Gehalten
am 11.10.1981 in Bochum Christuskirche
Heilung
des epileptischen Knaben. Alles ist möglich dem der glaubt.
Ich
glaube - hilf meinem Unglauben. Die Jünger vermochten nichts.
Auch sie heilen
Kranke.
Wenn
du etwas vermagst - der Vater sagt: probieren Sie doch mal ihr
Glück, Herr Doktor. Ein Patient wandert von Spezialist zu
Spezialist.
Jesus
ist wütend über die Zweifel an seiner Heilkunst.
Verlangt völliges
Vertrauen. Der Vater hat es nicht mehr. Und gesteht es ein. Gesteht
sein hin
und hergerissen Sein über die Heilschancen. Das ist die
Dialektik des Glaubens,
dessen liebstes Kind der Zweifel ist. Den Jesus verdammt!? Jesus hilft
dem
Vater zum Glauben. Zu diesem Zweck heilt er das Kind von den
teuflischen
Mächten. Der Junge ist wie tot und steht durch Jesus auf.
Auferstehung: frei
werden von der bösen Macht. Hinterher das Fachsimpeln der
Medizinmänner über
die geheimnisvolle Therapiemethode: Beten. Eine bestimmte Sorte Teufel,
Krankheit. Durch Gebet und Fasten auszutreiben. Wer hat gebetet? Jesus
nicht!
Der Vater! Nur durch das Geständnis unserer Schuld werden wir
frei vom Bann des
Bösen. Nur durch die Wahrheit über unsere Zweifel an
der Macht des Guten,
Zweifel an Jesus, kann diese Sorte Krankheit, Wahnsinn, ausgetrieben
werden.
Nur die Wahrheit macht frei. Ihr Ort ist das Gebet. Beten
heißt: in die
Wahrheit kommen. Die Wahrheit über unser Unvermögen
zu glauben, zu heilen, zu
lieben. Diese Wahrheit macht frei. Nur das Bekenntnis unseres
Unglaubens kann
uns heilen. Freiheit vom Bösen. Was genau dieses Böse
nicht Wort haben will.
Dieses Heilungswunder eines von bösen Mächten
besessenen Jungen ist ein Kapitel
Auferstehungstheologie. Auferstehung, das ist vom Tod ins Leben
vorzudringen.
Von den Todesmächten freikommen.
Was
sind unsere Todesmächte? Wer sind die Mächte, die uns
besitzen,
denen unsere Seele so gehört wie bei den wahnsinnigen Jungen?
Denen wir von
Kindheit an angehören? Wer hat Macht über unser Leben
durch die Drohung mit dem
Tod?
1.
Gleichgewicht des Schreckens nach dem Zweiten Weltkrieg: Paul Celan:
der Tod ist ein Meister aus Deutschland.
2.
Anschwellen der Rüstungsexporte nach 1945. Second Strike
Capability
und Overkill. Abhängigkeit der amerikanischen Regierung und
Wirtschaft vom
Waffenhandel: 19 % der amerikanischen Wirtschaft ist
Rüstungsproduktion. Bei
uns nur 0,5%.
3.
Angstmacher vor der roten Gefahr, während bei uns Braune noch
den
Vorsitz in KDV-Verhandlungen führen. Verleumder und
Volksverhetzer.
Verteufelungen sind selbst sehr teuflisch.
4.
Die Presse manipuliert Wahrheit durch Auswahl. Beispiel ist die
Demonstration vom 10. September 1981 wo die Zahl der Demonstranten fast
halbiert wurde in den Nachrichten.
All
dies resultiert aus einem gestörten Verhältnis zu
Gott, der uns die
Mitmenschen als Brüder zum Leben gegeben hat, nicht zum
Vernichten.
Wie
kommen wir heraus aus diesem Teufelskreis? Diese Art Teufel treibt
man durch das Schuldbekenntnis aus: ich glaube, Herr, hilf meinem
Unglauben!
