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2017-01-14 Workshop "Ochos"

Inhaltsverzeichnis

1 Ochos

1.1 Grundlagen

1.1.1 Ocho Drehungen aus sich selbst heraus

  1. Erläuterungen: Grundsätzliches zur Drehungen
    • Es gibt beim Tango zumindest zwei grundlegende Prinzipien, nach denen man sich selbst in Drehung um die vertikale Achse versetzen kann.

      1. Man steht mit den Füßen fest auf dem Boden und dreht zunächst den Oberkörper relativ zur Hüfte vor. Man nutzt also die Bodenhaftung und die Rumpfmuskulatur, um einen Drehimpuls im Oberkörper aufzubauen während die Hüfte und Beine unbewegt bleiben. Dann (in der Regel, wenn man mit der Rumpftorsion an seine Grenzen stößt) minimiert man seine Bodenhaftung und dreht die Hüfte nach, so dass Hüfte und Oberkörper wieder in eine Richtung zeigen. Dabei wird der Drehimpuls vom Oberkörper auf die Hüfte übertragen. Wegen der unvermeidlichen Reibung mit dem Boden kommt diese Drehung irgendwann zum Stillstand.
      2. Man minimiert sofort seine Bodenhaftung und dreht mit einer schnellen Torsion die Hüfte in die gewunschte Richtung. Der Oberkörper wirkt dabei als Gegenlager und dreht sich zwangsläufig in die Gegenrichtung. Dann kann man die Bodenhaftung wieder stark machen und den Oberkörper in die gewünschte Richtung nachdrehen.

      Einmal dreht sich also der Oberkörper vor und die Hüfte nach. Das andere Mal dreht sich die Hüfte vor, wärend der Oberkörper sich in die entgegengesetzte Richtung dreht. Erst wenn die Bodenhaftung wieder gut hergestellt ist, kann sich der Oberkörper nachdrehen, muss er aber nicht.

    • Das interssante hier ist, dass die Hüfte sich beides mal in dieselbe Richtung drehen kann, der Oberkörper aber in entgegengesetzte. Nun möchte man ja beim Ocho die Hüfte um 180 Grad drehen, den Oberkörper aber weitgehend zum Partner hin orientiert halten. Das lässt sich erreichen, indem man die beiden Prinzipien oben kombiniert. Also

      1. Guten Bodenkontakt herstellen, den Oberkörper vordrehen, den Bodenkontakt auf einen Drehpunkt konzentrieren und dann die Hüfte nachdrehen.
      2. Die Konzentration auf einen Drehpunkt belassen, die Hüfte über die Drehung des Oberkörpers hinaus beschleunigen und dabei den Oberkörper wieder zurückdrehen.

      Ergebnis ist, dass die Hüfte 180 Grad gedreht wird, wärend der Oberkörper nur eine Hin- und Herbewegung macht, also beim Partner bleibt, zumindest soweit es die Rumpfbeweglichkeit erlaubt.

