Friedenskirche
Bergkamen 12.6. 1983 Einführung und Ordination
Der erneuerte
Davidsbund
2.
Samuel 7,8 ff Nathan-Weissagung: Davidsbund als Vorbild
der Treue Gottes. Welt Theophanie: Jahwes Bund wird allen
Völkern erscheinen.
Neue Bewegung in der Weltgeschichte durch den Perserkönig
Kyros: Hilfe und Arm
Jahwes. Hier seien 49, ohne Durst Hunger und beschweren es wird der
neue Exodus
aus dem Exil von Babylon in die Heimat.
Der
Davidsbund wird auf ganz Israel ausgeweitet. Bundes-Problem:
Auf wen ist Verlaß? Mit wem kann man paktieren, gemeinsame
Sache machen, ohne
kaputt zu gehen? Ein alter Bund wird erneuert: siehe ich mache alles
neu. Wie
man von Vergangenem für die Zukunft profitiert: Treue.
Produktiver
Traditionsprozess, indem Deuterojesaja die Nathan-Weissagung adaptiert
und
gültig macht für das ganze Volk Israel.
Demokratisierung der Davids Verheißung
(Gerhard von Rad). „Chashé David“: die
verläßliche Gnadenverheißung Davids.
Vers 55,3. Freiheit der Interpretation alter Verheißungen bei
Deuterojesaja.
Zeichen der Predigtfreiheit biblischer Prediger.
Wie
die Macht Davids (auch über andere Völker) die Macht
Jahwes bezeugt hat, der Fürst und Gebieter über
Nationen den Herrn aller
Völker, so wird Israel einst im Mittelpunkt der Welt stehen,
als Metropole der
Gegenwart Gottes. Johannes 17, 37: Jesus am letzten Tage des
Laubhüttenfestes:
Wenn jemand dürstet, komme er zu mir und trinke. Jesus als
Wasserverkäufer.
Hunger und Durst nach Gerechtigkeit.
1.
Ägyptische Königs Novelle
2.
Nathan Weissagung: David
3.
Demokratisierung Deuterojesaja: Israel
4.
Internationalisierung: alle Völker tragen die kabod
Jahwe, die Herrlichkeit Gottes.
Gottes
Bündnisse in den Fesseln der Welt, oder: wie man die
guten alten Wein in neue Schläuche füllt.
Liebe
Gemeinde, liebe Freunde,
Auf,
ihr dürstenden, kommt zum Wasser, Wein und Milch ohne
einen Pfennig zu zahlen. Heute ist alles kostenlos. Ihr bekommt
kostenlos Gutes
zu essen und eure Seele labt sich an Fetten. Ja, das hört sich
so an, als wäre
dies der Startschuß fürs kalte Buffet, was im
Anschluß an unseren Gottesdienst
stattfinden soll und woran wahrscheinlich auch diesmal wieder eher die
teilnehmen
und sich Teile nehmen, die es sowieso gewohnt sind, gepflegt zu
dinieren. Auch
die Kirche schafft es nicht, die wahrhaft Bedürftigen zu den
großen Gastmahlen
einzuladen. Hier wie dort wird gefeiert. Wir feiern heute, und ich bin
von den
Mühen der Vorbereitung ganz beschämt, einen Bund
zwischen der
Friedenskirchengemeinde und Michael Lütge, meinen Dienstanfang
als Pastor in
Bergkamen. Ein Tag mit vielen Hoffnungen, die mit mir und meiner
Neuerscheinung
verbunden sind, mag sein für viele auch ein Tag mit
Befürchtungen, was dieser
Pimpf auf der Kanzel noch alles treibt. Damals wurde auch ein Fest
angesagt.
Der zweite Prophet des Jesaja-Buches, wir nennen ihn Deuterojesaja,
ruft ein
großes Fest aus, bei dem alle satt werden sollen.
Anlaß ist ein neuer Bund, ein
ewiger Bund zwischen Gott und Israel. Die waren ja schon lange
zusammen. Aber
es gab ständig Krisen. Zweifel an der Treue des anderen auf
beiden Seiten. Gott
ärgert sich, daß er nur Alibi-Schirmherr
für eine bornierte nationalistische
Politik ist. Diese Politik endet dann im Zusammenbruch des
Großreiches Israel.
