθras-Feind (Yašt 10,20f), seine Strafe und Rache auf sich zieht, die in Gestalt physischer Vernichtung, Kampfbehinderung und Mißerfolgen aller Art folgt.[15] Eine jüdische Konnotation von Bund und Blut-Trinken gibt es nicht. Zwar bespritzt Ex 24,8b[16] Mose das Volk mit Opferblut, um den Jahwe-Bund (דַֽם־הַבְּרִית  dam haberith = Blut des Bundes) zu besiegeln und bei allen Verträgen wurde gern gegessen, aber nie Blut getrunken.

Auch im Attis-Kybele-Kult gab es Taurobolium-Riten. Kybele ist die hethitische Kubaba, die Diodor mit Attis in Verbindung bringt: »Apollo habe in der Grotte des Dionysos Zitter und Flöten gespielt und Kybele geliebt und sie seien bis nach Hyperborea herumgezogen. In Phrygien habe eine hartnäckige Krankheit Menschen und Erde unfruchtbar gemacht, die haben unglücklich Gott befragt über die Befreiung von dem Übel. Er habe ihnen befohlen, den Leib des Attis zu begraben und Kybele als Göttin zu verehren."[17] In den Dionysos-Mysterien wurde der Mythos erzählt, dass der junge Dionysos von den Titanen zerrissen und verspeist wurde. Manche AnhängerInnen feierten dies rituell, indem sie rohe Fleischstücke wilder Tiere aßen, die den zerrissenen Gott symbolisierten. Später wurde diese Praxis in eine weniger brutale Form umgewandelt: Der Wein wurde als „Blut“ des Dionysos betrachtet. Mahlgemeinschaften gab es auch im Isis-Osiris-Kult Ägyptens. Überall geht es um Extase, Fruchtbarkeit, Tod eines Gottes und seine Auferstehung im Frühling. Das gemeinsame Verzehren einer Gottheit erfreute sich großer Beliebtheit.[18] 

Besonders der Kybelekult hatte ähnliche ursprünglich mit Tanzextasen und Zerreißen wilder Tiere gefeierten Feste, wo eine Gottheit, Attis, verzehrt wurde, die dann im Frühling Auferstehung hatte. Kybele wurde mit Anahita identifiziert, die oft mit Mithra zusammen in persischen Palast-Inschriften als Staatsgöttin genannt wurde und Sex, Fruchtbarkeit und Wohlstand repräsentiert als Große Mutter. Im Kybelekult feierten Frauen, die Mänaden des Dionysos, Thyiaden, Baccantinnen, tanzten sich nach einem hinreichenden Auftanken mit Wein in Extase. Die Satyre mit steifem Penis auf antiken Vasen zeigen, wie sehr es bei diesen Festen auch um die immissio membris ging. Die penisartigen Thyrsoi der enthemmten Mänaden konnten dabei zur Stimulation der Mannsbilder an ihren Gliedern genutzt werden. Jedenfalls dürfte bei solchen Festmahlen mit Tanz und sexuellen Extasen oft Blut geflossen sein. Für griechische Gemeinden kann man die dionysischen Feste als vertraute Gepflogenheiten voraussetzen, ebenfalls für Kleinasien, was hellenistisch durchwaltet war. Die Freude am Abfeiern, Volltanken und ungehemmter Erotik ist allerdings für Paulus eine gewisse Herausforderung gewesen. Kommt von solchen Festakten möglicherweise die Glossolalie, als Geistbesitz?[19] Und war Geistbesitz in dieser Kultur eine durch Enthemmung freigesetzte Bewußtseinserweiterung?

Etwa 2,5% der Bevölkerung war in Mithräen Mitglied, in Kleinasien gab es aber kaum welche. Tarsus war also eine Ausnahme. Im Gegensatz zu den frohen Weisen der Kybele ist im Kriegerkult des Mithra kein sexuelles Moment vorhanden, sondern nur das zum Schöpfungsakt überhöhte Stieropfer des alten arischen Haoma-Ritus. Daran konnte Paulus, der alte Saulus und wütende Christenverfolger, viel leichter anknüpfen als an die Lebensfreude der Göttinnen. Zur Kriegerideologie gehört die Konfrontation mit dem Töten und Sterben im Kampf und damit die Frage, wofür sterbe ich und was bleibt danach? Damit wird die Vorstellung nachgerade kriegsertüchtigend, daß ich ein ewiges Leben bekomme und damit unbesiegbar oder genauer: unvernichtbar bin, wenn ich getötet werde. Die mithrischen Aufstiegsrituale zu einem ewigen Leben bewirken den Todesmut, mit dem dann die römischen Legionäre in die Schlachten ziehen oder die Grenzen sichern. Sie werden zur unmittelbaren Produktivkraft in der militärischen Durchschlagskraft.

