Bochum
Christuskirche und Pauluskirche am 2. Sonntag nach Trinitatis
20.06. 1982
Gliederung
der Predigt:
A)
Das
Wehen des Heiligen Geistes:
urchristliches Chaos im Gottesdienst. Glossolalie, Prophetie, Rede aus
Eingebung.
Die Unterscheidung des Paulus führt als Kriterium die Liebe
ein.
B)
Das
Leben des Heiligen Geistes bei
uns: Windstille. Liturgie und Gotteslob als Zungenrede: Bewunderung des
mystisch Fremden. Die Liebe drängt zur
Verständlichkeit, zum Außenstehenden.
Mission mit Verstand.
C)
Der
Heilige Geist als Liebe und die
Erneuerung des Gottesdienstes. Mit Römer 12 gehört zu
einem vernünftigen
Gottesdienst im Alltag der Welt das Hören auf die
draußen Stehenden. Es ist ein
Dialog mit und in der Welt.
SKOPOS:
1 Kor,1-3: Trachtet nach Liebe – Geistesgaben - Glossolalie
ist
unverständlich und deutungsbedürftig für
mich und Gott. Der Geist betet für
Gott.
Rede
aus Eingebung ist verständlich und deutlich, sie ist Trost,
Erbauung und für andere bestimmt. Der Verstand betet.
Korinth:
Der Geistbesitz war ein Gottesbeweis. Die Erfahrbarkeit Gottes
im Lob und in der Rede aus Eingebung gehört zu den
Gnadengaben, den Charismen.
In Griechenland war durch die Mysterien und Weihe-Kulte eine ganz
besondere
Aufmerksamkeit für Ekstase vorhanden. Alle extatischen
rauschhaften Äußerungen
wurden hoch bewertet.
Vers
20-25: Nicht im Denken unterentwickelt sondern in der Bosheit. Lob
der Vernunft! Jesaja 28,11: Am liebsten hören wir auf die
fremde Sprache, weil
wir sie nicht verstehen. Darum hat die Predigt, die wir nicht
verstehen, auch
keinen Einfluss.
Zungenrede
ist ein fulminantes Zeichen für Kirchenferne. Denen imponiert
der Glanz, weil sie nichts verstehen.
Rede
aus Eingebung ist ein sinnstiftendes Zeichen für die Treuen:
denen
geht das Wort Gottes als Trost zu Herzen.
Wenn
im Gottesdienst (damals nicht selbstverständlich) alle in
Zungen
reden, werden die Kirchenfernen sagen: die sind verrückt! Aber
sie finden es
auch irgendwie faszinierend wie eine ausgefallene Zirkusnummer. Die
baptistischen
Gottesdienste haben ein wenig von dieser extatischen ausgeflippten
emotional
ungeheuer aufgeladenen Atmosphäre und die Prediger und Akteure
dort würden wir
als charismatische Figuren bezeichnen.
Wenn
im Gottesdienst aus Eingebung vernünftig geredet wird, wie
etwa
beim Evangelium der Bauern von Solentiname in Nicaragua, wo der
Gottesdienst
ein Gespräch und Appell an die Vernunft und das Denken ist,
kann viel bewegt
werden in der Gemeinde. Da ist Mission: die Kirchenfernen werden zum
Glauben
geführt, überzeugt, gewonnen. Ernesto Cardenal als
Priester hört aufmerksam zu
auf die Reden seiner Bauern. Sie dürfen sich öffnen,
ihre Meinung sagen, ihre
Ängste, ihre Skepsis. Jeder ist wichtig. Das Verborgene seines
Herzens wird
offenbar, er wird von den anderen erforscht, sie zeigen Interesse an
ihm und
seinem Herzen. Wo gibt es das noch? In eine Therapiegruppe? Das im
Gespräch
bekundete Interesse am Herzen der Neuen offenbart diesen den Geist
Gottes, den
Geist der Liebe in den Gläubigen. Das ist eine bessere Reklame
für die
Erfahrung Gottes als die Zungenrede, das unverständliche
Gotteslob, die
Liturgie. Nicht mehr das, was wir als Christen sagen und proklamieren,
behaupten und demonstrieren, ist Mission, sondern das, was wir
hören können,
wie wir zuhören können und teilnehmen am Leben der
Kirchenfernen. Darin zeigt
sich Gottes Geist, der Geist der Liebe, der Geist Jesu, der teilnimmt
am Geschick
der Menschen da draußen. Amen.