Und dann kommen die Fragen nach Gott: warum hat Gott das zugelassen,
warum muß
das Volk Gottes in das Exil wandern an die Wasserflüssen
Babylons? Was ist
geblieben von der Treue Gottes? Auf wen kann man sich
überhaupt verlassen, wenn
man im Exil sitzt, in Gefängnissen, in Folterkeller und
Irrenhäuser? Wenn man
von allen guten Geistern und guten Menschen verlassen ist?
Merkwürdigerweise
werden die religiösen Fragen, die Frage nach dem, worauf
Verlaß ist, immer erst
in Situationen gestellt, wo auf nichts und keinen wirklich
Verlaß ist, wo die
Menschen verlassen sind. Dann interessieren sie sich plötzlich
wieder sehr rege
an Partnern für mögliche Verbindungen und
Bündnisse. Aber jedes Bündnis und
jedes Abkommen enthält Leistungen und Gegenleistungen. Ein
Bündnis kostet auch
etwas. Auch religio, Rück-Bindung; das, was wir in der Kirche
treiben, kostet
seinen Preis. Kein Prediger ohne Kirchensteuer. Aber unser Predigttext
macht da
verlockende Sonderangebote wie gleich unser kaltes Buffet. Der neue
Bund Gottes
mit Israel soll nichts kosten. Gestillter Durst, gesättigter
Hunger, Jerusalem
als Metropole größer als Babylon, wo Diplomaten
aller Nationen verkehren. Ein
häßliches Entlein auf der Weltkarte soll stolzer
Schwan werden. -- Na sowas!
Wir fragen doch gleich: wo ist da der Pferdefuß, das
Kleingedruckte? Denn von
jedem Sonderangebot profitiert doch der Händler. Was
profitiert Gott von diesem
Bündnis mit Israel? Warum will Gott soviel in dieses Volk
investieren? Was
springt dabei für Gott heraus? So frage ich, weil wir unsere
Bündnisse immer
danach abschließen, was für uns dabei herauskommt.
Wir würden doch keinen
Vertrag ratifizieren, wo wir nur draufzahlen müssen.
Eigentlich verrückt, wie
sehr Bündnisse, also zwischenmenschliche
Verhältnisse, geprägt sind von Denken
aus der Geschäftswelt; wie sehr menschliche Beziehungen in
unserem Denken schon
geprägt sind vom Warencharakter. Wir denken schon nicht mehr,
wie gut, daß wir
im Bund leben mit anderen, sondern wir wollen, daß der Bund
noch zusätzlichen
Profit abwirft. Man hat Beziehungen, Vitamin B, sagt man. Und man meint
nicht
damit, daß man liebe Freunde hat, sondern Kontaktpersonen,
über die man dies
und das billiger oder überhaupt bekommen kann.
Und
das funktioniert alles nicht bei Gott. Durch Gott kriegt
man es nicht billiger. Gott ist kein Zwischenhändler. Der
Bund, den Gott will,
ist kein Vertrag zum gegenseitigen Interessenausgleich. Ich glaube,
daß es das
gibt: Geben ohne Gegenleistung. Schenken ohne Revanche. Wer Leute
beschenkt,
die gar nichts haben zum wiederschenken, wird betroffen sein von der
Fülle dessen
was er empfängt. Wer Leute mit leeren Händen
beschenkt, weiß, wie glücklich man
davon werden kann. Schenken macht beide froh. Wer hingibt,
empfängt hundertfältig
zurück, aus einem Lächeln, aus der Freude an der
Freude des Beschenkten.
Vielleicht ist es die Freude, im Schenken, im Geben, in der Hingabe
für einen
Menschen ganz wichtig geworden zu sein. Vielleicht ist es das ganze
Glück
Gottes, für uns wichtig zu sein, wenn wir von ihm empfangen
ohne Revanche.