    • Video-Erklärung: (Ricardo Lang & Raquel Lang, 2015, youtube:CSbCpERwsIs 03:06.720)
    • Die Bodenhaftung kann für Drehbewegungen erhöht werden, indem man sich auf beide Füße stellt und/oder die Ferse absetzt. Besonders hoch ist sie, wenn man in einem offenen Schritt steht, die Füße also einen Abstand haben.
    • Einen guten Drehpunkt kann man herstellen, indem man sich auf den Ballen nur eines Fußes stellt und evtl indem man den Ballen nach unten wölbt und nicht einfach auf dem flachen Ballen steht. Lezteres funktioniert bei weicher Sohle recht gut, und ist insbesondere bei stumpfen Böden nützlich um die Knie zu schonen. Die Wölbung nach unten ist jedoch unphysiologisch und kann auf Dauer zu Beschwerden im Fuß führen.
    • Um die Ferse vom Boden zu heben, nicht auf die Zehenspitzen stellen, also mit gestrecktem Bein in die Höhe gehen, sondern das Knie etwas beugen und nach vorne schieben, so dass sich die Ferse vom Boden hebt, ohne dass man selber in die Höhe geht.
    • Während der Drehung kann man sich stabilisieren, indem man die Füße in eine V-Stellung bringt und die Fußinnenkante des freien Fußes etwas über den Boden schleifen lässt.
    • Auf eine angemessene Körperspannung achten und das Becken auf der Seite des freien Beines eher etwas absenken.
    • Interessanterweise findet eine Torsion in der Wirbelsäule hauptsächlich in der Brustwirbelsäule statt, nicht im Lendenwirbelbereich, und beträgt in der Regel nich mehr als 45°. Deswegen kann die Folgende auch nicht ganz bei dem Partner bleiben. Etwas Torsion kann man durch Verschieben der Schultern immitieren. Man sollte es aber nicht übertreiben.
    • Video-Erklärung: (Vanessa Gauch, 2014, youtube:89IebUoUf18 04:00.000)
  2. Übung: Drehung Version 1
    • Jeder steht auf beiden Füßen, die dicht beieinander stehen, die Fersen auf dem Boden, d.h. guter Bodenkontakt.
    • Dann den Oberkörper zunächst einfach hin und her drehen, die Hüfte bleibt stabil in einer Richtung.
    • Schließlich den Oberkörper mit Schwung in eine Richtung drehen und dann mit einem Fuß einen guten Drehpunkt herstellen und die Hüfte nachdrehen. Es ist wichtig nur auf dem Ballen eines Fußes zu drehen, nicht auf beiden Ballen gleichzeitig. Der andere Fuß wird ruhig neben dem Fuß gehalten, auf dem gedreht wird.
    • Dabei die obigen Punkte beachten, insbesondere die Ferse nur wärend der Drehung vom Boden abheben, indem man die Knie beugt, ohne selber hoch zu gehen. Das kann man auch mal ohne Drehung üben.
  3. Übung: Drehung Version 2
    • Jetzt mit einer recht plötzlichen Bewegung die Hüfte drehen, ohne vorher den Oberkörper vorgedreht zu haben. Der Oberkörper wird dann zwangsläufig etwas in die entgegengesetzte Richtung gedreht werden.
    • Den Oberkörper anschließend der Hüfte Nachdrehen.
  4. Übung: Drehung Version 1 + 2
    • Jetzt kombinieren wir die beiden Drehungen.
    • Erst den Oberkörper vordrehen.