Ohne unseren Glauben vermag Christus gar nichts. Nur durch dieses unser
Gebet
wird Christus für uns zur guten Macht, die alles gut macht,
nur im Geständnis
unsere eigenen Teufeleien, im Beim-Namen-Nennen unserer Schuld, werden
wir frei
von der Besessenheit durch die Lust am Bösen, die Lust an der
Verteufelung der
anderen. Holland: IKV: Kommunikation statt Ausschluss und
Unvereinbarkeit.
Friedensdemonstration: Man beklagt sich über zu viel Toleranz
(falsche Harmonie).
Anstatt sich der Friedfertigkeit zu freuen, die dort endlich einmal
wirklich
geworden ist. Man entrüstet sich darüber, dass sich
die Demonstranten nicht
wegen der Unterschiedlichkeit ihrer Transparente geschlagen haben. Man
bescheinigt ihnen Angst vor Konflikten und neuen Nationalismus,
Patriotismus
und so weiter. Hätten die Demonstranten sich deswegen
ausgeschimpft oder sogar
gegenseitig verprügelt, hätte man sofort gesagt: seht
her, sie marschieren für
Frieden und können nicht einmal zwei Stunden zusammen sein
ohne Schlägereien zu
veranstalten. Diese Art der Presseberichte ist Demagogie, nicht die
Reden von Erhard
Eppler, Heinrich Böll, Heinrich Albertz, Kurt Scharf und all
den anderen
Rednern.
Alle,
die dabei waren in Bonn, haben es hautnah erlebt, dass die Presse
lügt. Sie lügt durch Auslassungen und Verschweigen.
Sie lügt durch einseitige
Kommentare. Sie verteufelt, oder, was genauso gemein ist, verspottet
die, die
im Namen der Gewaltlosigkeit Christi angetreten sind. Darum werde ich
mich
weigern, hier auf der Kanzel, dem Ort der Wahrheit Christi, die uns
frei macht,
zu schweigen zu den Lügenmärchen, die uns die
Massenmedien servieren. Die
Wahrheit Christi kann keiner trennen von der Wahrheit über uns
selbst. Wir
werden von den Politikern der großen Parteien verschaukelt
und verblendet und
sind schon mitten im tödlichen spiel der nach vor nach vor,
genauer: der nach
wie vor Aufrüstung und nicht Abrüstung. Und wir sind,
genau wie der besessene Jüngling,
hin und hergerissen. Der Ungeist des Unglaubens, die zynisch freche
Einfallslosigkeit, ein Mehr an Waffen bedeute ein Mehr an Frieden, und
man
könnte ja doch nichts machen, ist ein für alle Male
als politisch überholt zu
verwerfen. Diese Einstellung ist, wenn man die oft gebrauchte
Unterscheidung
von Gesinnungsethik (gut gemeint, aufrichtig, aber naiv, etwas
dümmlich) und Verantwortungsethik
(besonnenes Abwägen aller möglichen Konsequenzen
einer Entscheidung) benutzt - diese
Einstellung ist eine verteufelte Unverantwortlichkeitsethik geworden.
Allein
die Feindesliebe, diese von der Presse als etwas naiv dümmlich
dargestellte, allein die Feindesliebe ist heute, wo wir die ganze Welt
6 mal in
die Luft sprengen können, zur einzig noch möglichen
Gestalt der politisch verantwortlichen
Vernunft geworden. Feindesliebe ist unsere letzte
Überlebenschance. Entweder
wir werden die Partner unserer ehemaligen Feinde, oder wir werden alle
eines
Tages ausradiert von den computergesteuerten Atomraketen. Und dann
gnade uns
Gott, wenn nicht dann auch seine Gnade ein Ende gefunden hat, weil
keiner mehr
da sein wird, dem sie gelten kann.
Dann
wird Gott allein über den Trümmern seiner einmal so
guten Schöpfung
sitzen. Und ich glaube, dass Gott bitterlich weinen wird. So wie Jesus,
der
Sohn Gottes über Jerusalem weinte, die Stadt, die ihre
Propheten ermordet, die
Regierung, die ihre Gegner diffamiert, lächerlich macht und
verteufelt.