Vielleicht ist es das ganze Glück der Liebenden, wenn der/die
Geliebte ihn
empfängt, wehrlos und mit leeren Händen, aber aus
leeren Händen werden eben
schneller offene Arme. Ich glaube, daß in der Liebe ein Bund,
eine Verbindung
entsteht, wo nicht mehr das Nehmen wichtig ist, sondern das Geben. In
der Liebe
empfängt der am meisten, der am meisten gibt, der sich selbst
am meisten
hingibt. Das Geben dürfen ist der größte
Lohn. Wir sagen: Gott ist Liebe und
wenn diese Gleichung stimmt, dann gibt es in Gott tatsächlich
Verbindungen und
Bündnisse, wo ein Geschenk gemacht wird ohne Bedingungen und
ohne weitere
Erwartungen. Menschliche Bündnisse sind fast immer von Angst
und Mißtrauen
geprägt. Siehe NATO, Warschauer Pakt und Kirchenordnung. Der
Bund, den Gott
Menschen anbietet, ist von Liebe geprägt, von der Lust am
Schenken, von der
Lust an der Hingabe. Ich möchte, daß wir daran mehr
Freude bekommen als an der Taschenrechnerfrömmigkeit
einer Ideologie, daß jeder Zuspruch auch Ansprüche
stellt.
2.
Ich muß aber doch noch etwas stärker auf unseren
Text
zurückkommen. Dieser Text ist Glied in einer Kette von
verschiedenen Texten.
Lassen Sie mich ganz früh anfangen, damit wir in der
Geschichte dieses Textes
etwas vom Wirken Gottes in seinem Wort und an seinem Wort mitbekommen.
Wie ein
guter Dichter ist Gott unzufrieden mit dem, was er gesagt hat und sagt
es immer
noch mal etwas besser, treffender. Am Anfang war die
ägyptische Königsnovelle,
sozusagen die Einführungsansprache für den neuen
Pharao, in der die Rede war
von all dem Glück, der Sicherheit und dem Ansehen,
daß der neue Mann für sein
Volk bringen sollte. Und der wurde als Sohn Gottes mit der ganzen
Machtfülle Gottes
ausgestattet. Er konnte befehlen. Irgendwie muß ein
ägyptischer Weisheitslehrer
diese Ansprache mit nach Jerusalem gebracht haben. Erstaunlich
nämlich, wie
geradezu abgepinnt die Rede des Propheten Nathan an den König
David wirkt.
"Ich bin mit dir, mache deinen Namen berühmt vor allen
Völkern, sorge
dafür, daß deine Familie am Ruder bleibt, ich will
dir Vater sein, und du mein
Sohn, ich werde auf ewig mit meiner Gnade bei dir sein."
Verheißungen an
einen neuen König, Verheißungen der Treue und des
Bestandes von einem großen
Reich. Verheißungen an einen Mann.
Daran
knüpft der zweite Prophet des Jesaja Buches an. Gott
will mit den versklavten, verbannten Volk Israel einen neuen Bund
schließen,
einen Bund, sowie mit David. Nur jetzt soll ganz Israel, nicht mehr nur
ein
Mann, ein Herrscher das Ansehen vor der Welt haben. Im Propheten
Deuterojesaja,
wie wir den zweiten Propheten Jesaja nennen, demokratisiert Gott seine
Verheißung. Nicht mehr nur einer, nein ein ganzes Volk soll
Gottes Herrlichkeit
tragen. Erstaunlich, wie ein Mann daherkommt und das, was eigentlich
nur für
den König gesagt war, auf ein ganzes Volk bezieht. Ein
getreuer Interpret war
Deuterojesaja nicht. Ich denke, hieran kann man lernen, daß
das Wort Gottes
richtig zu predigen keineswegs heißt, die alten
Sprüche treulich
nachzuplappern, sondern oft genug bleibt ein Prediger nur dem Alten
treu, wenn
er es ganz anders sagt. Darum möchte ich mich bemühen.
Heute
wäre dieser Text etwa noch aus der nationalistischen Enge
zu befreien. Nicht das Volk Israel soll das Obervolk über
andere sein. Es soll
gar keine Herrenvölker mehr geben! Alle Völker sollen
in Gleichheit und Frieden
miteinander leben. Dann und nur dann wird die Welt Gottes Herrlichkeit
erfahren. Und solange noch ein Volk über das andere herrscht,
wird Gottes
Herrlichkeit geschändet. Solange noch ein Volk das andere
hungern und dürsten
läßt, wird der Bund Gottes mit
Füßen getreten.
Verständlich
daß ein entrechtetes und entwürdigtes Volk
Israel in der Verbannung sich das Heil Gottes als pompöse
Rehabilitation
vorstellt. Je größer die reale Ohnmacht, umso
größer, gewaltiger und
gewaltsamer sind die Vorstellungen einer heilen Welt. Im Elend werden
bisweilen
die Wünsche geradezu imperialistisch. Und diesen Unterton, so
meine ich, müssen
wir heute streichen aus dem Predigttext.