    • Dann die Hüfte nachdrehen.
    • Schließlich die Hüfte etwas schneller über den Oberkörper hinaus drehen und damit den Oberkörper wieder etwas zurück drehen.
    • Versuchen, eine 180° Drehung hinzubekommen.
  5. Übung: Vor-Ocho Drehungen aus sich selbst heraus
    • Wenn man jetzt noch einen Schritt vorwärts zwischen die Drehungen einfügt und die Drehungen abwechselnd nach links und recht macht, dann hat man die Vor-Ocho Drehungen.
    • Zu beachten:
      • Die Ferse des Standbeins nur bei der Drehung vom Boden heben, dann aber sofort wieder auf den Boden setzen. Das gibt mehr Stabilität.
      • Generell unten bleiben. Beim Schritt sind die Beine weitgehend gestreckt. Bei der Drehung sind sie jedoch gebeugt, so dass man immer auf der gleichen Höhe bleibt. Wenn man die Ferse hebt, das Knie nochmal etwas mehr beugen, nicht in die Höhe gehen.
      • Wenn man in der offenen Schrittposition ist, sollten die Füße etwas nach außen gedreht sein. Auch das gibt einen stabileren Stand, weil man eine breitere Basis hat.
      • Die Drehung erst ganz abschließen, bevor man den Schritt macht. Nicht in den Schritt hinein fallen.
      • Man kann die Drehung schon beginnen, wenn die Füße noch nicht geschlossen sind. Dann sollte der freie Fuß aber rasch an das Standbein herangezogen werden und dort verbleiben, (Man kann die Drehung auch mit ausgestelltem Fuß machen. Das ist dann aber eine besondere Verzierung, nicht die Grundform, bzw. sollte Geführt werden.)
  6. Übung: Rück-Ocho Drehungen aus sich selbst heraus
    • Die Rück-Ocho Drehungen funktionieren genauso, wie die Vor-Ocho Drehungen, nur zeitlich rückwärts eben. Sie sind allerdings schwieriger zu tanzen. Man verliert leichter das Gleichgewicht.
  7. Übung: Ocho Drehungen aus sich selbst heraus mit stehendem Partner
    • Jetzt die gleiche Bewegung mit Partner in Beidhandfassung, d.h. man fasst sich nur an den Händen und auch das nur ganz leicht, am besten nur mit den Fingerspitzen, so dass man motiviert ist, zum Partner hin orientiert zu bleiben, sich aber nicht abstoßen oder festhalten kann sondern die Drehung aus sich selbst heraus ausführen muss.
    • Der Partner steht einfach in breitem Stand da, um einen Bezugsrahmen herzustellen.
    • Die Richtung ist beliebig und sollte auch gewechselt werden.
    • Die Rollen sollten getauscht werden, denn beide Partner sollten die Bewegung beherrschen.
  8. Übung: gemeinsame Ocho Drehungen beider Partner
    • Schließlich führen beide die Bewegungen gemeinsam aus. Da jeder Partner Vor- oder Rück-Ochos tanzen kann und beide entweder in Phase oder in Gegenphase tanzen können, gibt es 2x2x2=8 mögliche Varianten dieser Übung. In Phase bedeute, dass sich beide in die gleiche (Himmels-)Richtung bewegen, egal ob vorwärts oder rückwärts. In Gegenphase bedeutet, dass sie sich gegenläufig also in entgegen gesetzte Richtungen bewegen.