Daß Blut von Sünden reinigt und ewige Lebenskraft verleiht, bleibt aber doch eine mithrische Besonderheit, sodaß doch naheliegt, daß Paulus bei der Rezitation der angeblich jesuanischen Abendmahlsworte die Theologie der persischen Magoi von der Urstieropferung als Weltschöpfungsakt und Verleihung ewigen Lebens durch das heilige Blut wie eine Art mythisches Grundrauschen hat einfließen lassen. Paulus redet viel von Bund (1Kor,11,25; 2Kor3,6.14; Gal 3,15.17; 4,24; Eph 2,12). Auch hier dürfte Mithra als Inbegriff des Vertrages Pate stehen. Vermutlich kommt von ihm die Erweiterung der “Einsetzungsworte” durch “Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut”. Mk 14,24 (Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.) bietet eine weitere Variante, in der der früheste Deutungsversuch neben der Übernahme des Bundes-Gedankens erkennbar bleibt: für viele vergossen.[20] Lk 22,19 (Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.) basiert auf einer Tradition der Einsetzungsworte, wo von Sühnopfer keine Rede war, übernimmt aber wie Markus vor ihm den paulinischen Bundesgedanken.

Wir sehen, es gab diverse Traditionen und wie immer wurde fleißig draufgesattelt mit Bund, Sühnopfer und der Identifikation der Mahlspeisen mit Jesus und seinem Blut. Ursprünglich haben die Jünger in Galiläa wohl einfach nur ihre gewohnten Mahlzeiten fortgesetzt, die früher Jesus mit Brotbrechen und Dankgebet eröffnet hatte wie bei uns der Pater familias das Tischgebet sprach. Aus der Erinnerung an Jesus wird dann zunehmend dessen Repräsentation als im gemeinsamen Essen nach wie vor Gegenwärtiger, ja in der Speise selbst gegenwärtiger Anführer. Es erfolgt eine Verschiebung des fehlenden Meisters auf die einst von ihm gesegneten Brote und den Wein. Der Mittler wird durch das Mittel substituiert, durch Nahrungsmittel, welche selbst zum neuen Mittler werden.

Es erfolgt eine Metonymie, die Gabe wird zum Geber selbst. Das ist eine melancholische Verinnerlichung des Verstorbenen als Trauerarbeit. So kann der Meister bei ihnen bleiben und sein Tod war wie sein Leben: für sie, die Jünger, die Feiglinge, die Geflüchteten, die von den Soldaten Verschonten. Ihr Schuldgefühl konvertiert in den Gedanken, daß Jesus für sie gestorben sei, um sie vor dem Terror der Machthaber zu verschonen. Damit fehlt nur noch der von Paulus eingebrachte Bundesgedanke, daß Gott durch Jesu Tod mit den Christen einen neuen Lebensvertrag abschließt, nach dem nun alle, die glauben, seine geliebten Kinder sein dürfen. Indem sie den Leib Christi und sein Blut verzehren, werden sie selbst sein neuer Leib und vergießen als Märtyrer ihr Blut für ihn. Dies ist die zweite Metonymie: 

Jesus => Brot & Wein 

Mahlgemeinde => Jesus 

Die doppelte Transsubstantation wird durch Glöckchenklingeln in der Eucharistie indiziert und begleitet. Als letztes mischt sich die Hoffnung auf die Wiederkunft Christi im Reich Gottes als Messianismus der Urgemeinde in diese Metonymien der Trauer: “Amen, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von neuem davon trinke im Reich Gottes.” (Mk 14,25)