Der
Bund Gottes mit Israel ist Vorzeichen gewesen eines
Bundes von Gott mit der ganzen Welt: kein Mensch soll mehr
dürsten, keiner soll
hungern, kein Mensch soll gefoltert werden. Wenn diese
gröbsten Forderungen
verwirklicht wären, wären die feinsten Fäden
geknüpft für die allen sichtbare
Herrlichkeit Gottes.
3.
Entweder zeigt sich Gottes Herrlichkeit in, und
nicht nur vor allen Völkern, oder gar
nicht. "Auf, ihr Dürstenden,
kommt zum Wasser. Und die ihr kein Brot habt, kommt!" Wir haben alles:
genug Wasser, Brot, Wein und Milch. Wir haben das Geld für
das, was nicht
nährt, Geld für Luxus. Wir haben dieses Geld auf
Kosten von anderen, den
Völkern der Dritten Welt. Was wir nicht haben, ist
Gerechtigkeit. Danach kann
es uns hungern und dürsten. Wenn Gottes Herrlichkeit auf
dieser Welt allen
sichtbar werden soll, dann muß unser Hunger nach
Gerechtigkeit unersättlich
werden. Dann muß unser Durst nach Freiheit, Freiheit auch der
anderen,
unstillbar werden. Dann muß endlich unsere Sehnsucht nach
Frieden sich nicht
mehr abspeisen lassen mit Atomraketen und korrekten Todesstatistiken
der
aktuell laufenden Kriegsgeschäfte. Den Mut zu diesem Durst und
Hunger nach
Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit bekommen wir von dem, der im
Johannesevangelium sagt: "Wenn jemand dürstet, komme er zu mir
und trinke.
Wer an mich glaubt, aus dessen Leib werden Ströme des
lebendigen Wassers
fließen." Dieses Wasser wünsche ich uns allen. Amen.
LISTE
UND REIHENFOLGE DER GRUßWORTE UND
GLÜCKWUNSCHADRESSEN
ANLÄSSLICH DES EMPFANGS IM ANSCHLUß AN ORDINATION
UND EINFÜHRUNG VON HERRN
PFARRER MICHAEL LÜTGE AM SONNTAG, DEN 12.
JUNI 1983, FRIEDENSKIRCHE:
1)
FRAU LASNER -
Stellvertreterin des Bürgermeisters der Stadt Bergkamen.
2)
HERR CIESLIK
- Vertreter der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bergkamen.
3)
HERR
SCHIKORSKY - Vertreter der CDU - Fraktion im Rat der Stadt Bergkamen.
4)
HERR
MENZHAUSEN - Vorsitzender der City-Werbegemeinschaft Bergkamen.
5)
FRAU BRÖHSEL
- Vorsitzende des Stadtjugendrings Bergkamen.
6)
HERR NEUMANN
- Rektor der Schiller-Grundschule Bergkamen.
7)
HEINRICH
MEIER - Superintendent des Kirchenkreises Unna.
8)
HEINZ-GEORG
WEBER - Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde in Kamen - Heeren
(letzte
Dienststelle v. Michael Lütge).
9)
HERBERT
SIEFFERS - Vorsitzender des Kuratoriums der Evangelischen
Kirchengemeinden im
Stadtgebiet.
10) HEINZ
SCHLÜTER
- Vorsitzender des Gesamtpresbyteriums der Evangelischen
Friedenskirchengemeinde in Bergkamen.
11) FRIEDRICH
FÄLKER
Kirchmeister des
Gemeindebezirks Friedenskirche.
12) MARION
PIEPER
- Vorsitzende des Gemeindebeirats Friedenskirche.
13) BRITTA
SPATZ -
Vorsitzende der Evgl. Frauenhilfe Friedenskirche.
14) EDITH
KLANG
Vertreterin der Seniorenarbeit
Friedenskirche.
15) CORINNA
HELM -
Vertreterin der Friedenskirchen-Jugendgruppen.
16) ULF
DOPPELFELD
– Pfarrer der Katholischen Brudergemeinde St.Elisabeth
Bergkamen.
17) diverse
nichtangemeldete Grußworte und Glückwunschadressen.
ABSCHLUßREDE
PFR. LÜTGE