Liebe Freunde!
Es ist nichts neues, daß in dieser Welt Kinder gemordet
werden. Berichte des Kinderschutzbundes über
Kindesmißhandlungen mit einer hohen Dunkelziffer,
Bilder von verstümmelten Kindern, denen die Eltern
vorsätzlich etwas abgehackt haben, damit sie bessere
Chancen beim Betteln haben, besser das Mitleid der Touristen
erregen können, Bilder von Müttern, die
sich in Argentinien angekettet haben auf einem
großen Platz und Schilder mit den Fotos und Namen
ihrer von den Militärs zu Tode gefolterten und in
Einzelteile zerschnittenen Kinder hochhalten mit der Frage: Wo sind
sie geblieben, unsere angeblich verschwundenen Kinder? -
Bilder von Hunderten iranischer Kinder, die sich vor die
irakischen Panzer legen und totfahren lassen, mit dem
Glauben, danach sei ihnen der Himmel offen 40.000 Kinder sterben pro
Tag, 15 Millionen Kinder pro Jahr. Alle 2 Sekunden stirbt ein
Kinder an Hunger auf dieser Welt, die genug Brot hat, um alle satt zu
machen. Herodes läßt alle Kinder töten, die
im Alter Jesu sind, in der Hoffnung, Jesus ist mit dabei. Die
Geschichte ist erfunden, kein einziger Hinweis auf diesen Kindermord
bei dem sonst recht ausführlichen jüdischen
Geschichtsschreiber Josephus. Gott sei Dank, ganz so grausam
war Herodes also scheinbar nicht. Scheinbar! Wäre er nicht so
grausam gewesen, hätte dem Matthäus damals
ja kein Mensch die Geschichte geglaubt. Auch wenn sie so
nicht stimmt, die Story vom Kindermord, sie erzählt etwas, was
Herodes durchaus zuzutrauen war, nach allem, was wir
über ihn wissen. Er war bekannt für sein
Mißtrauen und sein unberechenbares Wüten,
für seine Grausamkeit. Erfundene Geschichte vom
Kindermord erzählt blutige Wahrheit eines Tyrannen. So ist das
mit der geschichtlichen Unwahrheit, die die Bibel
enthält. Meist ist eben mehr dran, als man sich
träumen läßt. Auch fingiert ist vermutlich
die Flucht nach Ägypten, das Warten und die
Rückkehr. Matthäus will damit etwas sagen,
was ihm speziell wichtig ist. Er sieht in Jesus den neuen
Moses, in seinem Gesetz die erneuerten 10 Gebote. Also wird das Leben
Jesu in einen Erzählrahmen eingepaßt,
daß es fast parallel verläuft zu dem Leben des Mose.
Wie Mose die Gottesschaar aus Ägypten nach Israel
führt, so kommt eben auch Jesus aus Ägypten
nach Israel. Wie Mose Glück hatte, von der Tötung der
Erstgeborenen durch die Truppen des Pharao verschont zu
bleiben, so entkommt auch Jesus mit Gottes Hilfe durch eine
Traumoffenbarung an Papa Joseph. Wie Mose das Gesetz auf einem
Berg von Gott empfängt, so redet eben Jesus auf
einem Berg die Ordnung des neuen Lebens im Reich Gottes. Die
Bergpredigt ist die Neuauflage der Sinaioffenbarung, die neuen
10 Gebote. Wie Moses die Freiheit erkämpft, so
erkämpft Jesus eben auch Freiheit, die Freiheit der
Kinder Gottes. Kinder haben ja zu Gott ein besonders gutes
Verhältnis. Jesus mag Kinder. Er sagt, daß
sie Gott am nächsten sind und daß wir alle Kinder
Gottes sein können, wenn wir die
Kinderqualität in uns wiederentdecken und bejahen. Und diese
Kinder, die Gott so lieb hat, werden abgeschlachtet, müssen
herhalten, um Jesus zu tarnen, um ihn zu decken.
Normalerweise sagen wir: Christus starb für uns.
Jetzt lesen wir aber: Kinder starben für Jesus. Verlangt also
der Heiland als Kind schon Menschenopfer? Es ist eine
schlimme und böse Geschichte. Matthäus zitiert drei
Stellen vom Alten Testament, um zu demonstrieren, wie durch
dieses Geschick Jesu sich alte Prophezeiungen erfüllt haben.
Auch das ist eine interessante Sache, die Idee, Jesus sei die
Erfüllung der Verheißungen des Alten
Testaments. In der Tat kommt dieses Motiv in fast allen
neutestamentlichen Schriften vor. Damals suchte man nach
einer Antwort auf die Unerklärlichkeit und
Trostlosigkeit dieses erbärmlichen Todes Jesu. Und
man las mit diesem Warum, warum auf den Lippen die damalige
Bibel. Und so begann man, viele Stellen aus dem
ursprünglichen Zusammenhang herauszureißen
und als Vorankündigung des Schicksals Jesu zu lesen,
wenn man irgendetwas fand, was dem Geschick Jesu ähnlich war.