Das Sakrament vergegenwärtigt das Heilige. Aus Brot wird Christi Leib, aus Wein Christi Blut. In der Kombination muß Leib dem Blut entsprechen und so kann Joh 6,51ff und Ignatius statt σωμα von σάρξ sprechen. Wir haben es bei der Transsubstantiation also nicht nur mit einer Metonymie zu tun, sondern mit einer zweiten Inkarnation Christi. Aus einem Gewohnheitsessen wird ein Erinnerungsmahl und aus diesem eine Einverleibung des Fleisches und Blutes des göttlichen Erlösers nach dem Vorbild der allseits bekannten Mysterienkulte. Die Brotwandlung in Fleisch Christi ist dabei eine virtuelle Inkarnation, denn biochemisch bleibt das Brot Brot. Durch die Worte bei der Austeilung (“Der Leib Christi”) und in der katholischen “Wandlung” wird aber die Hostie szenisch wie ein Fleischstück zelebriert und verabreicht.

Schließlich fügt Paulus der κατάβασις-Geburt Phil 2,6ff und der Wandlung des Essens in den Leib Christi eine dritte Inkarnation hinzu: Durch das Essen des Leibes Christi wird die Gemeinde selbst zum neuen Leib Christi. In der Gemeinde ist Christus inkorporiert und lebt in ihr weiter in Gestalt des die Gemeinde bewegenden Trösters, des Heiligen Geistes. In den physischen Personen der Gemeinde aus Fleisch und Blut lebt Jesus weiter. Eine sehr tröstliche Idee. So ganz scheint dies aber nicht zu klappen.

Die korinthischen Abendmahle offenbaren die Rücksichtslosigkeit der Reichen gegenüber den ärmeren Gemeindeglieder, cf 1 Kor 11,20-22. Hier erkennt man noch deutlich die Wurzeln der Mahlgemeinschaften in den Schlachtefesten des Hellenismus. Heute ist schon ein Spanferkel ein großer Luxus, aber einen kleinen Bullen zu schlachten können sich auch damals nur die Reichen leisten. Seine Kraft geht beim Verzehr dann ja ganz physisch in sie über wie in jedem Fressen eines Tieres das Beutetier seine Kraft in das Raubtier abgeben muß. Man darf als soziale Situation dieser Mysterienkulte höhere Schichten der Klassengesellschaft vermuten, allerdings sind teilweise auch Frauen und Kinder und ärmere Menschen zugelassen. Die Jesusbewegung war nie dort beheimatet, sondern durch ihre Wanderradikalität und Nähe zu Essenern und anderen Täufergemeinschaften bestimmt. Die Mahlgemeinschaften der “Christen” im Missionsgebiet des Paulus imitieren die der Mysterienkulte ringsum. Das macht sie vielleicht hoffähiger durch eine größere Kompatibilität. Es ist ein kultischer Anpassungsakt, den Paulus in seiner Mission versucht. Dabei versucht er, jede sexuelle Komponente der Mutterkulte zu eskamotieren. Er nutzt aber die Geheimniskrämerei der Kulte, um das Evangelium ebenso als Geheimnis anzupreisen: Er ist “Christi Diener und Haushalter über Gottes Geheimnisse”.[21] Als solches teilt er die Auferstehung und baldige Parusie Christi mit und sieht in Glossolalie göttliche Geheimnisse offenbart. Damit adaptiert er die Extasen der Mysterienkulte zu christlichem Geistbesitz. Er ist den Juden ein Jude und den Heiden ein Heide, indem er das Evangelium mit ihren Riten deckungsgleich und kompatibel macht. Es ist eine Art von Übersetzungsarbeit, Transformation einer Botschaft in den Verstehens-Rahmen der HörerInnen.

Heilige Formeln oder Gesten dienen der Erkennung der Zugehörigkeit zur Kultgemeinde. Wie in den Mysterienkulten die Weihe Unsterblichkeit verleiht und Taufen Wiedergeburten bedeuten, so alsbald auch in der christlichen Gemeinde. Wie der Gott des Vegetations-Kultes im Herbst stirbt, so Christus Karfreitag; die Auferstehung ist in allen Kulten zu Ostern, wenn die Flora erwacht.

Die Kulte mit Arkandisziplin trafen durch die “Globalisierung” des Hellenismus immer stärker aufeinander, Isis & Oriris aus Ägypten, der syrische Adonis, der phrygische Attis & Kybele-Kult und schließlich Mithras. Es herrschte dabei eine synkretistische Toleranz, die Gottheiten der Liebe und des Todes wurden miteinander amalgamiert, da ist es auch kein großer Schritt, wenn in der Eucharistie Jesus und der von Mithras getötete Stier amalgamiert werden durch eine rituelle Übernahme des zugleich taufend entsündigenden Blutopfers in die christliche Mahlgemeinde.