1.1.2 Eingang in den Ocho

  1. Erläuterungen: Führung von Drehungen
    • Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine Drehung zu führen. Ich möchte hier drei beschreiben.
      1. Der Führende dreht die Folgende um ihre Achse, indem er mit dem linken Arm eher zieht und dem rechten schiebt, oder umgekehrt. Dabei dreht sich also die folgende Person links oder rechts herum um ihre Achse und der Führende bewegt sich selbst garnicht sondern nur seine Arme. Der Führende kann die Folgende praktikabel maximal etwa 90° drehen, dann steht sie senkrecht zu ihm.
      2. Der Führende dreht sich selbst um seine Achse, hält den Abstand zur folgenden Person mit dem linken und rechten Arm konstant und dreht so also automatisch die Folgende um den gleichen Winkel, um den er sich selbst auch dreht. Dabei drehen sich beide Partner um ihre Achse, und sie drehen sich beide voneinander weg. Beide können sich praktikabel maximal 90° drehen und dann stehen sie seit-an-seit und gucken in entgegengesetzte Richtungen.
      3. Der Führende hält den Rahmen stabil und dreht sich um die folgende Person auf einem Kreisbogen herum. Eine solche Drehung geht beliebig weit, wenn der Führende um die Folgende herum geht.
    • Die ersten beiden Arten werden häufig getanzt und haben den Vorteil, dass sie einfach sind. Der Nachteil ist, dass die Führung über die Arme geht und nicht über den Oberkörper.
    • Die dritte Art ist anspruchsvoller, meiner Meinung nach aber viel angenehmer, und sie hat den Vorteil, dass der Rahmen erhalten bleibt und die Führung über den Oberkörper geschieht.
  2. Übung: Drei Arten eine Drehung zu führen
    • Bitte die drei Arten der Führung ausprobieren und hineinspüren, wie sich das anfühlt.
  3. Erläuterung: Führung in den Ocho
    • Es gibt ganz viele Möglichkeiten, einen Ocho in den Tanzfluss einzubauen. Ich möchte einen einfach Eingang genauer betrachten, der in der Regel verwendet wird, wenn man den Ocho lernt.
    • Der Führende führt einen gemeinsamen Seitschritt nach links, dann dreht er die Folgende eine viertel Drehung um ihre Achse (ihr Oberkörper dreht weniger) während er einen stillen Gewichtswechsel macht und damit ins gekreuzte System wechselt, schließlich macht er einen weiteren Seitschritt während die Folgende einen Vorwärtsschritt oder einen Rückwärtsschritt macht, je nachdem ob er sie rechts oder links herum gedreht hat. Das ist dann schon der erste Ocho.
    • Der Seitschritt erfolgt mit einer weiterführenden Dynamik, also nicht so als würde man einfach die Füße schließen und stehen bleiben, sondern so, dass klar wird, dass die Bewegung in gleicher Richtung weiter geht. Da der Führende keinen Gewichtswechsel führt, ist auch klar, das die Folgende sich drehen und entweder einen Vorwärtsschritt oder einen Rückwärtsschritt machen muss, denn sie kann ja nicht mit ihrem linken Fuß durch ihr rechtes Bein hindurch laufen. Der Führende muss also nur einen kleinen Impuls geben, um die Symmetrie zu brechen, so dass die Folgende sich für eine Richtung entscheidet.
    • Die Drehung kann der Führenden nun auf die verschiedenen oben angesprochenen Arten führen. Der Führungsimpuls kann dabei recht klein ausfallen, weil es ja nur darum geht die Symmetrie zu brechen. Da ich die dritte Art favorisiere, werde ich damit fortfahren.
  4. Übung: Führung in ein dreispuriges Gehen nach links
  5. Übung: Führen in den Rück-Ocho
    • Zunächst wie die Übung vorher, aber der Führende dreht sich nur 10-20° um die Folgende herum und macht eher einen stillen Gewichtswechsel als einen Schritt um sie herum. Sobald die Folgende klar in der Linksdrehung ist, dreht er sich nicht weiter um sie herum und begleitet sie statt dessen mit einem einfachen Seitwärtsschritt. Er täuscht die viertel Drehung um sie herum also nur an und nimmt sie wieder zurück sobald er der Folgenden die Drehrichtung eindeutig vermittelt hat.
    • Hierbei kann der Führende die angetäuschte Drehung um die Folgende herum zunächst recht groß machen und den rechten Fuß tatsächlich in einigem Abstand vom linken Fuß setzen. Mit der Zeit sollte die Bewegung aber kleiner werden, ohne dass ihre Qualität verloren geht. Das ist nicht einfach. Ich finde diese Art der Führung aber sehr viel angenehmer, so dass sich die Mühe lohnt.
  6. Übung: Führung in den Vor-Ocho
    • Die Führung in den Vor-Ocho folgt der gleichen Logik, ich finde sie aber schwieriger umzusetzen. Wieder soll der führende Partner sich um die Achse der folgenden Person drehen, wenn diese auf rechts steht, diesmal aber in einer Drehung rechts herum (also links um sie herum gehen). Diese Drehung passiert schon beim Seit-Schritt des Führenden mit links, der entsprechend größer gesetzt werden muss. Wenn der Führende den stillen Gewichtswechsel macht, der notwendig ist, um ins gekreuzte System zu kommen, muss die Führung der Folgenden in die Rechtsdrehung schon abgeschlossen sein. Das Timing ist also anders als bei der Führung in den Rück-Ocho.
    • Auch hierzu hatte ich mir mal eine Vorübung ausgedacht, bei der man analog zur Übung Führung in ein dreispuriges Gehen nach links aus dem Seitschritt mit einer viertel Drehung rechts herum in ein zweispuriges Gehen rückwärts geht. Wer mag, kann das mal ausprobieren, ich fand es letztlich aber nicht so überzeugend.