Und so kam es immer mehr dazu, daß bestimmte Worte
vom Leiden des Gottesknechtes als Aussagen über
Jesus gelesen wurden und nicht etwa, wie im alten Testament
beabsichtigt, als Aussagen über das Leiden des
Propheten Jesaja oder Jeremia. Man bezog so ungefähr alles
auf Jesus, was im AT stand. So kommt eben auch
Matthäus zu diesem Schema: Das und das
mußte passieren, damit die Schriften erfüllt werden,
die da sagen: So und So und So. Ich möchte nicht auf
die Einzelheiten unseres Textes genauer eingehen. Die Zitate
von Hosea 1,1: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn
gerufen. - von Jeremia 31,15 über die ihre Kinder
betrauernde Mutter - sie sind recht wahllos aus der Bibel herausgeholt
wie alte Archivbilder zu Zeitungsartikeln, wenn der
Pressefotograf keine Zeit für ein neues Bild hat. Es
paßt mehr schlecht als recht. Unwichtig. Wichtig bleibt bei
alle den stilisierten Dingen, die Matthäus da
über die Kindheit Jesu erzählt, daß durch
viel Leid hindurch Gott das Leben seines Sohnes bewahrt hat.
Es wird von der leidvollen Welt erzählt, in die
hinein Jesus geboren wird. Und genau das ist die nackte Wahrheit,
selbst wenn die Geschichte vom Kindermord nie passiert ist,
jedenfalls nicht so. In dieser Welt werden Kinder geopfert und
gemordet. Kinder, die doch Gott am nächsten sind,
Kinder, die doch noch gar keine Sünden getan haben, Kinder,
die so unschuldig sind wie Jesus Christus selbst. Und auch
darin ist die Matthäuslegende vom Kindermord
Wahrheit: Es geht in der Welt nicht nach Schuld. Getroffen
werden Unschuldige. Die Schuldigen sind gerissen genug, um
ihre Schäfchen rechtzeitig ins Trockene zu bringen,
um immer wieder ihrer gerechten Strafe zu entkommen. Oder die
Strafe ist besonders mild, siehe Rheinmetallmanager und
Bestechungsaffairen hierzulande. Hätten Kinder
vergleichbar schlimmes getan, ihre Strafen lägen sehr
viel höher! Matthäus will zeigen, wie sich
Gottes Plan in menschlich-weltlichen Zusammenhängen
mit all ihrer Schuld und Ungerechtigkeit durchsetzt. So wird in
der Bewahrung des Jesuskindes ein Stück Hoffnung
lebendig, die sich durch alle Finsternis durchhält.
Das Licht kam in die Finsternis, aber die Finsternis hat es nicht
verschlungen. Noch nicht. Noch nicht sofort. Erst gute
dreißig Jahre später, am Kreuz. Jesus war
als Kind Flüchtling, Asylant in Ägypten.
Augenscheinlich ist ihm dort Asyl gewährt worden.
Das unterscheidet sich wohltuend von dem Verhalten unserer
Regierung. Vergessen wir das nicht: unser Herr Jesus Christus hat am
Nil, in einem Land, was heute Entwicklungsland ist, Asyl
bekommen. Wie Gastfreundschaft doch damals noch kultiviert
war! Was in allem Elend dieser Geschichte tröstet, ist die
Tatsache, daß Jesus überlebt hat. Jesus
überlebt den Kindermord, die Flucht, die Rückkehr und
alle Entbehrungen. Viele viele Kinder heute an diesem Tage
werden solche Entbehrungen nicht überleben. Sie
werden sterben. Diese Kinder leben auf der südlichen
Erdhalbkugel. Andere Kinder werden heute Gruselfilme gucken
und sich langweilen und Schokolade essen. Diese Kinder leben
auf der nördlichen Erdhalbkugel. Diese Kinder leben bei uns
in Bergkamen. Diese Kinder überleben ihre
Langeweile. So ist das mit dem Überleben und den
Kindern. Durch alle Grauen der Welt hindurch überlebt der Sohn
Gottes. Dem Kindermord von Bethlehem konnte er entkommen. Dem
Kreuz hätte er noch leichter entkommen
können. Er wollte es nicht. Er ist diesen Weg gegangen. Er
ging ans Kreuz als Konsequenz seiner Liebe und seiner
Wahrheitsliebe. Er starb für eine aufrichtige,
ehrliche, liebevolle Welt, für eine Welt von Kindern Gottes,
für eine Welt, in der kein unschuldig Kind mehr
gemordet wird. Indem er starb, mit Schreien und Röcheln,
hat seine Intention überlebt, hat sein Vorbild in
aller Welt Schule gemacht, ist sein Geist als Geist der
Wahrheit und Liebe lebendig geblieben. So hat Jesus auch seinen Tod
noch überlebt. Er lebt jetzt bei uns. Wenn sein Tod
nicht umsonst sein soll, haben wir einiges zu tun. Alle zwei
Sekunden verhungert ein Kind. Der Kindermord in Bethlehem war
dagegen das reinste Kinderspiel. Alle zwei Sekunden verhungert ein
Kind. Wir haben genug Brot für alle Kinder und
Erwachsenen. Es muß nur richtig verteilt werden.
Wir müssen nur auf weniges verzichten lernen und
politischen Einfluß nehmen auf die heutigen
Herodesse, die modernen Kindermörder, die Ajatollas,
Militärdiktatoren und Pieter William Botha aus
Südafrika. Jesus hat überlebt. Er lebt unter uns. Er
will, daß wir kämpfen, gegen Kindermord
und Erwachsenenmord. Wenn wir etwas aus der Geschichte lernen
können, dann: es soll nicht weitergehen mit Hunger
und Krieg. Christus ist Friede. Wir aber sind Christi
Hände. Amen.