Ich denke, jeder hat ja schon mal was von einem Mittelalterlichen Markt gehört: Irgendwelche Leute stehen merkwürdig angezogen hinter ihren Ständen und reden
für unsere Ohren etwas merkwürdig:"Seid gegrüßt! Kann ich Euch mit meinen bescheidenen Waren etwas Freude bereiten?" Klingt doch irgendwie komisch... Aber genau diese Atmosphäre, die auf so einem Mittelalterlichen Markt herrscht, hat mich schon immer fasziniert! Ich wollte schon immer mal eine Elfe, Bogenschützin oder Heilerin sein.
Und genau das hat sich an dem Wochenende vom 8. bis 11. August 2002 erfüllt!
Mein Freund, ein paar Bekannte von der Uni und auch ein paar Leute, die ich dort erst kennengelernt habe, sind zusammen nach Westernohe in den Westerwald gefahren, um am Drachenfest 2002 teilzunehmen. Die Vorbereitungen dafür fingen aber schon Monate vorher an!
Die Anmeldung haben wir schon Ende Mai abgeschickt und auch den Teilnehmerbeitrag haben wir da bezahlt. Dann ging es mit den Charakteren los: Wer spielt was? Wie nennen wir unsere Truppe? Haben wir ein Wappen oder so was? An mehreren Wochenenden hat man sich dann zusammengesetzt und darüber diskutiert! Wir sind dann zu folgendem Ergebnis gekommen: Wir spielen einen Heilertrupp mit mehreren Kämpfern, die die verletzten Leute aus dem Kampfgetümmel holen und sie, gegen Bezahlung natürlich, heilt.
Mit der Bezahlung auf einem Larp sieht das so aus: Es gibt extra für das Liverollenspiel Geld. Das teilt sich in Gold-, Silber- und Kupfermünzen ein. Dabei sind 10 Kupfermünzen eine Silbermünze und 10 Silbermünzen eine Goldmünze.
Einen Namen brauchte unsere Truppe natürlich auch noch. Und da wir ja eine Gruppe von Heilern waren, nannten wir uns "Doc Dragon" in Anlehnung an "Doc Wagon" aus Shadowrun. Ähnlich wie "Doc Wagon" wollten wir auch unsere "Vertragspartner" aus dem Gefecht herausholen und heilen. Wir haben gedacht, dass dies eine ganz gute Idee sei. Allerdings ist es so wie mit den meisten Theorien. In der Praxis taugen sie nichts. ;)
Irgendwie schienen alle potentiellen Kunden sich nicht fürs geheilt werden zu interessieren oder hatten schon einen Vertrag bei M.A.S.H.. Tja, unsere ärgsten Konkurrenten waren leider deutlich besser organisiert und dies merkte auch die Kundschaft.
Machte aber dann doch nichts. Wir waren ja flexibel und haben dann einfach auf Zwangsrekrutierung von Kunden gesetzt. Das heißt, dass, wenn in einem Gefecht jemand verletzt wurde weggetragen werden wollte, wir ihn herausgeholt und nach erfolgreicher Behandlung ihm eine Kupfermünze abgeknöpft haben. Wenn aus Zahlungsunfähigkeit die Behandlung nicht erfolgen konnte, waren wir auch sehr flexibel und unser Medicus hielt eine medizinische Vorlesung, die sehr viele interessierte Zuhörer fand. Natürlich durfte ich ihm assistieren, was mir viel Erfahrung einbrachte. ;) Aber wir brauchten auch ein wenig Waffenhilfe, weswegen einige von uns mit Schwert und Schild ausgerüstet werden mussten. (Eine Anleitung für einen Larp-Schild findet ihr hier!)
Das erforderte wiederum einiges mehr an Vorbereitung und endete in einem wüsten Chaos aus Schaumstoff-Schnipseln, Lederresten, einer Tonne ohne Boden und überall Pattex an den Händen. Vom Latexmilch-Gestank im Keller ganz zu schweigen. Ich kann hier nur sagen, dass eine kleine Werkstatt oder ein Arbeitszimmer sicherlich von Vorteil ist. Natürlich geht auch das Wohnzimmer der WG von ein paar Kommilitonen. ;)
Tja, neben Waffen und Heilerwerkzeug fehlte eigentlich auch noch eine vernünftige Larp-Kleidung. Da haben wir uns einfach ein paar Klamotten zusammen gesucht und auch gekauft, die wir für larp-tauglich hielten. Ich hab mir zum Beispiel zwei Röcke zugelegt. Die bekommt man für wenig Geld in Second-Hand-Shops oder im Bullet-Shop in Dortmund. Dazu hatte ich zwei Oberteile mit Carmen-Ausschnitt (die weibliche Fraktion wird wohl wissen, was ich damit meine ;) ).