Mit Solidarität und Teilen hat es schon in den frühesten Gemeinden nicht geklappt. Aber die Idee von Pfingsten als urkommunistische Gütergemeinschaft, in Klöstern versucht zu realisieren, ist genau dieser Impuls der Gesamtfitness, die darauf abzielt, alle Menschen gut leben zu lassen in einer Herrlichkeit der Kinder Gottes. Inkarnation bedeutet da evolutionstheoretisch, daß der Geist Jesu als indirekte Fitness der Solidarität und kirchlich verkündigter Erbinformation eines liebevollen Miteinander die Gattung Mensch einnimmt, sie begeistert und umdenken läßt zu einem weltweiten Schalom. Dieses Ziel der Evolution als Erlösung von direkter und struktureller Gewalt in unseren Unrechtsregimen beschreiben Mythen wie Phil 2,6ff als κατάβασις, Niedergang Gottes in den Körper Jesu, Einfleischung in ihn, um den Menschen als Mensch den Weg der liebevollen Solidarität zu zeigen. Dabei bildet die Befruchtung der Mutter Jesu durch einen Engel das mythische Bindeglied zwischen Himmelswelt und irdischem Leben. Die Knechtsgestalt Gottes in dem gekreuzigten Jesus ist das Extrem der Hingabe für eine solidarische Welt. Genau so, als Knecht, kann die Liebe Gottes verstanden werden, so lautet die Zusatzinformation zur evolutionären Fitness, in der nicht das stärkste Tier das Rennen macht, sondern die sorgende Gemeinschaft, der Karneval der Tiere, die nur miteinander glücklich sein können. Der Weg zur Herrlichkeit der Kinder Gottes geht über das Dienen, das Für-andere-Dasein, die Kraft der Knechte kann die der Herren besiegen. Momentan sieht leider nichts danach aus, daß daraus noch etwas wird. Aber abwarten. Wer weiß, was die Dynamik der Diktaturen im Klimawandel noch freisetzt.

Für den historischen Sieg des Christentums mit der Konstantinischen Wende mag sogar der Mut der ChristInnen maßgeblich gewesen sein, in Zeiten der Pest Kranke zu pflegen und damit das Fortschreiten der Pandemie aufzuhalten.[22] Die Pest ab den Jahren 250, in Äthiopien ausgebrochen und bis 271 andauernd, wurde von Cyprian im Jahre 252 beschrieben und später nach ihm benannt.[23] Manchmal starben allein in Rom täglich bis zu 5000 Menschen, darunter die Kaiser Hostilian im Jahr 251 und Claudius Gothicus im Jahr 270. Cyprian schreibt, für den Christen sei der Tod sogar vielfach ein Erlöser, der ihn vor Schlimmerem bewahrt; durch seine wohltätige Wirkung werden alle guten Kräfte geweckt und gesteigert. Sterben in der Pflege Pestkranker sei ein Martyrium, was mit Christus vereint.[24] Durch diese Leidensbereitschaft der Christen haben sie ein so hohes Ansehen im römischen Reich erworben, daß Konstantin ihre Religion zur Staatsreligion erhob. Das zeigt, wie die altruistische indirekte Fitness der Evolution eine starke Entwicklungskraft der europäischen Kultur geworden ist und wie die direkte Fitness des stärksten Tieres oder eines Donald Trump langfristig von der indirekten überholt werden wird. Die direkte Gewalt solcher Typen, die nur durch die Dummheit einer von millionenschwerer Propaganda verblendeten Wählerschaft erstarken können, führt nur zur eigenen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Schwächung und einem Niedergang, wo sie nicht auch noch durch Kriege zur unmittelbaren Selbstvernichtung gekrönt wird.