Der
Junge wurde frei durch den verzweifelten Glauben seines Vaters,
durch das Geständnis unserer Schuld, durch den Schrei nach
Gottes Erbarmen.
Nur, wenn wir in diesem Schrei, dem verzweifelten Schrei nach Glauben
und
Heilung einstimmen, unsere mit Schuld bekennen am
Rüstungswettlauf, nur dann
werden wir frei von der teuflischen Angst vor Feinden, die ihrerseits
auch nur
durch Angst zu den immer schlimmeren Waffen greifen. Erst wenn wir bei
uns
selbst anfangen und uns fragen: ist es wirklich der Russe, vor dem wir
Angst
haben, oder ist es nicht vielmehr der Deutsche oder der Unmensch in
allen
Menschen, der auf böses sinnt und deshalb gerade dem Feind das
unterstellt, was
wir in unseren eigenen Herzen als finstere Lust tragen? Erst dann wird
unser
Herz und unser Auge frei, im Russen den Menschen zu sehen, der selbst
auch
leidet unter der Rüstungsspirale, der selbst nichts als nackte
Angst hat und
gerade bei uns Deutschen erlebt hatte, wie 20 Millionen seiner
Brüder von uns
gemordet wurden. Erst dann hat uns die Wahrheit unseres Unglaubens frei
gemacht
von der Besessenheit, die im Russen den Feind sieht und nicht ebenso
den
Menschen, für den unser Herr Jesus Christus ans Kreuz gegangen
ist, um auch ihm
Frieden mit Gott zu schaffen. Nicht die Menschen sind so böse,
sondern die
Systeme, die auf beiden Seiten totalitärer werden. Aber in
beiden Systemen
leben Menschen. Und Christus starb für die Menschen in allen
Systemen. Darum
sind wir in Christus Brüder. Verbannen wir den Frieden Gottes
doch nicht auf
die Friedhöfe. Lassen wir ihn doch in unser Herz dringen und
in die Beziehungen
zwischen den Völkern. Wir hassen die Atombomben. Auf jeder
Seite. Aber wir
lieben die alten Menschen, die Kranken, die Jugendlichen und die
Kinder, die
Kinder auf allen Seiten. Christus starb für Sie - für
uns alle. Lasst uns
Frieden schaffen ohne Waffen.
Lasst
uns glauben, dass wir es schaffen. Lasst uns dies ganz ganz fest
glauben. Christus sprich: Alles ist möglich dem, der glaubt!
Lasst uns glauben,
dass wir nicht machtlos sind. Dann werden wir auch gestärkt.
Lasst uns glauben,
dass uns das Bekenntnis unserer Schuld frei macht, nicht permanent die
Schuld
bei allen möglichen anderen zu suchen und meist beim Feind.
Lasst uns beten: Ich
glaube, Herr. Hilf meinem Unglauben!
Und
der Herr wird uns erhören und wird die Todesmächte in
uns, in den
Familien, in der Wirtschaft und in der Rüstung bedrohen und
sie austreiben.
Dann werden wir auferstehen wie ein Toter, der zum neuen Leben erwacht
ist. Das
wird ein Fest werden, ein Fest der Auferstehung mitten am Tag. Und mit
jedem
Menschen, der aufsteht und seine Stimme gegen die Waffen erhebt, wird
diese
Auferstehung aus dem Kerker der Todesmächte ein
Stückchen mehr Wirklichkeit.
Lasst
uns glauben, dass Christus die Todesmächte besiegt. Dann ist
unserer Resignation abgeholfen, die uns sagt, Kriege seien ewiglich.
Lasst uns
glauben, dass Christus der Herr ist. Der Herr des Lebens. Nicht des
Todes.
Lasst uns beten: Ich glaube, Herr. Hilf meinem Unglauben. Amen.