1.1.3 Führung des Ocho

  1. Erläuterungen
    • Man muss natürlich nicht nur in den Ocho hinein führen können, sondern man muss auch die Bewegung hin und her führen können. Die Bewegung der folgenden Person besteht ja jeweils aus einer Drehung und einem Schritt. Für die Drehung hat man wieder die in Erläuterungen: Führung von Drehungen genannten Möglichkeiten, und wieder sind die ersten beiden Versionen sehr verbreitet und relativ einfach. Ich finde es jedoch schöner, wenn etwas von der Qualität der dritten Version mit einfließt. Das heißt, der Führende bewegt sich an den beiden Enden der Ocho-Bewegung, links und rechts, etwas um die Achse der Folgenden herum anstatt sie einfach vor sich um ihre Achse zu drehen ohne sich selbst zu bewegen.
    • Nochmal zur Klärung der Drehwinkel:
      • Die Folgende muss beim normalen Ocho die Füße jeweils um 180° drehen, damit sie hin und her geht ohne sich von der Stelle zu bewegen. (Man kann den Ocho auch unter- oder überdrehen, dann bewegt man sich dabei als Paar vorwärts oder rückwärts, aber das möchte ich hier noch nicht betrachten.)
      • Sie sollte dann auch die Hüfte um 180° drehen, da Hüfte und Füße in die gleiche Richtung zeigen sollten.
      • Der Oberkörper der Folgenden sollte so weit wie möglich beim Partner bleiben, sollte sich theoretisch also garnicht drehen. Da man den Oberkörper relativ zur Hüfte aber maximal um ca 45° drehen kann, muss die Folgende ihn hin und her drehen und zwar um 90°, von jeweils +45° in eine Richtung auf -45° in die andere Richtung.
      • Der Führende begleitet die Ocho-Bewegung des Führenden mit einem Pendelseitwärtsschritt hin und her. Ich finde, sein Oberkörper sollte sich etwas mit der Oberkörperdrehung der Folgenden mitdrehen, wenn auch deutlich weniger als ihre 90°. Man sieht aber auch oft Führende, die den Oberkörper garnicht drehen.
    • Wenn der Führende sich garnicht dreht, dann liegt es nahe, dass er die Folgende in ihrer Hin- und Herbewegung auf gleicher Höhe begleitet, also zeitgleich und mit gleicher Geschwindigkeit seine Pendelbewegung ausführt.
    • Das ändert sich, wenn er sich an den beiden Enden etwas mit ihr um sie herum dreht. Wenn sie einen Rück-Ocho macht, dann dreht er sich am rechten Ende noch etwas weiter nach rechts und am linken Ende etwas weiter nach links. Ergebnis ist, dass die beiden Partner nicht mehr genau voreinander stehen, sondern leicht seitlich versetzt sind. Bei dem Schritt bewegen sie sich dann etwas versetzt zueinander zur Seite. Es ergibt sich meines Erachtens eine harmonischere Bewegung, bei der man auch mehr beieinander bleibt. Wenn sie einen Vor-Ocho macht, dann spielt sich das gleiche zeitlich umgekehrt ab. Durch die zusätzliche Drehung des Führenden um die Folgenden hat er auch eine etwas größere Bewegungsamplitude als sie.
    • Im technischen Bereich spricht man bei Schwingungsbewegungen (als die man einen Ocho betrachten kann, da man sich ja wiederholt hin und her bewegt) von der Phase, um auszudrücken, an welchem Punkt der Schwingung man sich befindet. Wenn beide Partner sich exakt synchron hin und her bewegen, dann sind sie 'in Phase' oder 'phasengleich'. Wenn sie einen Rück-Ocho macht und er sich an den Enden etwas mit um sie herum dreht, dann hinkt er immer etwas hinterher, wenn sie einen Vor-Ocho macht, dann eilt er immer etwas voraus. Man sagt es gibt einen Phasenversatz.
    • Man kann einen Ocho auch so tanzen, dass er nach links geht wenn sie nach rechts geht und umgekehrt. Technisch würde man dann sagen, dass sie 'gegenphasig' tanzen.
    • Generell sollte man Ochos nicht oft in Folge tanzen. In der Tat werden in der Regel nur ein oder maximal zwei Ochos hintereinander getanzt, dann geht es gleich zur nächsten Figur über, siehe Ochos in meiner Sammlung von Video-Beispielen.