Als Schuhe dienten die guten und altbewährten Doc Marten's. Die sind allwettertauglich und dazu bequem. Man kann sich aber auch in einem der unzähligen Mittelalterläden ein Paar Bundschuhe oder auch andere Schuhe kaufen, die man dann aber eben nur auf einem Larp tragen. Was man aber unter allen Umständen vermeiden sollte, sind Turnschuhe! Damit ist man bei den Larpern, die das Ganze etwas ernster nehmen, sofort unten durch! Am besten kann ich geländetaugliche Schuhe empfehlen, denn damit ist das Risiko umzuknicken sehr gering!
Mein Freund hat sich eine Hose gekauft, wie sie Feuerwehrleute tragen. Also mit zwei Taschen an jeder Seite der Hosenbeine. Ich glaub, die nennt man Cargo-Hosen oder so. Aber auch eine Lederhose ist völlig ok. Dazu hat er günstig ein sogenanntes Piratenhemd erstanden (auch im Bullet-Shop). Das ist ein Hemd mit Stehkragen und Schnürung am Hals. Mit so einer Zusammenstellung ist man schon gut ausgerüstet und man fällt nicht auf.
Im Grunde genommen sollte man einfach darauf achten, dass die Sachen, die man tragen möchte, nicht zu modern aussehen.
Die Klamotten hatte wir also nun zusammen und auch die Charaktere waren fertig. Jetzt mussten wir nur noch auf den Tag X warten, damit es endlich losgehen konnte.
Am 8. August war es dann endlich so weit. Wir trafen uns um halb zehn bei den Kommilitonen in Dortmund und luden dann die Sachen ein, die wir mitnehmen wollten. Darunter Schlafsäcke und ein großes Zelt, in dem wir alle übernachtet haben. Füe diese Transport-Aktion lohnt es sich schon, mal in der Nachbarschaft oder Verwandtschaft herumzufragen, ob jemand einen Kleintransporter hat und ihn eventuell ausleihen könnte. Da kommt schon eine ganze Menge Zeug zusammen, wenn man mit sieben Leuten unterwegs ist!
Nach etwa zweieinhalb Stunden (ein Ford Fiesta, der mit vier Personen und einer Metallkiste beladen ist und das ganze Gewicht auf der hinteren Achse hat, fährt nun mal nicht schneller als 120 km/h) waren wir dann endlich in Westernohe angekommen. Wir machten uns daran, die Sachen aus den Autos zu laden und das Zelt aufzubauen, da es schon langsam anfing zu regnen.
Als das Zelt halb stand, fing es wie aus Kübeln an zu schütten. Und als wir dann endlich fertig waren und das Zelt stand, waren wir alle pitschnass! Aber das gehört halt dazu.
Während wir warteten, dass der Regen endlich aufhört, zogen wir uns um und waren somit "Intime". Intime bedeutet, dass jetzt das drumherum des Larp zählt und man sich auch so verhalten muss.
Wir suchten uns Holz zusammen, mit dem wir hofften, ein Feuer anzubekommen und das Zelt von innen zu trocknen. Aber wieder falsch gedacht. Das Holz war nur zum verbauen gedacht und ein Feuer konnte man damit nur machen, wenn man genügend Kerzenwachs hineingeschüttet hat. Deswegen haben wir auch schon abgemacht, dass wir für das nächste Live-Rollenspiel mindestens einen Sack Kohle mitnehmen.
Am nächsten Tag erlebte ich meine erste große Schlacht. Unser Lager hatte beschlossen, das Lager der Orks anzugreifen, wohin eine Priesterin unseres Lagers verschleppt wurde. Dazu mussten wir einmal quer über den ganzen Zeltplatz laufen, weil das Lager am andern Ende war. Aber wirklich erfolgreich waren wir da nicht, denn die Ork-Priester hatten unsere Priesterin schon geopfert. Das schrie nach Rache. Unsere Männer kämpften erfolgreich und beförderten erstmal das komplette Lager der Orks in den Limbus. Der Limbus ist eine spezielle Einrichtung des Drachenfestes.
Als wir dann von der Schlacht zurückkehrten und etwas zu Mittag gegessen hatten, fing es wieder wie aus Kübeln an zu schütten. Und das hielt sich auch bis zum nächsten Morgen.
Ich hoffe, ich konnte Euch einen guten Eindruck vermitteln, was auf einen zu kommen kann, wenn man zu einem Larp-Con geht. Vielleicht habt Ihr ja auch genauso viel Spaß daran, wie ich und man sieht sich vielleicht mal auf einem Con! :)