Friedenskirche
Bergkamen 4.9. 1983
Lieder:
129, 1, 2,4; 128,
1,
2, 8; 103,
1,7; 159,
1 - 3
1.
Bibelkritik: In die alte Leiter-Legende vom Elohisten (10-12, 7-18,
20-22),
der Leiter-Traum, die Steinweihe und das Gelübde, ist
später die jahwistische
Gottesvision mit dem Nachkommenssegen und die Ortsbezeichnung Bethel
(Genesis
31,13; 35,2+7) eingebaut, die der Elohist erst viel später
einführt.
Es
gibt Sprünge im Text: Die Leiter (12) zu Gottes vor-ihm-stehen
(13):
Elohist.
Zweimal
erwachen? Furcht (17) zum Segens-Traum erwachen (16) am anderen
Morgen (18)?
Namenseinfügung
mit erklärender Geographie sprengt den einfachen
Erzählablauf des Elohisten im Gelübde. Die Furcht
Jakobs paßt schlecht zu der
netten Jahwe Verheißung von Land und Segen.
Das
Gelübde schließlich ist vollends als Reaktion auf
den Segenstraum
undenkbar: wenn Gott seinen Reiseschutz verheißt, braucht
Jakob ja wohl nicht
noch einen Kuhhandel mit Gott zu schließen (Kirchbau,
Kirchensteuer). Das
Gelübde zieht ja das Verheißene in Zweifel!
Eine
ältere, drastische Erzählung von einer
Himmelsleitervision in der
Stadt Luz mit der Weihe eines markanten Steines und einem
Loyalitätsgelübde ist
mit einer jüngeren Heiligtums-Legende verwoben worden, in der
Landgabe,
Nachkommenssegen und Reiseschutz ausgesprochen werden. Vielleicht ist
dies eine
alte nomadische Prophetenformel, die zum Schutz vor dem Aufbruch in
einen
liturgischen Akt als Reisesegen gesprochen wurde.
2.
Die Leiter ist ein Verbindungssymbol von Gott und Mensch. Die Engel
stellen die Verbindung her, lebendige Verbindung zur Welt Gottes. Darin
besteht
Kirche und die Gegenwart Gottes: in der Verbindung unseres
Alltagslebens mit
dem größeren Horizont, dem Himmel, der
größeren Perspektive und den
größeren
Aussichten Gottes. Unser kleines Leben steht in einem großen
Zusammenhang. Das
vergessen wir allzu oft und gehen dann im Igelhaus unserer
Privatsphäre unter.
Wo wir an die Grenzen unserer Möglichkeiten, unserer Welt
stoßen, da kann sich
auf der Blick weiten für die größeren
Möglichkeiten Gottes, die uns auch noch
offen stehen: die Pforte des Himmels. Gottes Gegenwart ist da, wo wir
erkennen
und hoffen lernen, daß das, was wir für das
allerwichtigste halten, nicht alles
ist. Wir sehen dann, wie klein wir eigentlich sind im Blickwinkel
Gottes. Das
kann wirklich zum Erschrecken sein.
3.
Die Bibel stellt der Furcht über unsere Winzigkeit die
Verheißung der
Treue Gottes zur Seite. Der Ort der Gottesnähe ist darum auch
ein Ort des
Trostes, wo wir uns gehalten wissen dürfen durch den Gott, der
mit uns geht,
uns nicht alleine läßt. Beides gehört
zusammen: wissen, daß unsere Probleme
verschwindend klein und bedeutungslos sind im Vergleich zu den
Nöten der ganzen
Welt und wissen, daß Gott uns, so klein wir auch sind, so
groß für uns auch
vorkommen mögen, nicht übersieht. Wer davongetragen
ist, hat dann auch die
Augen offen für die Nöte der Welt und wird sich mit
den Engeln verbünden und
selbst als Engel in den Dienst an der ganzen Welt mit ihren ganzen
Elend und
ihrer ganzen Schönheit treten. Wir brauchen solche Engel, die
Verbindung
schaffen und damit über unseren Horizont hinaussteigen. Amen.