[1] Eigen M., Selbstorganisation der Materie und die Evolution biologischer Makromoleküle. Naturwissenschaften 58, 465–523 (1971); Monod, Jaques, Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie, München (Piper) 1971

[2]  Charles Darwin, Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein, dt. von Julius Victor Carus 1884 (On the origin of species by means of natural selection, or the preservation of favoured races in the struggle for life, London 1859, 18726)

[3] Christine Moo et al., Language experienced in utero affects vowel perception after birth: a two-country study, Acta Pædiatrica 2013, 102, 156–160

[4] Benedetta Mariani et al., Prenatal experience with language shapes the brain, Science Advances, Nov 2023

[5] Lütge, Michael, Der Himmel als Heimat der Seele II. Visionäre Himmelfahrtspraktiken in Henocha, Hermetik, im Mithraskult, bei Täufern und Sethianern, Südwestdeutscher Verlag für Hochschulschriften, Saarbrücken 2010, 603: „In Tarsus zeigen Münzen das Bildnis des Stiertöters zur Zeit von Gordianus III. (238-244), der auf seinem Feldzug gegen die Perser Tarsus durchzieht, was eine Hochburg des Mithraskults war.“ - Zum Hereintragen des gebratenen Stiers ins Mithräum, dem Transitus im Rahmen der Nymphios-Weihe cf aaO 611

[6] Lütge 2010,600ff

[7] Bidez, Joseph/ Cumont, Franz (François), Les Mages hellénisés I & II. Zoroastre, Ostanès et Hystaspe d'après la tradition grecque, Paris (Les Belles Lettres) 1938; Cumont 1910,174ff; Günter Haufe, Die Mysterien, in: Leipoldt/Grundmann I/1967,101-27, darin zu Mithras 119-22; Reinhold Merkelbach, Mithras, Königstein/Ts (Hain) 1984,43ff Hellenismus 75ff Römerzeit; Roger Beck, The Religion of the Mithras Cult in the Roman Empire Mysteries of the Unconquered Sun, Oxford (Oxford University Press) 2006

[8] Cumont, Franz (François), Textes et monuments figurés relativs aux mystères de Mithra publiés avec une introduction critique, Bruxelles (H.Lamertin) Tome I: Introduction,1899,8-10; Cumont, Die Mysterien des Mithra. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte der römischen Kaiserzeit, hg.v. Georg Gehrich, Leipzig (Teubner) 1911,10ff; Widengren, Geo, Iranisch-semitische Kulturbegegnung in parthischer Zeit, Köln/ Opladen (Westdeutscher Verlag) 1960,51

[9] Anke Schütte-Maischatz/ Engelbert Winter, Kultstätten der Mithrasmysterien in Doliche, in: Jörg Wagner (Hg), Gottkönige am Euphrat. Neue Ausgrabungen und Forschungen in Kommagene, Antike Welt - Zaberns Bildbände zur Archäologie, Mainz a. Rh. (von Zabern) 2000,93-99; Dies., Mithrasheiligtum in Doliche, Welt und Umwelt der Bibel 19.1 /2001,71; Schütte-Maischatz/Winter, Doliche - Eine kommagenische Stadt und ihre Götter. Mithras und Iupiter Dolichenus, Bonn (Habelt) 2004

[10] Yasna 29,1: „Euch klagte die Seele des Stieres: Für wen habt ihr mich gebildet? Wer hat mich gestaltet? Mich haben Mordgrimm, Gewalttat, Blutdurst, Grausamkeit und rohe Kraft gebunden. Ich habe keinen anderen Wirt  (Hirten) als euch; so verschafft mir gute Wartung (Weide).“ nach Herman Lommel, Die Gathas des Zarathustra, hg. v. Bernfried Schlerath, Basel/Stuttgart (Schwabe) 1971

[11] Lütge aaO 620ff; Merkelbach, Reinhold, Mithras, Königstein/Ts (Hain) 1984,145 zitiert aus dem Mithräum unter San Prisca: »et nos servasti aeternali sanguine fuso.« Zur Übertragung der Kraft des Stieres durch sein Blut auf die Krieger cf Widengren, Geo, Die Religionen Irans, Die Religionen der Menschheit 14, Stuttgart (Kohlhammer) 1965,60-93; Colpe, Zarathustra und der frühe Zoroastrismus, in: Asmussen, Jes Peter/ Læssøe, Jørgen/ Colpe, Carsten, Handbuch der Religionsgeschichte I, Göttingen (Vandenhoeck) Bd.II 1972,319-57,320-24; Eliade, Mircea, Geschichte der religiösen Ideen I: Von der Steinzeit bis zu den Mysterien von Eleusis, Freiburg/Basel/Wien (Herder) 1978,279-306; Herman Lommel, Mithra und das Stieropfer, in: Paideuma 3/1949,207-18; Duthoy, Robert, The Taurobolium. Its Evolution and Terminology, Études préliminaires aux religions orientales dans l'Empire romain (EPRO) 10, Leiden (Brill) 1969,100-104 im 2.-4. Jh. wurde das Blut in einer Schale (cernus) ähnlich unserer Taufschale aufgefangen.