    • Die Führung im Ocho kann mit unterschiedlicher Dynamik stattfinden. Man kann der Folgenden sehr viel Zeit lassen und im wesentlichen sie bestimmen lassen, wann es weiter geht. Man kann das Tempo klarer vorgeben und insofern mit einer stärkeren Dynamik tanzen. Oder man kann die Ochos schnell und klein Tanzen, bis zu dem Punkt, dass die Folgende garkeine ganzen Schritte mehr macht sondern nur die geschlossenen Füße im wechsel belastet und dabei hin und her dreht, der Führende macht dann auch keine Pendelschritte mehr sondern steht etwas breitbeinig und macht nur Gewichtswechsel und geht dabei langsam vorwärts, wenn die Folgende Rück-Ochos macht, oder rückwärts, wenn die Folgende Vor-Ochos macht.
    • Zu beachten ist, dass die Folgende sich mehr bewegen muss als der Führende, daher ist es wichtig, dass er ihr Zeit genug lässt und sie nicht treibt. Daher kann man Ochos auch gut im halben Tempo tanzen.
    • Man kann im Ocho auch gut mit Schrittlänge und Richtungswechsel spielen.
    • Wenn der Führende die Folgende einmal in die Ochos geführt hat, dann sollte sie aus eigenem Antrieb weitere Ochos tanzen. Er muss nicht jeden einzelnen Ocho führen. Er begleitet sie aber und richtet sich in gewisser Weise nach ihr. Insbesondere sollte das Schließen der Füße gleichzeitig passieren.
    • Bei dem Vor-Ocho ist es schön, den Schritt in einem Bogen zu führen, was dann auch auf natürliche Weise zu den nach außen gedrehten Füßen im offenen Stand führt, die eine gute Stabilität geben. Dieser Bogen kann auch um den führenden Partner herum getanz werden. Das bedeutet umgekehrt, dass der Führende dann an einem Punkt stehen bleiben und sie einfach um sich herum führen kann. Dabei sollte er sich aber etwa 90° vordrehen.
    • Wenn der Führende die Folgende nicht 'rechtzeitig' wieder in den nächsten Ocho-Schritt führt, dann sollte die sie nicht einfach garnichts machen, sondern die Bewegung immer weiter fortsetzen, z.B. das Bein weiter herumnehmen, dabei aber immer langsamer werden, damit sie nie ankommt. So ein bischen wie bei einem Grenzprozess in der Mathematik. Der Führende kann dann in die Gegenrichtung führen (Boleo) oder in den nächsten Ocho gleicher Richtung.
      • Beim Rückwärts-Ocho wird der freie Fuß weiter nach hinten genommen, wobei die Knie aber zusammen bleiben, und der Fuß wird mit der Spitze aufgestellt. Wenn der Herr dann in den Vorwärts-Ocho führt, dann beschreibt die Dame mit der Fußspitze einen großen Kreis. Zur Übung ist es erstmal gut, die Fußspitze hörbar über den Boden schleifen zu lassen. Später kann die Dame den Fuß auch hochwerfen (Boleo).
      • Beim Vorwärts-Ocho wird der freie Fuß weiter um das Standbein herum geführt. Wenn der Herr dann in den Rückwärts-Ocho führt, kann der freie Fuß locker etwas nach oben geschnellt werden lassen (Latigo, Peitscheneffekt).
  2. Übung: Führung des Ocho mit Phasenversatz
    • Bitte mal den Ocho ganz langsam und bewusst mit deutlichem Phasenversatz tanzen.
    • Beim Rück-Ocho hinkt der Führende hinterher, beim Vor-Ocho eilt er voraus.
    • Sie macht eher kleine Schritt, er eher große.
    • Den Phasenversatz dann langsam kleiner werden lassen, ohne diese Qualität zu verlieren.
    • Geführt wird, indem die Räume eng oder weit gemacht werden und mit leichter Körperneigung, nicht mit Schieben oder Ziehen mit den Armen.
  3. Übung: Führung des Ocho mit Richtungswechsel
    • Gleiche Übung wie vorher, jetzt wechselt der Führende aber gelegentlich an den Enden die Drehrichtung, so dass aus einem Vor-Ocho ein Rück-Ocho wird oder umgekehrt.
    • Bitte mal damit spielen, die Drehung mehr oder weniger weit auszuführen.
    • Man kann die Richtung auch mal in der Mitte im Schritt umkehren. Dazu die Folgende im offenen Schritt anhalten und wieder in die entgegengesetzte Richtung führen.
    • Oder sie bis an einen Endpunkt führen aber an der Drehung hindern, dann wieder zurück. Es ergibt sich ein Pendelschritt.

1.1.4 Ausgang aus dem Ocho

Wenn man gelernt hat, die Drehung am Ende eines Ochos bereits nach 90° anzuhalten, siehe vorige Übung, dann ist ein einfacher Ausgang, dass der Führende dabei einen stillen Gewichtswechsel tanzt und dann zweispurig vorwärts geht.

1.2 Ochos im Tanzfluss

1.2.1 Beispiele

  1. Figur: gleichphasige gemeinsame Ochos
    • Anstatt den Ocho der Folgenden nur zu begleiten, tanzt der Führende ebenfalls Ochos. Die Führung ist im Prinzip wie vorher, nur muss der Führende im parallelen System bleiben und die Folgende mit Ochos begleiten, so wie wir das in der Übung: gemeinsame Ocho Drehungen beider Partner bereits ohne Ein- oder Ausgang geübt haben.
    • Es gibt gleichphasig 2x2=4 Möglichkeiten, da jeder Vor- oder Rück-Ochos tanzen kann.
  2. Figur: gegenphasige gemeinsame Ochos in der Molinete
    • Beide tanzen eine gemeinsame Molinete, d.h. beide machen gleichzeitig die Schrittkombination vor-seit-rück-seit.
    • In dem Moment, wenn beide einen Vor-Schritt machen, können sie direkt in einen gegenphasigen Vor-Ocho wechseln.
    • Wenn beide einen Rück-Schritt machen, können sie direkt in einen gegenphasigen Rück-Ocho wechseln.
    • Aus dem gegenphasigen Ocho können sie dann in beiden Richtungen wieder in die Molinete zurück wechseln. Je nachdem welche Richtung man wählt wird es eine rechts- oder eine linksgedrehte Molinete.
  3. Figur: Ocho-Treppe
    • Beide gehen dreispurig vorwärts.
    • Wenn beide auf links stehen, dreht der Führende die Folgende um 90° rechts herum (kein stiller Gewichtswechsel), er macht einen Seitwärtsschritt, sie einen Rückwärtsschritt.
    • Es stehen beide auf rechts, und er führt sie 90° links herum, so dass beide wieder voreinander stehen. Sie machen einen gemeinsamen dreispurigen Schritt auf links.
    • Diese Folge kann nach Belieben wiederholt werden.
  4. Figur: Ocho-Treppe mit Verdoppelung
    • Beide gehen vierspurig vorwärts.
    • Wenn der Führende auf rechts, die Folgende auf links steht, dreht er sie um 90° rechts herum und macht dabei einen stillen Gewichtswechsel. Dann macht er einen Seitwärtsschritt, sie einen Rückwärtsschritt.
    • Es stehen beide auf rechts, er führt sie 90° links herum und macht dabei wieder einen stillen Gewichtswechsel, so dass beide wieder vierspurig voreinander stehen. Beide machen gemeinsam einen Schritt.
    • Diese Folge kann nach Belieben wiederholt werden.
    • Diese Folge kann auch mit obiger Folge kombiniert werden. Bei seinem Seitwärtsschritt, ihrem Rückwärtsschritt kann man von einer Figur in die andere wechseln.
  5. Figur: Milonga-Ocho mit Verdoppelung
    • Der Eingang ist ähnlich wie der zur Ocho-Treppe mit Verdoppelung, allerdings wird die Folgende nicht in einer Treppe sondern ganz normal hin und her geführt und der Führende lässt sein linkes Bein stehen und setzt das rechte Bein in einer Art Rebote mal vor und mal zurück.
    • Dabei kann der Führende sich auch drehen und mal mit seiner rechten Seite und mal mit seiner linken Seite zur Folgenden hin gewand sein.
    • Diese Figur eignet sich besonders für die Milonga, weil durch die Verdoppelung das schnelle Tempo der Musik aufgenommen wird.
  6. Figur: Überdrehte Vor-Ochos mit Vor-Sacada
    • Der Führende führt die Folgende in einen überdrehten Vor-Ocho. Durch die Überdrehung bewegt sie sich im Zick-Zack rückwärts und er geht vorwärts.
    • Dabei setzt er seinen linken Fuß in eine Sacada hinten an ihren linken Fuß, und seinen rechten Fuß an ihren rechten Fuß.
    • Man kann aus dieser Figur direkt wechseln in die gleiche Figur mit vertauschten Rollen, er macht die Vor-Ochos und sie die Vor-Sacadas. Das ist aber nicht ganz einfach.
    • Video-Beispiel: (Homer Ladas & Cristina Ladas, 2012, youtube:gxdGYyB3fIY 02:59.546)
      • Homer Lades macht zwischendurch immer noch einen Wiedegeschritt, das tue ich nicht und habe ich hier deswegen auch nicht so erklärt.

1.3 Verzierungen im Ocho

Autor: Laurenz Wiskott

Created: 2018-12-16 Sun 10:31

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