[12] Prudentius, Peristephanon X.1006-1050. Cumont, Franz (François), Die orientalischen Religionen im römischen Heidentum, hg.v. Georg Gehrich, Leipzig/Berlin (Teubner) 1910, 21914,79

[13] Duthoy aaO 87ff, 101f: Im ersten Teil des Stieropfers wurde der Stier getötet und sein Blut in den cernus aufgefangen; im zweiten Teil wurden dieses Gefäß und sein Inhalt den Gläubigen übergeben. Es folgt ein Reinigungsritual mit dem Blut.

[14] Maarten Jozef Vermaseren, in: RGG3 IV,1022. AaO 1021: „Das röm. Heer und die Kaufleute sind die wichtigsten Verbreiter seines Kultes. M. begegnet vor allem am Rhein- und Donau- Limes, am Limes in Britannien, Syrien und Afrika. Bes. wichtig sind die Heiligtümer in Rom (S. Prisca), Ostia, London, Merida (Spanien), Heddernheim (Deutschland), Carnuntum bei Wien und Sarmizegetusa in Rumänien.“

[15] Lütge 2010,84-90, bes. 87; Lommel 1970,360-76,372; Nyberg, Henrik Samuel, Die Religionen des alten Iran. Mitteilungen der vorderasiatisch-ägyptischen Gesellschaft 43, dt.v.H.H. Schaeder, Leipzig (Teubner) 1938,55; Yašt 10,20ff

[16] Ex 24,8: Da  nahm Mose das Blut und besprengte das Volk damit und sprach: Seht, das ist  das Blut des Bundes, den der HERR mit euch geschlossen hat aufgrund aller dieser Worte.

[17] Diodor BH 3.59.6f; Benko , Stephen, The Virgin Goddess. Studies in the Pagan and Christian Roots of Mariology, Leiden (Brill)  1993,70f: Cybele = hethitische Kubaba, cf Vermaseren, Maarten Jozef, Cybele and Attis. The Myth and the Cult, London (Thames and Hudson) 1977,21-24

[18] Lütge 2010, 296, 327ff, 339ff zur Orphik. Persische Magoi unterhalten zur Zeit Platons Verbindungen zum Dionysoskult und der Orphik. 594f

[19] Lohse, Eduard, Umwelt des Neuen Testaments, NTD-Ergänzungsband 1, Göttingen3 1977,170

[20] Conzelmann, Hans, Grundriß der Theologie des Neuen Testaments, München3 (Kaiser) 1976,68,77,300f

[21] 1Kor 4,1 cf 1Kor 2,1-7; 13,2; 14,2: Denn der mit Zungen redet, der redet nicht den Menschen, sondern Gott; denn ihm hört niemand zu, im Geist aber redet er die Geheimnisse. 15,51: Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden.

[22] Kyle Harper, Fatum. Das Klima und der Untergang des Römischen Reiches, C.H. Beck Verlag, München 2020

[23] De mortalitate 14: „Daß jetzt beständiger Durchfall die Körperkräfte verzehrt, daß das tief im Inneren lodernde Feuer immer weiter wütet und den wunden Schlund ergreift, daß fortwährendes Erbrechen die Eingeweide erschüttert, daß die Augen durch den Blutandrang sich entzünden, daß manchen die Füße oder irgendwelche anderen Körperteile von zerstörender Fäulnis ergriffen und abgefressen werden, daß infolge der schweren Schädigung des Körpers durch die eintretende Ermattung der Gang gelähmt, das Gehör abgestumpft oder die Sehkraft getrübt wird, all das dient nur dazu, den Glauben zu erweisen.“ Des heiligen Kirchenvaters Caecilius Cyprianus sämtliche Schriften aus dem Lateinischen übers. von Julius Baer. (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Band 34) München 1918,244

[24] De mortalitate 15-17